3. Dezember
Es war der dritte Dezember und im Hause Gornham gingen die wunderbarsten Gerüche nach Karameltoffees, Ingwerkeksen, Schokoladenkringeln und Kürbiskuchen um und lockten die Geschwister Sorscha und Raistlin magisch in die Küche. Mutter Gornham war eine phantastische Küchen-Hexe, denn sie hatte sich mal wieder selbst übertroffen mit ihren zauberhaften Naschereien. Ständig mußte sie die Finger der Kinder im Auge behalten und ihnen mit "Petrificus Totalus" drohen, damit sich die Zahl der stibitzten Süßigkeiten in Grenzen hielt.
Doch als sie einen Moment unaufmerksam war, weil sie nach dem hauseigenen Ghul sehen mußte (der anscheinend auch in Festtagsstimmung war), war es geschehen. Der kleine Raistlin hatte es irgendwie geschafft, Mutter Gornhams Bann, den sie zum Schutz um die Küche gelegt hatte, zu brechen. Er hatte so viel Naschereien in sich rein gestopft, wie in der kurzen Zeit ohne Magie möglich war.
Auf sein Hochgefühl folgte wie erwartet schnell die Ernüchterung in Form von gewaltigen Magenschmerzen. Raistlin hielt sich verkrampft den Bauch und jammerte so sehr, daß seine Mutter beschloß, daß dies Strafe genug für seinen Ungehorsam sei. "Komm mal her Raistlin", sagte sie gutmütig, "Ich mach dir jetzt einen schönen Aufguß aus Weidenrinde und Hagebutte, dann wird es deinem Magen gleich besser gehen. Während dessen erzähl ich dir und deiner Schwester eine Geschichte, die euch gefallen wird." Mutter Gronham machte es sich mit ihren Kindern am Ofen bequem und begann zu erzählen:
"Es war einmal ein ringellockiger kleiner Rauschgoldengel, der hoch auf der Spitze des Christbaumes saß. Er hatte rosige Pausbacken, lustige blaue Augen und zwei wunderschöne goldene Flügel auf dem Rücken.
Der kleine Engel saß stolz auf seinem Ehrenplatz und wartete, dass es endlich Heiliger Abend wird. Weil aber das Warten sogar für einen Engel eine ziemlich langweilige Beschäftigung ist, begann er auf seiner Christbaumspitze ein wenig hin- und herzuschaukeln, um sich die Zeit zu vertreiben. Das Schaukeln machte ihm Spaß. Immer größer wurden seine Schwünge. Plötzlich gab es einen Ruck, und der kleine Rauschgoldengel purzelte kopfüber durch die Christbaumzweige, an denen alle Silberglöckchen leise zu bimmeln begannen.
Haltsuchend klammerte er sich endlich an einem dicken Zweig fest. ’Hoppla! Da habe ich aber noch einmal Glück gehabt’ , sagte er zu sich selbst. ’Wie leicht hätte ich mir weh tun können!’ Vorsichtig zog er sich an seinem Ast hoch und setzte sich darauf. Neugierig schaute er sich um. Was er sah, gefiel ihm sehr. Bunte Glaskugeln hingen hier unten zwischen den Lamettafäden, rote Kerzen gab es und viele goldene Nüsse. Genau vor ihm baumelte eine bunte Glastrompete. Er versuchte gleich darauf zu blasen und freute sich über den quäkenden Ton.
Plötzlich stieg ihm ein wunderbarer in die Nase. ’Hmmmm - Schokolade’, seufzte er, ’Hier unten hängen ja lauter Schokoladenkringel für die Kinder. Ob ich sie wohl ein einziges Mal versuchen darf? Natürlich wusste er genau, dass er nicht naschen durfte - aber dieser Duft! Begierig langte er nach einem Kringel und knabberte ein winziges Eckchen davon ab. Das schmeckte! Er biss gleich noch einmal zu . . . und noch einmal . . . und noch einmal. . . und schon hatte er den Kringel verspeist. Am nächsten Zweig hing noch einer. Und am übernächsten auch. Ganz unengelhaft rutschte der kleine Rauschgoldengel von einem Zweig zum anderen hinunter und Kringel um Kringel verschwanden in seinem Bauch, bis nicht das kleinste bisschen Platz mehr darin war.
Pappensatt saß der kleine Engel auf dem aller untersten Zweig und versuchte auf die Christbaumspitze zurückzufliegen. Doch das gelang ihm nicht. Er war viel zu schwer geworden, seine Flügel trugen ihn nicht mehr. Er mußte bleiben, wo er jetzt saß, bis er wieder leicht geworden war. Als es endlich Heiliger Abend wurde, wunderte sich die ganze Familie, wo ihr kleiner Rauschgoldengel hingeraten war. Der Vater musste in aller Eile einen goldenen Stern auf die Christbaumspitze zaubern, damit sie nicht so kahl aussah. Und Stromer, der Kater, bekam tüchtig Schelte, weil alle ihn wegen der verschwundenen Kringel im Verdacht hatten. Er wurde zur Strafe nach draußen gesperrt - und dort mußte er während der Feiertage bleiben. Der vermisste Rauschgoldengel hockte ganz versteckt unten im Christbaum und schämte sich gewaltig.
Dort musste er die ganzen Weihnachtstage verbringen, denn mit dem dünner werden ging es nicht so schnell. Und Bauchweh bekam er auch noch dazu. Als man ihn dann endlich fand, wusste er eins ganz genau: Süßes würde er nie wieder naschen! Das gehört sich nun einmal nicht für einen Engel, der auf der Christbaumspitze stehen möchte. Aber eigentlich hatte er das ja gleich gewusst!"
Begeistert klatschte Sorscha wegen der tollen Geschichte in die Hände und Raistlin grinste. Es ging ihm schon wieder viel besser und er versprach seiner Mutter gehorsamer zu sein. "Das freut mich", antwortete Mutter Gornham, "und wißt ihr was? Wir basteln jetzt einen Rauschegoldengel für unsere Christbaumspitze.
Und das geht so:
1. Zeichnet einen Engel mit Gesicht auf weißen Bastelkarton, wie auf dem Bild 1 (ihr könnt auch meinen Engel als Vorlage nehmen) und schneidet ihn dann an der roten Linie aus. Achtet auf die kleinen Einschnitte an den Flügeln. Dort wird der Engel am Schluß zusammengesteckt.
2. Jetzt nehmt ihr ein Blatt Goldpapier und zeichnet darauf die Konturen für euer Engelkleid, wie auf Bild 2 (benutzt dazu euren ausgeschnittenen Engel als Schablone). Schneidet es an der Linie aus. Wenn ihr wollt, könnt ihr mit einem Stift Muster in die Goldfolie ritzen. Wenn ihr kein Goldpapier habt, könnt ihr aber auch das Kleid dem Engel direkt mit Stiften auf den Körper malen.
3. Klebt nun die Goldfolie ordentlich auf den Körper eures Engels (siehe Bild 3. Achtet darauf, das die Arme vom Körper getrennt bleiben. Ansonsten mit der Schere noch einmal vorsichtig einschneiden.
4. Zu guter Letzt müßt ihr nur noch wie auf Bild 4 die beiden Seiten des Engels nach hinten biegen (wie bei einem Kegel) und die Flügel an den Schlitzen zusammenstecken.
Wie ihr euren Engel sonst noch dekorieren wollt, ist euer Phantasie überlassen (wie wäre es zum Beispiel mit kleinen Süßigkeiten?)."
Mutter Gornham sah nach vollendeter Arbeit auf die Uhr. "Großer Scott! Es ist schon spät geworden. Ich muß ja noch die fehlenden Naschereien nachzaubern, die Raistlin stibitzt hat. Ihr beide räumt hier jetzt erstmal auf und euren Rauschgoldengel kann Vater heute Abend auf die Christbaumspitze zaubern."
Ich wünsche euch allen eine gemütliche Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest!
Anne Fraser
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