24. Dezember
Geschwistertraditionen
„Aber er hat es doch versprochen!“ Lily war außer sich. „Er hat mir im Sommer versprochen, dass er zu Weihnachten ganz viele Plätzchen mit mir backen wird!“ Jetzt kullerten ihr schon Tränen über die vor Aufregung roten Wangen. Sie schniefte.
„Ach Lily, bestimmt hatte er es auch vor und hat es nur über das halbe Jahr vergessen. Er hat in Hogwarts so viel Neues kennen gelernt und für ihn ist es jetzt ganz normal, dass er die ganze Zeit mit seinen Freunden verbringt. Aber das heißt doch nicht, dass er dich weniger leiden kann, Lily. Nur vergisst man manche Dinge eben, wenn man viel im Kopf hat.“
Und ein paar Minuten und viele aufmunternde Worte vonseiten Ginnys später nahm Lily das Angebot ihrer Mutter, am nächsten Tag zusammen Plätzchen zu backen, doch an.
Doch was war eigentlich passiert? Es war der Abend des 23. Dezembers, als Lily so nervös war, dass ihre Mutter Ginny sie fragte, was denn los sei und ob sie dieses Jahr keine Plätzchen backen wolle; das hatte sie doch sonst immer so gerne gemacht und dieses Jahr hatte sie noch kein einziges Plätzchen ausgestochen und verziert. Da brach es aus dem Mädchen raus, sie fing an zu weinen und sich darüber zu beklagen, dass ihr Bruder Albus bisher keine Zeit oder keine Lust gehabt hatte, sich mit ihr zu beschäftigen und zu backen, obwohl er es ihr vor seiner Abfahrt nach Hogwarts versprochen hatte. Albus Severus hatte im Sommer sein erstes Schuljahr in Hogwarts angetreten und dort Freunde gefunden, mit denen er auch jetzt in den Ferien jede freie Minute verbrachte, zumal seine Freunde auch noch in der Nähe wohnten.
Albus war seit fünf Tagen zu Hause und tagsüber immer mit seinen Freuden zusammen gewesen und jeden Abend hatte Lily ihn gefragt, ob sie zusammen backen könnten. Doch Albus war abends zu müde gewesen und am nächsten Tag hatte er Lilys Begehren wieder vergessen. Und nun war Lily so aufgebracht und enttäuscht wegen der neuen Vergesslichkeit ihres Bruders und konnte ihre so zahlreichen Gefühle einfach nicht mehr verbergen, weshalb sie sich bei ihrer Mutter ausweinte. Während sich die schluchzende Lily auf dem Sofa bei ihrer Mutter ankuschelte, kam Albus nach Hause. Er kam ins Wohnzimmer, sah Mutter und Schwester auf dem Sofa und da fiel es ihm schlagartig wieder ein, dass er am gestrigen Tag seiner Schwester gesagt hatte, dass er heute mit ihr backen würde, und nun hatte er es wieder vergessen. Er war ärgerlich auf sich selber und schämte sich auch, denn er hatte Lily so gerne, dass er es nicht ertragen konnte, wenn sie traurig war. Und diesmal war er die Ursache! Ach je, er fühlte sich gar nicht gut bei dem Gedanken daran. Er war schon im Begriff zum Sofa zu kommen und sich bei Lily zu entschuldigen, aber seine Mutter schüttelte kaum merklich den Kopf und zeigte mit den Augen zu Lily: Sie war mittlerweile eingeschlafen. Bedrückt ging Albus zu seinem Vater ins Arbeitszimmer.
Harry brauchte seinen Sohn nur anzugucken, wie der da auf dem Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches saß, und wusste, was Sache war: „Wieder das Plätzchenbacken vergessen?“ Oh ja, Harry hatte durchaus mitbekommen, wie Lily ihren Bruder Abend für Abend danach gefragt hatte. Unternommen hatte er nur nichts, weil er wollte, dass sein Sohn seinen Fehler allein erkannte. Das hatte dieser jetzt ganz offenbar, so bedröppelt saß er auf dem Stuhl und nickte.
