Magische Bildungskrise in Nordamerika

Obwohl schon lange bekannt war, dass das Bildungsangebot für amerikanische Zauberschüler unter dem internationalen Niveau liegt, wurde das Ausmaß der für unsere Verhältnisse empörenden Zustände erst gestern von der Regierung genannt.
Aus jenen Quellen wird berichtet, dass vor allem die Zauberschulen in den USA nicht nur unterdurchschnittlich ausgestattet sind, sondern dass es viel zu wenige Plätze für Nachwuchszauberer gibt. Der Sprecher einer internationalen Sonderkommission, die alle Schulen Nordamerikas unter die Lupe genommen hat, sprach von „erschreckend hohen Zahlen von jungen Zauberern und Hexen, die keinen Platz an einer Schule bekommen.“ Vor allem im Westen der USA gäbe es „große Lücken im Bildungsnetz“.
Ein gutes Beispiel dafür ist die HME (High School of Magical Education) in Washington D.C. Die größte Zauberschule der Vereinigten Staaten nimmt jedes Jahr zwischen 150 und 250 neue Schüler auf, in den letzten Jahren gab es allerdings weit mehr Jugendliche, für die ein Besuch der HME vorgesehen war.
„Natürlich haben wir einige Maßnahmen ergriffen, um möglichst viele Schüler unterrichten zu können“, äußerte sich der Schulleiter, Jeremy Wrenchbunks. „Hexen und Zauberer, die in der nahen Umgebung wohnen, gehen abends zu ihren Elternhäusern zurück, damit wir anderen Schülern wenigstens einen Schlafplatz zusichern können.“
Allerdings reichen diese Maßnahmen nicht aus, um jedem Jugendlichen einen Schulplatz zu bieten. Die Cauldronspring Academy of Magic im Bundesstaat Oregon habe schon seit Jahren die Pforten dicht gemacht: „Wir nehmen ausschließlich Schüler auf, die unsere Aufnahmeprüfung bestanden haben. Andernfalls wären wir völlig überfüllt und könnten keinen akzeptablen Unterricht mehr anbieten“, so ein Sprecher der Zauberschule.
Nach offiziellen Angaben soll sich der Prozentsatz von jungen Hexen und Zauberern ohne schulische Versorgung je nach Region zwischen 9 und 18 Prozent bewegen.
Dies stößt auf heftige Kritik in der magischen Gemeinschaft; einige Eltern seien „fassungslos“ , dass solch „schandhafte Zustände“ in ihrem Land herrschen.
„Ich finde es einfach nur beschämend“, so eine empörte Hexe, „unsere Kinder bekommen hier keine anständige Ausbildung. Und wer unternimmt etwas dagegen? Wozu sind die Leute vom Ministerium eigentlich da?“
Schuld daran sind mehrere Faktoren; dazu zählt zum Beispiel die wachsende magische Bevölkerung. Noch vor sechzig Jahren betrug der Anteil an Zauberern in den USA nur zwei Prozent. Inzwischen allerdings sollen sich die Zahlen nach unbestätigten Angaben verdoppelt haben. „Es ist nicht mehr zu bestreiten“, gab ein Mitglied des Amerikanischen Amt für Magische Bevölkerung zu, „die Gesellschaft der Zauberer und Hexen auf diesem Kontinent bekommt seit Jahren ständigen Zuwachs. Mit anderen Worten, wenn das so weiter geht, werden wir hier bald von Millionen sprechen.“ Die amerikanischen Zaubereiministerien seien nach eigenen Angaben „total überfordert“ mit der Situation.
Seit der Entdeckung Amerikas zog es zahlreiche Zaubererfamilien in die „neue Welt“, da sie dort auf mehr Toleranz hofften. Im 20. Jahrhundert jedoch sank die Zahl der Einwanderer beträchtlich und für lange Zeit waren die USA oder Kanada kein Thema im Gegensatz zu den europäischen Zauberern.
Nun stellte sich allerdings heraus, dass sich die magische Bevölkerung seit den späten Achtzigerjahren wieder vergrößert und vermehrt. Von Übervölkerung könne man nicht sprechen, betonen die offiziellen Regierungssprecher, aber das Problem mit der Schulausbildung bestehe trotzdem.
Ein jüngst zusammengerufenes Gipfeltreffen einflussreicher Zauberer und Hexen aus aller Welt versucht derzeit, eine Lösung zu finden.