Der Fall "Heulende Hütte" / Gerichtsreport Teil 3

„Dieser neugierige Kerl aus Slytherin, ähm, das ist ein Haus in dem Internat in das wir gemeinsam gingen. Ich und meine Freunde sind im Haus Gryffindor. Na ja, dieser Severus Snape quatschte mich am Nachmittag an und wollte wissen, warum Remus immer so krank aussieht und weshalb er manchmal nachts einen Spaziergang draußen auf dem Schulgelände macht, obwohl das doch verboten sei. Er hätte ihn beobachtet und würde das gern unserem Hauslehrer berichten. Es sei denn, ich würde ihm verraten was mit Remus los ist. Natürlich war ich stinksauer, dass mich dieses Frett…ich meine dieser Kerl tatsächlich zu erpressen versuchte. Aber so kennen wir Snape. Ein verschlagener Mistkerl!“
„Ich muss sie nicht darauf hinweisen, Herr Black, dass ich Beleidigungen hier nicht dulde!“ schimpfte die Salesch.
„Aber es ist keine Beleidigung. Das ist die Wahrheit.“ protestierte Black.
„100 € oder einen weiteren Tag Ordnungshaft, Herr Black. Wie lange wollen wir dieses Spielchen noch treiben?“ sagte die Richterin und lugte verschmitzt über den Rändern ihrer halbrunden Brillengläser hervor.
Black verneigte sich ergeben. „Sie haben gewonnen.“ meinte er.
„Severus Snape hat sie also erpresst. Was ist dann passiert?“ wollte die Richterin wissen.
Snape Senior schnappte nach Luft. „Das ist eine infame Lüge. Mein Sohn ist zu feige, um jemanden zu erpressen.“
Jetzt war es an James Potter laut aufzulachen. „Siehst du Tatze! Selbst sein Vater findet das!“
„Herr Potter, sie kommen auch noch zu Wort. Jetzt aber halten sie den Mund.“ warnte ihn die Richterin. „Und wenn sie eine Frage an den Angeklagten haben, Herr Snape, dann stellen sie diese. Alles andere behalten sie für sich.“
„In Ordnung.“ knurrte der Mann.
„Erzählen sie weiter.“ forderte die Richterin Black auf.
„Hören sie, ich denke wir sollten das ganze abkürzen. James und Remus haben mit der ganzen Sache nichts zu tun. Ich allein bin für dieses Fiasko verantwortlich. Ich habe Snape in die Heulende Hütte bestellt, um ihn zu zeigen, was Remus für ein Geheimnis hat. Natürlich war nicht geplant, dass Remus in dieser Nacht wieder schlafwandelt. Da wir alle im selben Zimmer schlafen, müssen James und Peter bemerkt haben, dass Remus wieder spazieren geht. Und sind ihm gefolgt.
Ich hatte mich heimlich vorher schon raus geschlichen und bin zur Hütte. Ich wollte dieses…“ Black fuchtelte ohnmächtig um passendes Wort zu finden, mit seinen Armen herum. „…ihn einfach einen Schrecken einjagen. Das lief aber vollkommen aus dem Ruder. Snape hat sich nicht so erschrocken wie ich es gern gehabt hätte, sondern ist völlig ausgetickt. Remus war schon vor meinem Eintreffen da und hat mit Snape gerangelt. Ich bin dazwischen. Dann ist auch noch James aufgetaucht und der hat versucht Snape rauszuholen. Hat mir dabei einen ganz schönen Schwinger verpasst. Na, ist auch egal. Snape hat dann James niedergeschlagen und ist abgehauen. Dieser Feigling! Dann ist, wie er selbst schon sagte, Remus aufgewacht.“
„Wollten oder hatten sie jemals vor Severus Snape in dieser Nacht zu ermorden?!“ fragte Herr Kirkidaze.
„Nein.“ sagte Black. „Aber es war…“ den Rest des Satzes verschluckte er.
„Aber was, Herr Black?“ fragte Kirkidaze neugierig.
„Nichts. Ich habe alles getan, wie ich es gesagt habe und nicht mehr. James und Remus können nichts dafür.“
„Es gibt da aber eine Kleinigkeit, die sie in ihren Ausführungen vergessen haben zu erwähnen. Was hat Peter Pettigrew dort gemacht, wenn alles nur so harmlos war? Seine Aussage war eindeutig.“
Black wirkte überrascht. „Aussage? Welche Aussage sollte Peter gemacht haben?“
„Moment!“ rief plötzlich die gutaussehende, dunkelhaarige Anwältin des jugendlichen Charmeurs.
