Todesser für verkleideten Spaßvogel gehalten

(London) Das hatte er sich wohl anderes vorgestellt. Wie uns das Ministerium mitteilte, ist am Wochenende ein vermeintlicher Todesser auf einer Pre-Halloween-Party gesichtet worden. Der 30-jährige Mann hatte sich, mit dunkler Kapuze und Maske bekleidet, unter die Gäste einer Feier gemischt und versucht, mit Hilfe von Lobgesängen auf Du-weißt-schon-wen Aufmerksamkeit zu erregen. Zunächst fiel er damit nicht weiter auf.
„Es war ja Halloween, na ja, fast zumindest“, teilte uns einer der Gäste mit, die tags darauf von den Reportern des Tagespropheten befragt wurden. „Eine ausgelassene Feier, anregende Getränke, da dachten wir, er hätte nur etwas zu tief ins Glas geschaut.“ Eine Meinung, die auch von anderen Anwesenden geteilt wurde. „Ich kann mich erinnern, ihn ausgelacht zu haben, als er kam und mich fragte, ob ich mal seinen Unterarm sehen will. Da war 'ne Schlange drauf, so ein komisches Teil und ich hab ihn noch gefragt, wie er das da draufgezaubert hat, weil es so echt aussah. Ich dachte ja nicht …, wer rechnet auch damit“, verriet uns ein anderer junger Mann.
Bei der Schlange handelt es sich um ein Mal, dass traditionell allen Todessern eingebrannt wurde, das inzwischen jedoch fast vollständig aus dem öffentlichen Leben verschwunden ist und für weitaus weniger Aufregung sorgt als noch einige Jahre zuvor. Die wenigen Hexen und Zauberer, die vollständig von dem Verdacht freigesprochen wurden, wahre Todesser zu sein, bedecken ihre Erinnerung an die unschöne Zeit meist mit langer Kleidung.
„Er war unflätig, definitiv, und er trug eine Schlange um den Hals“, teilte uns eine Gruppe Mädchen mit, die auch auf der Feier zugegen waren. „Aber es gab coolere Kostüme, viel bessere als diesen abgetragenen Umhang und die komische Maske. Also haben wir ihn nicht weiter beachtet, bis ...“
Bis eine Beachtung nicht mehr vermeidbar war, denn kurz vor Mitternacht entschied sich der Mann, der wohl den ganzen Abend, statt Gehör zu erlangen, verspottet worden war, zu einer Verzweiflungstat. Just in dem Moment, in dem eine Gruppe junger Musiker die Geisterstunde klangvoll einleiten wollte, sprang er auf die Bühne, schrie ‚Für den Dunklen Lord' und schickte sich an, das Dunkle Mal heraufzubeschwören, scheiterte jedoch, da der Gitarrist der völlig verdatterten Band ihm rechtzeitig sein Instrument über den Schädel zog.
„Es war, als wären wir alle in eine Starre verfallen. Die Band stand still, die Zuschauer standen still, nur er bewegte sich und hatte Schreckliches vor“, teilte uns der junge Sänger am nächsten Tag mit. „Nach zwei, drei Schrecksekunden bin ich dann aufgewacht und wusste, dass ich etwas tun muss und ich schnappte die Gitarre. Ha! Wenn das jemand rausbekommt. Müssen Sie das wirklich abdrucken? Ich war in Ravenclaw, wissen Sie. Helles Köpfchen, fixer Verstand. Hab meinen UTZ mit Ohnegleichen in Verteidigung gegen die dunklen Künste gemacht, aber mir fiel nicht einmal Expelliarmus ein.“ Trotz der äußerst unmagischen Vorgehensweise ist er, wie er dem Tagespropheten außerdem mitteilte, stolz auf sein Eingreifen und froh, dass nichts Schlimmes geschehen ist.
Froh ist auch das Ministerium, das, statt von einem Skandal, von einem Erfolg berichtet werden kann. „Viele Jahre sind vergangen, aber noch immer gibt es Menschen, die der schwarzen Magie ein wenig zu sehr zugeneigt sind“, ließ uns ein Sprecher des Ministers wissen. „Sie aufzuspüren, und wenn es sich nur um einen handelt, ist ein Erfolg.“
Der Mann selbst, der nicht ernsthaft verletzt ist, befindet sich derzeit zur Erholung im St.-Mungo-Hospital, das amüsiert darüber ist, einmal eine völlig normale Verletzung behandeln zu dürfen und wird sich nach seiner Genesung einer Befragung durch das Ministerium stellen müssen. Erst dann wird sich auch herausstellen, ob er auf eigene Faust handelte oder zu einer größeren Gruppe gehört.