Interview mit Nicolas Flamel, angesehener Alchemist und Hersteller vom «Stein der Weisen»

Es ist ein schlichtes Haus. Nichts deutet darauf hin, dass hier einer der bedeutendsten Zauberer aller Zeiten lebt, Nicolas Flamel. Die Tür quietscht, als wir eintreten. Mit einem herzlichen Lächeln werden wir begrüsst. Sein fortgeschrittenes Alter hat das Haar des Alchemisten weiß gefärbt, doch das freudige Glänzen seiner Augen besteht. Zwischen alten Bücherregalen und Tischen voller Zauberutensilien setzen wir uns.

Nicolas Flamel, Sie wurden im frühen 14. Jahrhundert in Paris geboren. Wie war es, damals aufzuwachsen?

Die Welt war noch eine ganz andere. Die Zeit verging langsamer. Paris war noch keine Millionenstadt wie heute, obwohl es bereits ein wichtiges Handelszentrum war. Die Muggel hatten noch nicht diese Automobile, die nun das Stadtbild prägen. Unsere Bücher wurden noch von Hand geschrieben und auch so vervielfältigt. Mein Vater übte dieses Handwerk aus, seine Kunden waren sowohl Zauberer als auch Muggel. Die Gesellschaft war damals noch nicht getrennt, denn das Geheimhaltungsabkommen kam erst später. In Beauxbatons, wo ich zur Schule ging und meine spätere Frau kennenlernte, waren aber natürlich schon damals nur Hexen und Zauberer zugelassen.

Sie sind mit Albus Dumbledore, dem Schulleiter von Hogwarts, befreundet. Wie haben Sie sich kennengelernt?

Ich traf ihn als Teenager. Der Teenager war natürlich er – das muss um 1900 gewesen sein. Wir teilten ein grosses Interesse für Alchemie. So begannen wir zu fachsimpeln.

Wie sehr fühlen Sie sich selbst dem «Stein der Weisen» verbunden?

Er ist mein Lebenswerk. Ich verdanke ihm so viel. Nicht nur meinen Lebensunterhalt, sondern auch mein Leben.

Herr Flamel, Sie werden von vielen als reich bezeichnet. Würden Sie sich selbst auch als solches bezeichnen?

Ich habe schon seit Jahrzehnten kein Gold mehr hergestellt. Nun, man könnte schon sagen, dass mein Vermögen keine Grenzen hat. Doch mein Ziel war nie ein ausschweifender Lebensstil. Nachdem die Muggel misstrauisch wurden, weil ich mehrere Kirchen, Spitäler und Armenspeisungen finanzierte, lernte ich zudem schon in meinem Geburtsjahrhundert, es nicht zu übertreiben.

Wie ist es Ihnen eigentlich gelungen, den «Stein der Weisen» zu erschaffen?

Sie werden verstehen, dass ich dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen werde, wenn es denn einmal so weit ist.

Neben Alchemie zählen auch Opern zu einer grossen Leidenschaft von Ihnen. Haben Sie eine Lieblingsoper?

Es gibt da so viele grossartige Stücke. Als Franzose habe ich natürlich besonders für die französische Oper eine Schwäche.

Lange Zeit lebten Sie in einem alten Haus in der Rue de Montmorency in Paris. Was haben Sie darin alles erlebt und wissen Sie, was mit dem Haus passiert ist?

Oh, ich habe so viel erlebt in diesem Haus, denn ich verbrachte den grössten Teil meines Lebens dort. Es war im Jahr 1407, dass ich es bauen liess. Es ist eines der wenigen von damals, die immer noch stehen. Ich hatte die Ehre, dort im Laufe meines Lebens zahlreiche Persönlichkeiten zu empfangen – viele haben wichtige Werke verfasst oder die Welt auf andere Weise geprägt. Das Haus habe ich schliesslich einem Freund geschenkt, es ist nun eine Herberge für Hexen und Zauberer in Not.

Mit Ihrer Frau Perenelle Flamel leben Sie heute in Devon. Wie sieht Ihr Alltag aus?

Wir haben uns sehr aus dem hektischen Leben, das wir früher führten, zurückgezogen. Wenn wir nicht in die Oper gehen, lesen wir ein Buch oder schauen den Wellen des Meeres zu.

Nicolas Flamel, wir danken Ihnen vielmals für das Interview.

Es war mir eine Ehre.

Nicolas Flamel begleitet uns wieder zur Tür seines alten und knorrigen Hauses. Freundlich schüttelt er uns die Hand und sagt uns, dass wir doch mal wieder bei ihm vorbeischauen sollen.