Die Richterin zuckte zusammen und der Staatsanwalt bedachte die Anwältin mit einem mahnenden Blick. „Was soll dieses Verhalten?“ fragte Barbara Salesch streng.
„Na ja, Frau Vorsitzende, vielleicht ist den Anwesenden entgangen, dass sich Herr Pettigrew in dem Publikum befindet.“ sie deutete auf den mausgrauen Jungen, der zuvor neben den Mädchen gesessen hatte und jetzt versuchte sich unsichtbar zu machen, in dem er langsam von der Bank rutschte.
Black stieß ein bellendes Lachen aus. „Hat er sich wieder einmal reingeschlichen, unser Wurmschwanz.“
„Passt ja auch durch jede Ritze.“ meinte Potter amüsiert. Jetzt stieß auch der sonst so ernste Remus Lupin ein Lachen aus.
„Gerichtsdiener!“ rief die Richterin.
Als sich nun ein Schrank von einem Mann aus dem Schatten einer Ecke schälte und mit klimpernden Schlüssel auf Pettigrew zubewegte, sprang dieser wie von der Tarantel gestochen auf. „Oh, Frau Richterin, das wird nicht nötig sein!“ winselte Pettigrew demütigst. Machte mehrere Verbeugungen und trippelte auf den Ausgang zu.
„Schön.“ sagte Barbara Salesch, als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. „Bitte achten sie auf den Zeugen. Ich will nicht, dass er sich vielleicht heimlich auf Wanderschaft begibt.“ sagte sie zu dem Gerichtsdiener. Der nickte und eilte Pettigrew nach.
„Hat noch irgendjemand eine Frage an Herrn Black?“ fragte die Richterin.
„Natürlich, Frau Salesch.“ sagte der Staatsanwalt. „Ich war gerade bei der Aussage von Pettigrew. Vielen Dank, Frau Hauser.“ er nickte der Anwältin zu.
„Ach, die Aussage.“ Black war auf einmal nervös. „Was soll er denn gesagt haben?“
„Darauf komme ich gleich, junger Mann. Zunächst möchte ich ihnen aber die Möglichkeit geben noch die Wahrheit zu sagen.“ räumte Herr Kirkidaze ihm ein.
„Also wirklich Herr Staatsanwalt. Mein Mandant hat doch schon alles dazu gesagt. Was sollte Herr Pettigrew schon gesagt haben, was seine Aussage ändern sollte?“ Die Anwältin blätterte nun in ihren Unterlagen. „Nichts von Bedeutung.“ sie nickte.
„Ich kann nichts weiter dazu sagen.“ sagte Black nun. Doch seine Augen suchten James Potters Blick. Der schüttelte unmerklich seinen Kopf und zuckte seine Schultern.
Der Staatsanwalt sah zur Richterin. „Ich denke wir sollten die Befragung des Angeklagten unterbrechen und mit Herrn Potter weitermachen.“
Die Richterin nickte. „Setzen sie sich wieder zu ihrer Anwältin, Herr Black.“ bestimmte sie und sah dem Anwalt von James Potter an. „Will ihr Mandant aussagen, Herr…“ Der Blick der Richterin fiel auf das Blatt Papier, auf dem die Namen der Anwälte notiert waren. Den Namen von Potters Anwalt konnte sie sich einfach nicht merken. „…Weasley?“
Der rothaarige, junge Anwalt, gekleidet in einen braunkarierten Anzug mit einem purpurroten Hemd und einer grünen Krawatte, lächelte freundlich. „Mein Dabant…ähm Mandant, will nichts sagen.“
Das Publikum lachte leise.
Selbst die Richterin musste sich ein Kichern verkneifen. Die Kleidung dieses jungen Mannes war einfach zu abwegig.
„Das ist freilich sein gutes Recht. Dennoch, Herr Potter, bitte nehmen sie den Platz vor dem Richtertisch ein.“
Potter erhob sich und begegnete auf halben Weg Sirius Black. Die Beiden sahen sich einen Moment in die Augen, bevor sie sich grinsend wieder trennten.
