14. Dezember
England
An
Gretchen Faust
Stauffen
Deutschland
Liebes Gretchen,
in letzter Zeit passiert so viel Aufregendes bei uns, wie schon lange nicht mehr.
Das liegt natürlich daran, dass bald Weihnachten ist.
Blaise ist vor wenigen Tagen aus Hogwarts nach Hause gekommen. Ich weiß, dass er jedes Jahr wegen mir macht. Was würde schon jemanden reizen, in unser Haus zu kommen. Na gut, mir gefiel es zu Hause, aber ich kannte ja auch nichts anderes. Aber Blaise ging schon mehrere Jahre nach Hogwarts und hatte dort lauter gute Freunde.
Unsere Mutter hat, wie du weißt, nie viel Interesse an uns gezeigt. Unsere Mutter ist sehr schön; ein Grund warum sie mehrfach verheiratet war.
Vor einigen Tagen war es wieder soweit. An einem Freitagnachmittag hatte Blaise vor der Tür gestanden. Er war mit dem Fahrenden Ritter gekommen; die Reise mit dem Bus war schneller als wenn mein Bruder mit dem Hogwartsexpress gefahren wäre.
Es hatte gerade an diesem Tag angefangen zu schneien. Es war kalt und ungemütlich.
Blaise ließ seinen kleinen Reisekoffer einfach in der Eingangshalle stehen. Einer unser Hauselfen würde das Gepäck später in Blaises Zimmer bringen und die Sachen auspacken und in den Schränken verstauen.
Ich zog meinen Bruder ins Wohnzimmer. Dort hatte ich liebevoll den Tisch gedeckt. Die Hauselfen hatten auf meine Anweisung Plätzchen gebacken und frisch aufgebrühter Tee stand auf einem Glasstövchen für uns bereit.
Blaise verzog das Gesicht. Zuerst war ich enttäuscht, dass meine Überraschung Blaise nicht gefiel. Doch er konnte mich schnell wieder aufmuntern:
Er hob mich lachend in die Luft und schleppte mich zurück in die Eingangshalle. Blaise erklärte, dass er für en Tag genug gesessen hatte. Er musste sich bewegen. Deshalb warf Blaise mir meinen Anorak und die Handschuhe zu. Schon hatte er die Haustür geöffnet, denn er trug ja noch seinen Mantel, seinen Schal und seine Handschuhe. Kalte Luft drang ins Haus. Schnell zog ich meine Jacke an, schnappte mir meine Pudelmütze, setzte sie auf und zog mir die Handschuhe an. Lachend folgte ich Blaise nach draußen in den Garten.
Wir bauten ohne Magie einen Schneemann und wir drückten "Adler" und "Engel" in den Schnee". Ich schlug ein Loch in die Eisdecke unseres Teiches. Das machte ich seit Jahren jeden Tag so, wenn unser Gewässer zugefroren war. Ich hatte gehört, dass die Fische nur so atmen und leben konnten. Blaise schaute mir zu; er interessierte sich nicht für Tiere. Nach getaner Arbeit gingen wir langsam zum Haus zurück. Es wurde schon wieder dunkel, obwohl es noch nicht wirklich spät war.
Im Wohnzimmer war ich sehr frustriert, als ich bemerkte, dass der Tee inzwischen erkaltet war. Eine Art Haut hatte sich auf dem Getränk gebildet und sah deshalb sehr unappetitlich aus. Blaise ließ den Tee mit einem Wink seines Zauberstabes verschwinden.
"Möchtest du heute einen Zaubertrank mit mir brauen?", fragte Blaise mich und schon hatte ich den kalten Tee und die Enttäuschung vergessen.
Blaise läutete einmal mit der silbernen Tischglocke und ein Hauself erschien. Blaise verlangte nach seinem sauberen Kessel und drückte dem Elfen ein kleines Stück Pergament in die Pfote. Der Hauself sollte die daraufstehenden Zutaten besorgen. Aufgeregt hüpfte ich auf dem Sofa auf und ab. Wenig später standen der Kessel, die geforderten Zutaten, eine Kelle und ein Messer vor uns auf dem Wohnzimmertisch.
Unsere Mutter war zu Hause, doch sie würde uns nicht stören; am Nachmittag ruhte sie sich meistens in ihrem Zimmer vom anstrengenden Tag aus. Also würde sie sich auch nicht über die Unordnung aufregen, die wir machen würden.
Blaise machte ein tragbares Feuer. Dann durfte ich den Kessel auf die heißen Flammen setzten. Der Kessel war schwer für mich und es war spannend, ein Feuer zu sehen, das ohne Holz brannte.