„Back morgen mit ihr. Ich glaube, Ginny wollte morgen eh mit ihr backen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du da nicht mitmachen darfst.“ „Aber morgen hab ich Rose versprochen-“ „Lily hast du’s auch versprochen! Und Rose wird doch bestimmt mal einen Tag ohne dich auskommen, Albus. Sie wird’s verstehen.“ Und er fügte mit einem Schmunzeln hinzu: „Außerdem würden deine Mutter und ich dich auch gerne mal wieder zu Gesicht bekommen.“ Doch konnte diese scherzhaft gemeinte Aussage seinen Sohn auch nicht aufmuntern. So kniete sich Harry denn vor seinen Jüngsten und legte ihm die Hände auf die Schultern. „Lily hasst mich bestimmt.“ „Ach Quatsch! Lily hasst dich nicht. Sie hat den ganzen Nachmittag noch auf dich gewartet. Sie wird sich bestimmt freuen. Nur um eine Erklärung und Entschuldigung kommst du nicht drum rum.“ Harry stand auf und ging zum Käfig seiner Schneeeule Adele. Er öffnete die Tür und holte Adele heraus, die ihm mit dem Schnabel zärtlich ins Ohr kniff. „Du musst Rose wohl noch einen Brief schicken, oder Albus Severus?“ Das Gesicht des Jungen hellte sich auf, als er erkannte, dass er für diesen Brief die Eule seines Vaters würde nehmen dürfen. „Ausnahmsweise, weil es doch ein so wichtiger Brief ist.“ Albus Severus setzte sich auf die richtige Seite des Schreibtisches und fing an, auf ein leeres Blatt Pergament mit Feder und Tinte in seiner etwas krakeligen Handschrift eine Entschuldigung wegen des morgigen Tages an Rose zu schreiben. Er rollte das Blatt nach Beendigung des Briefes zusammen und band die Rolle an das Bein Adeles, die etwas verwundert dreinschaute, doch das Bein ganz stillhielt. Offensichtlich wollte sie Eindruck machen auf den Jungen. Als die Rolle am Bein festgebunden war, flog die schneeweiße Eule aus dem geöffneten Fenster in die Richtung des Hauses der Weasleys.
Am nächsten Morgen war Albus ungewöhnlicherweise der Erste im Haus, der wach war. Er ging in die Küche um das Frühstück für Lily vorzubereiten, denn die Entschuldigung bei ihr stand noch aus. Und während er versuchte, ohne Zauberei ein Ei zu braten und Brot zu rösten (denn zaubern durfte er ja noch nicht), kamen Harry und Ginny in die Küche und wunderten sich beide wortlos über ihren Sohn, indem sie sich vielsagende Blicke zuwarfen, und gingen wieder hinaus, um am Esstisch Müsli zu essen. Nach einer kleinen Weile kam auch James in die Küche geschlurft und beschwerte sich murrend darüber, dass Lily das Bad besetze. Im selben Moment huschte Albus mit einem Tablett in der Hand an seinem Bruder vorbei und die Treppe hoch, um Lily ihr Frühstück zu bringen, bevor sie runterkam. Die Entschuldigung musste nicht vor der versammelten Familie stattfinden, befand er für sich.
Lily beäugte ihren Bruder zwar erst ein wenig misstrauisch, aber dann freute sie sich riesig über seine Entschuldigung, dass er mit ihr backen würde und dass ihr Lieblingsbruder sie doch nicht vergessen hatte. Und über das Frühstück freute sie sich natürlich auch, auch wenn das Toast etwas schwarz geworden war und das Ei als solches nur zu erkennen war, wenn man wusste, dass es eins war.
Bei den Potters war es üblich, dass man nach Muggelart backte, da die Kinder so mehr machen konnten und die Gefahr, dass der Teig woanders als im Backofen landete, wesentlich geringer war. Nichtsdestotrotz kam Ginny nicht umhin, ein paar entlaufene Lebkuchenmänner einfangen zu müssen, die Pfeffernüsse vor dem Schicksal kleiner Bomben zu retten und Kokosmakronenteig von Fußboden und Möbeln zu entfernen, da Lily und Albus sich einen Spaß daraus machten, die Kokosmakronen auf ihren Oblaten wie fliegende Untertassen durch die Gegend schweben zu lassen, wobei der Teig ab und zu von den Oblaten rutschte.