„Jetzt kommt ja der Richtige!“ tönte Snape Senior. „Der hatte meinen Sohn doch schon immer auf den Kieker. Der ist der Anführer dieser Gang. Die Anderen tun doch nur was der sagt!“
„Also wirklich!“ schnappte Black. „Ich kann immer noch für mich selbst entscheiden, Mister Snape.“
„Herr Potter…“ Die Salesch ignorierte Snape. „ ihr voller Name ist James Potter. Sie sind noch 17 Jahre alt, wohnen in …“ Die Richterin blickte wieder auf ihren Notizzettel. „…hier steht sie sind ohne festen Wohnsitz?“
„Ja, Frau Vorsitzende. Ich bin vorübergehend bei einem Freund meiner Eltern untergekommen. Meine Eltern sind…“ Potter schüttelte den Kopf. „Ich bin so wie Remus und Sirius zurzeit im Muggelgefängsnis, sie nennen das Justizvollzugsanstalt, untergekommen. Wenigstens was.“ Er lächelte.
„Da sie noch minderjährig sind, Herr Potter, gelten für sie andere Voraussetzungen, als für die beiden Mitangeklagten. Sie werden nach dem Jugendstrafrecht beurteilt. Deshalb hält sich heute auch eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe im Gerichtssaal auf und wird am Ende dieser Verhandlung ein Urteil über sie abgeben.“
„Ja, ich weiß.“ sagte James. „Ich habe bereits erfahren, dass man in der Muggelwelt erst mit 18 volljährig ist. Muss ich wohl akzeptieren.“
„Was meinen sie mit Muggel? Was soll das denn jetzt wieder sein?“ wollte Kirkidaze wissen.
„Nicht magische Menschen.“ antwortete Potter ernst.
Das Publikum lachte wieder.
„James!“ warnte sein Anwalt. „Nicht hier!“
„Warum nicht!?“ widersprach James Potter.
Der Staatsanwalt machte ein seltsames Gesicht. „Sind sie in einer Sekte, Herr Potter?“ wollte er wissen und ließ seinen Blick über das zerwühlte Haar des jungen Mannes gleiten. Sein Aussehen fügte sich wohl mit seiner Aussage zu einem ominösen Bild zusammen.
„Sekte?“ Potter runzelte seine Stirn. „Was soll das sein?“
„Ich denke nicht, dass das etwas mit der Sache zu tun hat, Herr Kirkidaze.“ sagte Arthur Weasley und rückte seine Krawatte zurecht. „Ob James Potter in einer Pekte ist oder nicht.“
Jetzt grölte das Publikum so laut, dass es einige böse Rufe und Hammerschläge der Richterin benötigte bis wieder Ruhe einkehrte.
„Dass Herr Potter und seine Freunde vielleicht in solch einer Sekte sind, die sich für Zauberer oder Teufelsanbeter halten, würde die Sache vielleicht erklären.“ meinte Kirkidaze.
„Der einzige Teufelsanbeter ist der da!“ sagte Potter und deutete auf Snape. „Zumindest sein Sohn.“
„Herr Potter. Ich frage sie noch einmal, wollen sie etwas aussagen?“
„Nein.“
„Dann belehre ich sie, dass sie nichts zu sagen brauchen, was sie selbst belastet. Haben sie die Fragen zu ihren Personalien wahrheitsgemäß beantwortet?“ unterbrach Barbara Saleschs Stimme den Disput.
„Ja, das habe ich.“
„Dann setzen sie sich wieder zu ihrem…Anwalt. Es sei denn, sie haben die Belehrung nicht verstanden.“
„Ich habe alles verstanden.“ erwiderte Potter und begab sich wieder zu seinem Anwalt, der mit ihm sehr leise, aber heftig zu diskutieren anfing.
Doch das störte den Verlauf der Verhandlung nicht.
„Bitte rufen sie den Geschädigten in den Gerichtssaal.“ bat Frau Salesch den Gerichtsschreiber.
„Severus Snape bitte in den Gerichtssaal! Ich wiederhole, Severus Snape bitte in den Gerichtssaal!“
Eine Sekunde später öffnete sich die Tür und ein magerer, blasser Junge mit glatten, schwarzen Haar trat in den Gerichtssaal.
Er schloss leise die Tür hinter sich und rauschte regelrecht durch den Gang auf den Stuhl zu, wo er sich schließlich niederließ, natürlich nicht, ohne einen bösen Blick auf die drei Angeklagten zu werfen.
Das Gesicht dieses jungen Mannes ähnelte auf verblüffende Weise seinem Vater. Nur dessen Nase war länger und größer.