23. Dezember
Weihnachtszauber
Weihnachten – Zeit der Wunder, auch für uns an Wunder doch schon arg gewöhnte Hexen und Zauberer. Doch wo findet der Magier von heute noch Wunder, nachdem die geheimen Zauber der Ureinwohner Amerikas, die Magie der Andenbewohner und selbst die Verwandlungskünste der Einwohner Grönlands uns aus zahlreichen Transkontinentalapparationen so vertraut scheinen wie Mutters Abwaschzauber? Als reinblütige Hexe machte ich mich dieses Jahr auf die Suche nach einem Weihnachtswunder – nicht am Ende der Welt, sondern gleich vor unserer Haustür: auf einem der sogenannten Weihnachtsmärkte der Muggel.
Ein wenig Recherche ergab: Immer zur Weihnachtszeit, traditionellerweise kurz vor dem ersten Advent, schießen in den Muggel-Innenstädten merkwürdig dekorierte Buden aus dem Boden. An einem Nachmittag im Advent machte ich mich dann auf den Weg, um mir diesen Weihnachtsmarkt selbst anzuschauen.
Die Weihnachtsmarktbuden übertrafen meine kühnsten Erwartungen: Ich sah künstlich erzeugten Schnee, rot gekleidete Männer mit Schlitten und Rentieren und auch seltsam gewandete Figuren mit Flügeln, von den Muggeln ‚Engel’ genannt. Doch fast noch kurioser waren die Gegenstände, die man dort erstehen konnte. Eine Unzahl von Buden bot scheinbar Essbares an: Watte aus Zucker – schrecklich klebrig und wie die Muggelkinder dieses Zeugs verschlingen konnten, blieb mir ein Rätsel – Lebkuchenherzen mit mehr oder weniger grausigen Sprüchen darauf, doch als ich meines auspacken und reinbeißen wollte, schauten mich die Muggel nur irritiert an und dann gab es noch dieses ungenießbare Gesöff, Glühwein genannt, das die Muggel in rauen Mengen hinunterschütteten.
Nein, mit diesen merkwürdigen Gebräuchen konnte ich einfach nichts anfangen und so suchte ich mir eine geschützte Ecke, um in meinen Lieblingspub zu apparieren und dort Trost bei einem Feuerwhisky zu suchen. Zwei Feuerwhisky später nagte meine Feigheit vor dem Unbekannten an mir und der Unwillen, so früh die Suche nach dem Weihnachtswunder aufzugeben. Ich beschloss, doch noch einmal diesem seltsamen Muggelweihnachtsmarkt einen Besuch abzustatten.
Es war inzwischen dunkel geworden und ich lief zu Fuß zum nächsten Weihnachtsmarkt. Auf dem Weg dorthin kam ich an mit Leuchtkugeln geschmückten Tannenbäumen und selbstleuchtenden Schlitten vorbei. Ich trat näher hin, um mir dies anzuschauen: Das Licht war hell, aber es war keine Kerzenflamme. War dies etwa diese magische Elektrizität, von der meine Muggelkundelehrerin damals in Hogwarts gesprochen hatte? Nachdenklich ging ich weiter und kam schließlich wieder auf dem Weihnachtsmarkt an.
Inzwischen war es sehr voll geworden, fröhliche Menschen standen in Grüppchen an den Buden, tranken und aßen. Mit der Menge schob ich mich durch die engen Gassen zwischen den Buden; Verkäufer boten warme Felle, Mützen und Schals an. Andere verkauften Schmuck, Tongefäße oder Weihnachtsdekorationen.
Und überall sah ich Kerzen. Nicht diese weißen Kerzen, die man bei uns benutzt, sondern bunte Kerzen in allen Formen und Farben. Ganz kleine und ganz große, viele davon duftend nach Kirsche, Vanille, Zimt, aber auch ‚Aventsduft’ und ‚Weihnachtszauber’. Ich konnte mich gar nicht satt riechen, doch wie die Muggel es geschafft haben, den Duft ohne Magie in die Kerze zu „zaubern“, das fand ich nicht heraus. Kinder liefen zwischen den Beinen der Erwachsenen hindurch:
“Mama, Mama, darf ich Karussell fahren?”
Weiterlesen in der Bibliothek...
Zurück zum Adventskalender |