21. Dezember
Weihnachten mal anders - von Prof. Horace Slughorn
Liebe Margareth,
nun ist schon der 28. Dezember und endlich ist der ganze Weihnachtstrubel uuml;berstanden. Ich hoffe auch du hattest ein wunderschönes Fest bei deinen Schwiegereltern in Cornwall.
Wie versprochen erzähle ich dir nun, wie es bei unserer lieben Schwester Elisabeth und ihren zwei bezaubernden Kindern war.
Du musst sie unbedingt kennen lernen, sobald du dich von deiner schweren Krankheit erholt hast. Vielleicht können wir sie ja mal gemeinsam besuchen?
Sally und Marie sind wirklich zwei äußerst wohlerzogene Mädchen, wobei ich schon ein wenig traurig, oder eher gesagt enttäuscht bin, dass der Sprechende Hut sie nach Ravenclaw anstelle von Slytherin geschickt hat. Sie schlagen wirklich sehr nach ihrem Vater Martin, der, wie du ja weißt, ebenfalls ein fleißiger Ravenclawschüler war. Die Kinder sind sehr wissbegierig und dies prägte auch das Weihnachtsfest in diesem Jahr.
Du musst wissen, für die meisten unserer Familie war es eine Qual das Fach
Muggelkunde wählen zu müssen, doch die beiden interessieren sich ungeheuerlich für die nicht magische Gemeinschaft und so war es ihr größter Herzenswunsch in diesem Jahr mit ihrem Vater ein Schild aus Holz, dessen Vorlage sie im Unterricht bekommen hatten, in reiner Muggelmanier zu basteln.
Kannst du dir das vorstellen? Eine Deko herstellen, komplett ohne Zauberei?
Ich war ausgesprochen neugierig und Sally hat sich ganz besonders gefreut, als ich sagte, dass ich ihnen zusehen möchte.
"Onkel Horace", sagte sie,"du musst uns aber auch unbedingt helfen."
Ich sagte ihr, dass ich viel lieber zusehen würde, aber dass ich es toll fände, wenn sie mir erklären würde, was sie dort tut. Ich muss zugeben, dass ich schon ein wenig neugierig war.
Der Nachmittag lief also wie folgt ab:
Martin war schon am Vortag mit den beiden in einen Muggelbaumarkt gegangen (falls du nicht weißt, was das ist, das ist ein Laden, in dem die Muggel all die lustigen kleinen Werkzeuge kaufen müssen, die ihnen das Leben und
Handwerken ohne Magie erleichtern).
Nun lag vor uns auf dem Tisch:
2 Vorlagen mit einem sogenannten "Computer" auf Papier gezaubert
1 Laubsäge mit 4mm Sägeblättern (ein paar mehr, denn sie wollten gerissene
Blätter nicht mit Reparo reparieren)
1 Bogen Schleifpapier in K150
Bleistift, Kohlepapier (zum Übertragen der Schrift auf das Schild)
Acrylfarben + Pinsel
Holzleim
1 Lackstift schwarz (Edding)
Bindfaden (oder wahlweise Silberdraht)
ein Nagel + Hammer
Sprühlack (ohne Lösungsmittel)
Zuvor hatten sie an dem "Computer" schon in einer Schriftart namens "Hobo" einen Schriftzug auf Papier gezaubert, nämlich "Herzlich Willkommen".
Sally sagte, man könne da alles drauf schreiben, was einem gefällt, aber mir gefiel das sehr gut.
Nun gingen wir hoch auf den Dachboden des Reihenhauses, wo Martin eine kleine Werkbank vorbereitet hatte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie lustig all diese Hämmer und Zangen waren, auch wenn ich nicht so ganz durchschaut habe, wozu sie dienen.
Sally und Marie machten sich mit der Laubsäge ans Werk und sägten die Formen aus, die sie vorher mit einem Bleistift auf das Holz übertragen hatten. Sie schienen dabei wirklich Spaß zu haben und als ich sie fragte, ob ich es ihnen nicht doch schnell mit Magie aussägen sollte haben sie nur eifrig mit dem Kopf geschüttelt und weiter gesägt. Wirklich süß die beiden.
Doch bei den Schals wurde es wirklich knifflig beim aussägen, also gab Martin den beiden eine Schraubzwinge, mit der sie die kleinen Holzstücke an der Werkbank befestigen konnten. Das machte es dann einfacher.
Als Marie ein Teil fertig hatte, 2 singende Schneemänner waren es, nahm sich Sally ein Blatt Schleifpapier und fing an die Kanten sorgfältig abzuschleifen. Als alles fertig ausgesägt war strahlten ihre Gesichter rot von der Anstrengung, aber sie sahen wirklich glücklich aus, einfach unvorstellbar. Warum quälten sie sich freiwillig wie Muggel?
Nachdem wir alles aufgeräumt hatten (diesmal half ich ein wenig mit Ratzeputz) gingen wir hinunter ins Wohnzimmer, wo Elisabeth schon den Tisch mit alten Tagespropethausgaben abgedeckt und Acrylfarben bereitgestellt hatte. Auch Pinsel lagen schon bereit. Es gab Borsten und Haarpinsel, denn sie sagte, die beiden müssten selbst herausfinden, womit sie besser klar kamen.
Nun setzten unsere beiden Nichten sich an den Tisch, schnappten sich eine Tube weiße Acrylfarbe und grundierten damit die Schneemänner und die die Schals, die sie vorher ausgesägt hatten.
Während das Weiß trocknete nahmen sie sich einen Braunton und strichen damit schon einmal das Schild, das später über den Schneemännern hängen würde. Dann gingen wir erstmal in die Küche um ein kräftiges Stück der leckeren Buttercremetorte zu essen, die Elisabeth für uns vorbereitet hatte.
Unheimlich gut, sag ich dir. Wenn wir sie einmal besuchen, musst du sie unbedingt einmal probieren, du wirst nie wieder etwas anderes essen wollen.
Nach dem Essen ging es zurück an den Tisch, wo Sally den Schneemännern ihren zweiten weißen Anstrich verpasste und Marie mit dem Lackstift die Schrift auf dem Schild nachzog, die durch die Braune Farbe durchschimmerte und die sie zuvor auf das Brett mit Hilfe des Kohlepapiers übertragen hatte.
Das muss man den Muggeln wirklich lassen, sie sind wahrhaft einfallsreich. Und du glaubst nicht, wie sich die beiden angestrengt haben. Es scheint, als wären sie in Ravenclaw tatsächlich gut aufgehoben.
Das Schild war nun also fertig, und nachdem Sally den Schneemännern die Karottennasen Orange angemalt und die Augen und Münder mit dem Lackstift nachgezogen hatte malte die beiden zusammen die Schals an.
Als alles gut getrocknet war nahmen sie sich ein weiteres Wunderwerk der Muggelwelt zur Hand namens: Holzleim. Ein wahrhaft erstaunlicher Klebstoff. Er macht einen Dauerklebefluch fast unnütz, außer vielleicht in der Hinsicht, dass dieser länger halten würde.
Sie nahmen die kleinen Schals und klebten sie an die richtige Stelle auf die Schneemänner. Das war es auch schon an diesem Tag, denn Elisabeth rief zu ihrem fantastischen Abendessen, Rinderrouladen mit Klößen und einem absolut hinreißendem Rotkohlgemüse. Zum Nachtisch gab es dreierlei Eisgemischtes mit Schokoladen und Caramelsauce, einfach zum dahin schmelzen.
Aber ich möchte nicht, dass dir das Wasser im Munde zusammen läuft, also erzähle ich lieber, wie es mit der Muggelbastelei weiterging.
Am nächsten Tag zeigte sich erst recht, was für intelligente Mädchen unsere beiden Nichten sind. Sie hatten leider keinen "Bohrer" zur Hand, um kleine Löcher für den Faden zu bohren, also nahmen sie sich einfach einen Nagel und einen Hammer und stießen damit kleine Löcher an die richtigen Stellen, einfach genial. Ich wäre da nicht drauf gekommen.
Doch bevor sie nun alles zusammen banden, nahmen sie sich eine seltsam klackernde Dose. Als ich fragte was das ist sagte Martin, es handle sich um Sprühlack in seidenmatt. Das würden sie nun darauf sprühen, damit die Farbe besser hält und das ganze Schild viel haltbarer wird.
Komisch, ich dachte immer nur Lebensmittel müssten haltbar sein, aber gut, dann nahm er die Dose, drückte drauf und sprühte die Holzstücke gleichmäßig, kreuzförmig ein, bis sie von einer dünnen Lackschicht überzogen waren. Dies musste nun wieder so manche Stunde trocknen.
Als man es endlich wieder anfassen konnte haben Sally und Marie sich Faden genommen und das Schild und die singenden Schneemänner zusammengebunden. Noch ein Band oben dran und fertig war das wunderschöne Willkommensschild.
Ich hätte nie gedacht, dass man auch ohne Zauberei etwas so schönes basteln kann, und zu meiner Verblüffung strahlten unsere beiden Nichten mich, nachdem sie einen Moment die Köpfe zusammengesteckt hatten, überschwänglich an und sagten im Chor: "Frohe Weihnachten, Onkel Horace", und du wirst es nicht glauben, sie haben mir das Schild tatsächlich geschenkt. Das Schild, für das sie so hart gearbeitet haben, dass sie mit ihren eigenen Händen wie Muggel geschaffen hatten.
Ich war fast so gerührt wie an dem Tag, als die Harpiers mir ihre Ehrenurkunde auf Lebenszeit verliehen haben, kannst du dir das vorstellen?
Du musst die beiden unbedingt mal sehen, liebe Schwester, vielleicht basteln wir ja dann wieder etwas in Muggelmanier?
Doch nun werde erstmal wieder gesund, das sollte vorerst das wichtigste sein, damit du nächstes Weihnachten wieder mit uns verbringen kannst.
Ich habe dir ein paar Bilder von unseren Bastelnachmittagen mit in den Umschlag dieses Briefes getan, damit du eine Vorstellung bekommst, wie das Kunstwerk entstanden ist. Ich habe sie auch passender Weise mit einer Muggelkamera aufgenommen, also wundere dich nicht, dass sie sich nicht bewegen.
Ich kann wirklich sagen, dass dieses Weihnachten zu den schönsten gehört, die ich bisher erleben durfte. Es war fast so schön wie der Weihnachtsball 1982 zu Ehren des Zaubereiministers Montgomery McChurch. Bitte grüße Tante Anne und Onkel Roy recht herzlich von mir.
In der Hoffnung dich bald wohlauf wiederzusehen,
dein Horace
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