Fünftes Kapitel - Das Ritual und die Zerteilung
[SIZE=20]Das Ritual und die Zerteilung[/SIZE] Während die Freunde den ganzen Abend verdauten und angestrengt nachdachten wie sie sich aus ihrer verzwickten Lage befreien könnten war auf dem Schulhof die Hölle los, aber Wort wörtlich! Die Schüler waren im Bann der hübschen Frau Merlein und konnten nichts gegen den plötzlichen Drang tun, nach ihrem Willen zu handeln. Kaum hatte die Lehrerin angefangen zu singen, waren ihre Hände wie miteinander verschmolzen. Sie konnten sich kaum mehr rühren und spürten wie die Lebensenergie langsam aus ihren Fingern wich. Manchmal kam ein Stoß Energie von der anderen Seite und sie wollten sich losreißen doch schnell wanderte die Kraft weiter zum nächsten Körper, zum übernächsten und zum überübernächsten. Bis zu Frau Merlein. Diese berührte mit ihrer freien Hand ein seltsames Gebilde. Es sah aus wie eine etwas verkorkste und schnörkelige Weinflasche. Das Glas war von milchigem Glanz, manchmal schien es lila zu sein, dann wieder eher grün und manchmal wirkte es sogar Gelb. In dem Glas geisterte etwas umher das wie Nebel zu sein schien. Jeder der noch hätte klar denken können, hätte merken müssen das dies die Energie war die sie ihnen abzapfte. Als das Glas randvoll war, wenn man dies so ausdrücken kann, gab sie es dem kleinen Mann der vorhin Tim umgerannt hatte. In Gegenwart seiner Herrin tanzte er wild umher, war nervös und wirkte irgendwie ängstlich, er hatte denselben Gesichtsausdruck wie vorher, als er zur Schule zurückgeblickt hatte und dann eilig verschwunden war. Wäre Kay nun hier gewesen hätte sie nun endlich gewusst warum der Mann plötzlich verschwunden war. Bestimmt wollte er fliehen vor seiner Herrin, die so machtsüchtig war, und einen Zauberer erwecken wollte der die Menschheit vernichten würde, deswegen die schnelle Flucht. Doch kaum war er auf der Straße so hatte sie ihn doch noch erblickt und mit einem Fingerschnipsen zu sich zurückgeholt. Nun stand er mit Schweißperlen auf der Stirn neben ihr und flüsterte leise: „Herrin, wir haben genug Energie lasst uns gehen!“ „Glaubst ich gehe da hin und erwecke einen Magier der dreimal so stark ist wie ich? Vorher muss ich mir auch noch ein bisschen Energie einschleusen!“ Der Mann wich zurück. „Ich wollte sie nicht beleidigen, Herrin, oh große Meisterin der Schwarzen Künste“, piepste er. „Hihi, wenn er sich nun mir widersetzten wollte, dann würde ich ihn wenigstens noch bekämpfen können!“ Sie stieß ein grausames Lachen aus und schupste den kleinen Mann vor sich her die Bühne hinunter. Kaum hatte sie den Kontakt zu den Schülern durch die Berührung abgebrochen, fielen alle zu Boden. Leer, ausgesaugt, ihrer ganzen Energie beraubt. Nur noch Hüllen mit klagenden Seelen, die nicht entweichen konnten, Diener der dunklen Macht, nicht mehr Herr ihrer Selbst. Die Frau blickte noch einmal zurück stieß ein hämisches Kreischen aus, das fast an ein Lachen erinnerte und verschwand mitsamt ihrem Diener. „Was können wir jetzt noch tun? Nun scheint alles verloren!“ Kay sah in jedes Gesicht ihrer Freunde. „Wir dürfen nicht aufgeben, Gini, lasst uns zu meiner Oma gehen, vielleicht weiß sie einen Rat!“ Die Fünf rannten los, die Straße entlang, so schnell wie möglich zum Großen Turm. Nirgends lief jemand, kein Auto kam ihnen entgegen, und es war noch nicht allzu spät am Abend. Die Welt, vor allem Walddraht, schien wie ausgestorben. Es war als würde alles was lebte vor Anspannung beben und es kaum wagen zu atmen. „Es ist unheimlich hier! Irgendwas stimmt nicht!“ Gini rutschte näher an ihren Bruder. Als sie an der Haustür ankamen, waren sie schon genauso nervös und ängstlich wie der kleine Mann. Kay klingelte und blickte sich dabei die ganze Zeit um. Fast so als würde sie erwarten das jemand aus dem Gebüsch sprang und sie alle abmurksen würde. Dann endlich öffnete ihre Großmutter. Auch sie warf ängstliche Blicke nach draußen. „Schnell, kommt herein.“ Drinnen in der Küche saß Frau Neumann, ihr Gesicht schien unter Qualen verzerrt. „Gott sei Dank, ihr lebt! Und wir dachten schon,...“, stammelte sie. „Oma, Frau Merlein ha...“ „Wir wissen es, Schätzchen, wir sind auch Hexen wenn vielleicht auch nicht mehr die Jüngsten.“ Frau Neumann fügte hinzu: „Außerdem wissen wir das sie das Dreieck geholt hat.“ Sie deutete auf Morle. Kay schauderte es. Etwas war anders. Dann fiel es ihr auf. „Warum ist sein Auge wieder da?“ „Du warst doch im Archiv, oder“, erklärte ihre Oma, „hat dir Herr Kuhn denn nicht von einem Katzenjungen erzählt? Nun dieses Katzenjunge war Morle, Frau Neumann nahm es zu sich auf und versteckte das Dreieck unter einer Fellschicht, denn es hatte sich tief in sein Auge gefressen. Nun, kam diese Hexe und hat das Dreieck geholt, und schwups, schon bricht das Chaos aus.“ Mikaasch war zu dem Kater gegangen und unterhielt sich mit ihm. Natürlich wusste das keiner denn Katzen sprechen sehr seltsam untereinander. Sie maunzten nicht wie alle dachten. Morle erzählte ihm dass er gar nichts dagegen hätte tun können. Die Frau wäre gekommen hätte die Nachbildung des Dreiecks hochgehoben und Worte gesprochen. Dann wäre ihm das Fell aufgerissen und das Dreieck wäre herausgeflogen, kurz danach hatte sein Frauchen ihn bewusstlos gefunden. „Tragische Geschichte“, meinte Mikaasch. „Schnell wir müssen uns beeilen, vielleicht holen wir sie noch ein!“, sagte er dann, wieder in Menschensprache, zu Kay und den anderen. Kay gab ihrer Oma einen Schmatz und rannte aus dem Haus ohne die Ermahnungen der Großmutter zu beachten. „Wo könnte nur das Grab sein!?“ Alle waren ratlos. Sie versuchten sich an die Zeilen des Rätsels zu erinnern, doch es gelang nicht so ganz. „Die Spitze zum...“ „Kloster!“, warf Dee ein. „Die Mitte zu mir“, vollendete Tim. „Ja, jetzt stimmt’s! Aber wo liegt da dann die Mitte?“ „Ich hab’ da so `ne Idee“, meinte Gini, „unser Geheimversteck. Soweit ich mich erinnern kann ist es ungefähr dort wo die Tür beschrieben ist. Zumindest auf dem Stadtplan aus dem Rathaus. Ich habe nämlich mit Tim geguckt als Dee nach Hause gegangen ist.“ Kay sah sie an: „Dann war Dee anscheinend der Einzige der untätig war, ich war nämlich mit Mikaasch im Kloster und habe nach dem Modell-Dreieck gesucht.“ „Ich war keineswegs untätig und faul! Im Internet habe ich noch einige Informationen gefunden die uns vielleicht weiter helfen werden.“ Sie sahen ihn wartend an. Doch diese wichtigen Informationen wollte er noch nicht preisgeben. „Also lasst uns gehen!“ Sie rannten los zum Hotel. Sie nahmen die Abkürzung „Querfeldein“ und waren so relativ schnell am Ziel, wenn auch außer Puste. Als sie am Schuppen ankamen stand die Tür offen. „Gini hat wahrscheinlich Recht“, flüsterte Tim. In seiner Stimme lag Angst, auch wenn er das nicht zugegeben hätte. „Müssen wir da rein?“, fragte seine Schwester und auch sie sah aus als hätte sie weiche Knie. „Schiss?“ „Nein!“ Beide versuchten nun wieder ganz gelassen auszusehen, Tim drängte sogar zum Abstieg. Sie gingen rein. Der Tunnel war abgedeckt. „Jetzt wissen wir was hinter der Tür ist“, stammelte Tim plötzlich. Die Mädchen wirbelten herum und sahen ihn mit fragendem Blick an. „Ist doch logisch! Das ist das Grab des „Auges“ und wir haben die ganze Zeit keine Ahnung gehabt. Komische Vorstellung!“ „Iiiiiii“, machte Gini. Ihr war gerade bewusst geworden, dass sie die ganze Zeit vor einem halb totem Zauberer gesessen hatte. Sie kletterten in den Tunnel, und hinunter zu ihrem Geheimversteck. