2. Dezember
Angelinas größtes Geschenk
„Musst du wirklich gehen? Es ist Heiligabend.“ Angelina sah ihren Mann George traurig an, während dieser sich anzog.
„Ja, mein Schatz. Es muss sein“, meinte George und küsste sie zärtlich. „Das Geschäft läuft sehr gut, da kann ich Verity nicht mit John alleine lassen.“
Angelina schmollte. „Aber uns?“, fragte sie und streichelte ihren Bauch.
„Ich lass euch zwei wirklich nicht gern allein, aber ich muss ins Geschäft.“
„Hmm“, nickte Angelina.
„Bis später“, sagte George, küsste sie und verließ das Haus.
„Ja, bis später“, murmelte Angelina und schlich ins Wohnzimmer zurück. „Und was machen wir nun?“ Sie sah sich im Raum um. Der Baum leuchtete, die Socken hingen gefüllt am Kamin und Zimtduft von den Bratäpfeln lag in der Luft. Rundum könnte es ein schöner Weihnachtstag werden. Könnte! Nun saß sie hier einsam und verlassen im Haus.
Einen kurzen Augenblick später zog sich Angelina ebenfalls an und trat in die Kälte hinaus. Sorgsam schloss sie die Tür zu und machte sich auf den Weg zum Fuchsbau.
„Dort ist bestimmt jemand“, murmelte sie.
Der Wind pfiff ihr ins Gesicht. Die Schneeflocken tanzten auf die Erde. Hin und wieder sah sie ein paar Kinder draußen Schneebälle werfen. Dann endlich – es kam ihr vor, als wäre sie schon Stunden unterwegs gewesen – sah sie das komisch anmutende Haus hinter dem Hügel.
„Ginny?“, rief sie plötzlich.
Die Frau vor dem Haus blickte auf. „Lina? Bist du es?“ Sie kam auf Angelina zugelaufen. „Hallo, schön, dass du da bist. Wo ist George?“
„Arbeiten“, murmelte Angelina.
„Na dann komm mal mit rein. Mum wird sich freuen, dich zu sehen.“
Als die beiden Frauen in die Küche traten, schüttelte es Angelina mächtig.
„Ich hätte nie gedacht, dass es so kalt draußen ist“, pustete Angelina.
„Mensch, Kind. Was machst du denn? Arthur hätte euch zwei doch geholt.“
„Ich wollte keine Umstände machen“, hustete Angelina.
„Nein, lieber holst du dir den Tod. Wo wir doch gerade so glücklich sind.“ Molly schloss Angelina herzhaft in die Arme. „Schön, dass du da bist. Möchtest du einen Tee?“
Angelina nickte und schloss die Hände um die heiße Tasse.
„George ist im Geschäft?“
Sie nickte. „Ja, die Kunden laufen ihm die Bude ein. Verity wäre heute allein mit...au“, krümmte sich Angelina plötzlich.
„Was ist los?“, fragte Ginny besorgt. „Ist dein Boxer wieder wach?“
„Ja, ich denke schon“, meinte Angelina lächelnd, doch plötzlich krampfte sie erneut zusammen.
„Oh nein, ich denke eher, der Boxer möchte in die Freiheit“, sagte Molly und informierte ihren Mann.
„Nein, nein, ich hab doch erst in drei Wochen den Termin“, presste Angelina hervor.
„Tja, ich glaube aber, dass der Kleine da andere Pläne hat.“
Sanft bugsierten Harry und Ron, Angelina ins Auto.
„Ihr könntet George versuchen zu erreichen. Wir bringen sie ins St. Mungos.“
Molly und Ginny setzten sich zu ihr und Arthur fuhr los. Immer wieder presste Angelina Luft zwischen ihren Zähnen hervor.
„Warum hat er es denn auf einmal so eilig?“, wimmerte sie.
„Ich denke mal, der kleine Wurm möchte, dass die ganze Familie Weihnachten zusammen verbringt“, lächelte Ginny und gab ihrer Mutter damit einen kleinen Stoß. Molly fing an zu weinen.
„Nicht weinen, Mum. Fred wird auch bei uns sein. Er sieht uns jeden Tag.“
Molly schluckte. Doch bevor sie etwas sagen konnten, hatten sie das Krankenhaus erreicht. Die Helfer dort wussten genau, was zu tun war.
„Aber ich will, dass George dabei ist“, stöhnte Angelina.
„Ja, wenn er gleich auftaucht, schicke ich ihn zu dir rein.“
Dann ging die Tür zu und Angelina war wieder allein. Draußen traten Molly und Ginny nervös auf und ab. Drinnen versuchten die Heiler Angelina zur Vernunft zu bringen.
„Sie müssen jetzt pressen.“
„Nein, ich will, dass mein Mann dabei ist. Er hat es mir geschworen“, schrie Angelina.
„Er wird sicherlich auch gleich hier auftauchen. Aber Sie tun Ihnen und dem Kind einen Gefallen, wenn Sie die Wehen jetzt ausnutzen würden.“
„Nun mach schon, was die Heilerin sagt, mein Schatz. Ich bin ja da. Um nichts in der Welt lasse ich dich wieder alleine...“
Angelina blickte glücklich in die Augen ihres Mannes und nutzte Wehe um Wehe bis endlich ein Schrei ertönte und plötzlich Ruhe herrschte. Völlig erschöpft lag Angelina in den Armen von George. Dieser lächelte sanft und wischte ihr den Schweiß von der Stirn.
„Es ist ein Junge“, meinte die Heilerin zufrieden und rang George damit zu Tränen.
„Ein Junge, ein gesunder kleiner...“ Völlig überwältigt schaute er das Bündel an und schluckte mehrfach. Dann legte die Heilerin den Kleinen auf die Brust seiner Mutter.
„Was hältst du davon, wenn wir ihn Fred nennen“, meinte Angelina plötzlich.
„Ich liebe dich, mein Schatz!“, flüsterte George leise.
„Nein, ich liebe dich, denn du hast mir das schönste Weihnachtsgeschenk der Welt gemacht“, sagte Angelina und bettete ihren Kopf an die Stirn von George.
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