Aber alle hatten ihren Spaß, sogar James, der nach einer Weile zur Backgesellschaft stieß, obwohl er sich für so etwas schon zu alt fühlte. Doch dann saß er neben seinem Bruder und seiner Schwester und leckte ebenso wie die beiden anderen den restlichen Teig aus den verschiedenen Schüsseln.
Die Lebkuchen verzierten die Kinder von Hand und hatten ihren Spaß daran, den Zuckerguss selbst zu essen, anstatt ihn auf die Plätzchen zu bringen. Davon ließen sie erst ab, als Ginny mahnte, dass aller Puderzucker verbraucht sei und man nicht mehr Zuckerguss machen könne. Da hörten Lily und Albus schlagartig auf, den Zuckerguss zu schlecken und malten mit dem Guss bunte Muster auf die Lebkuchen.
Am Abend war Ginny völlig fertig und setzte sich erschöpft aufs Sofa. Lily und Albus sollten das Geschirr noch abtrocknen, James hatte sich inzwischen wieder verzogen, und als sie damit fertig waren, saßen sie am Esstisch inmitten von Stapeln von Keksdosen, die Lebkuchen und Pfeffernüsse und Pfefferkuchen und Brownies und Kokosmakronen und Zimtsterne enthielten, und versuchten zu entscheiden, welche der Kekse auf keinen Fall verschenkt werden dürften, da sie einfach zu gut dafür waren.
Harry besah den vollen Esstisch: „Wer soll denn bloß die ganzen Plätzchen essen? In euch beide dürfte nach dem ganzen Teig von heute ja wohl nichts mehr reinpassen.“ Und Ginny fügte hinzu: „Und da wir auch nichts verschenken dürfen, bleibt wohl nichts anderes übrig, als dass wir beide sie essen.“ Da schrien Albus und Lily gleichzeitig auf: „Nein! Die sind für uns und außerdem dürfen wir die erst morgen essen, wenn die Weasleys kommen!“
Und tatsächlich waren am Weihnachtstag alle Kinder so voll von Plätzchen, dass sie nicht einmal mehr den Pudding essen konnten. Das freute Harry, Ginny, Hermine und Ron, denn so konnten sie wenigstens den alleine genießen, denn von den Plätzchen hatten alle vier fast nichts abbekommen. So war Ginny froh, dass sie am Abend vorher heimlich eine Keksdose versteckt hatte, die sie hervorholte, als die Kinder bereits schliefen. Sie fand, dass die Kokosmakronen trotz ihrer Flugeinlagen noch ausgezeichnet schmeckten.
Und hier für alle, die auch finden, dass Kokosmakronen ganz hervorragend schmecken: das Rezept!
bild24
[B]Kokosmakronen[/B] (50 Stück) dauert ca. 45 Minuten
200 g Kokosraspel
3 Eiweiß
1 Limette (unbehandelt)
225g Puderzucker
60g Mehl
50 Backoblaten (Durchmesser ca. 4 cm)
1. Die Kokosraspel in einer Pfanne ohne Fett goldgelb rösten. Abkühlen lassen.
2. Den Backofen auf 180°C, Umluft 160°C, Gas Stufe 3, vorheizen. Eiweiß in einer Schüssel geben.
3. Limette heiß abspülen, trocken tupfen und die Schale fein abreiben. Die Limette auspressen.
4. 1 TL Limettensaft zum Eiweiß geben und mit den Quirlen des Handrührers sehr steif schlagen. Kokosraspel, abgerieben Limettenschale und den restlichen Limettensaft dazugeben.
5. Puderzucker und Mehl sieben. Die Mischung nach und nach unter ständigem Weiterschlagen unter den Eischnee heben.
6. Ein Backblech mit Backoblaten auslegen. Dabei in die Mitte der Oblatenunterseiten etwas Butter tupfen und auf dem Backblech festkleben, damit sie beim belegen nicht verrutschen.
7. Mithilfe von zwei Teelöffeln etwa 1 TL Makronenmasse auf de Oblaten geben.
8. Im Backofen etwa 10 Minuten hellgelb backen. Die Makronen vom Backblech haben und auf einem Kuchengitter abkühlen lassen.
Tipp: Die Makronen schmecken am Besten, wenn sie frisch gebacken sind, da sie dann noch knusprig sind. Schon ein Tag Lagerung lässt das Knusprige vergehen.
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