Blaise sagte mir, ich sollte einen Liter Milch in den Kessel geben. Danach durfte ich eine Vanilleschote auf einem Holzbrett aufschneiden und das Mark herauskratzen. Es war schwarz und roch sehr intensiv nach Vanille. Das Mark und die Vanilleschote gab ich in die Milch. Ich bemerkte nach einigen Minuten, dass die weiße Flüssigkeit im Topf höher stieg. Blaise erklärte, dass die Milch heiß wurde. Er regulierte die Flammen etwas mit einer Handbewegung. Ich durfte die ausgekochte Schote aus der Milch fischen. Dann schüttete ich 30 g Zucker und 100 g Schokolade in die heiße Milch, und rührte mit der Kelle um, bis sich der Zucker und die Schokolade vollständig aufgelöst hatten.
Blaise erklärte, dass man die Milch auch vorsichtshalber vom Feuer nehmen konnte, damit sie nicht überkochte. Er erzählte mir, woraus die Schokolade hergestellt wurde und woher die Kakaobohnen kamen und wie sie nach Europa gelangt waren. Ich hörte mit Spannung zu. Während Blaise von den fernen Ländern redete, durfte ich zwei Becher mit dem Trank füllen und mit einem Esslöffel steifgeschlagener Sahne verzieren. Als weitere Dekoration hatten wir noch Schokostreusel, die wir auf die Sahne streuten. Blaise sagte des Weiteren, dass der Kakaoanteil möglichst hoch sein sollte. Am besten sollte 70%ige Schokolade sein. Ich stellte fest, dass wir noch Zaubertrank für zwei weitere Becher übrig hatten.
Auch die geschlagene Sahne reichte noch für zwei Becher, denn Blaises Rezept war für insgesamt vier Portionen gewesen.
Zu der Heißen Schokolade aßen wir nun doch endlich die selbstgebackenen Plätzchen unser Elfen.
Ich war neugierig wie immer, wie der Schulalltag in Hogwarts war und fragte Blaise ein Loch in den Bauch wie seine Tage waren und was er alles so erlebt hatte. Mein Bruder lächelte hinterlistig und fragte mich, ob ich am eigenen Leib erfahren wollte, wie anstrengend die Schule war. Ich nickte; ich hatte volles Vertrauen in meinen Bruder. Ich sprang auf und lief zu Mutters Sekretär, der in einer Ecke des Wohnzimmers stand. Sie arbeitet selten daran, trotzdem lagen selbstverständlich immer Tinte, Feder und Pergament bereit, um jederzeit Briefe schreiben zu können. Ich schnappte mir diese Dinge und kehrte schnell zu der gemütlichen Sitzecke zurück, wo wir beide es uns gemütlich gemacht hatten. Blaise diktierte langsam und laut ein zweites Rezept, das ich Dir selbstverständlich auch mitschicke:
Der Winterpunsch
Für 8 Portionen
Zutaten:
1,5 Liter Tee (Früchtetee
1 Liter Apfelsaft
½ Liter Orangensaft
1 Orange
Zimt
½ Pck. Vanillezucker
1 TL Honig
Zubereitung:
Den Tee kochen und nach kurzem Ziehen in einen großen Topf umfüllen. Apfelsaft und Orangensaft hinzugeben.
Die Schale der Orange abreiben und ebenfalls in den Topf füllen. Nun entweder die Orange auspressen und den Saft hinzugeben oder die Orange in Scheiben schneiden und hineinwerfen. Vanillezucker, eine Prise Zimt und den Honig hinzugeben und umrühren.
Wenn der Punsch heiß genug ist, in Tassen umfüllen. Nach Belieben kann auch zum Beispiel ein Apfel in Stücke geschnitten werden und in den Punsch geworfen werden.
Es dauerte ziemlich lange, bis ich den letzten Punkt setzen konnte. Ich hatte erst kurzer Zeit das Schreiben gelernt. Blaise hatte mich trotzdem nur bei zwei Wörtern korrigieren müssen. Stolz, aber auch etwas müde, blickte ich auf das Pergament herunter. Jetzt verstand ich besser, warum Blaise die Schule oft anstrengend fand. Ich gähnte verstohlen und kuschelte mich an Blaise. Dann muss ich eingeschlafen sein. Als ich kurz wach wurde, sah ich, dass ich in meinem Bett lag. Die Pergamentrolle mit dem Rezept lag auf meinem Nachttisch. Ich wusste, dass Blaise das Wohnzimmer aufgeräumt hatte, während ich geschlafen hatte. Ich lächelte beruhigt bei dem Gedanken an den Tag und Blaise und schlief wieder ein.
Für heute habe ich dir viel geschrieben. Ich liebe es, wenn Blaise zu Hause ist. Und ich würde mich freuen, wenn wir uns bald wieder sehen würden.
Viele liebe Grüße bis zum nächsten Brief oder nächstem Wiedersehen.
Alles Liebe von Deiner Lucretia
Im Jahre 1994
Quelle der Rezepte: black-Vamp, Text: Hexenkessel, Bild: binchen
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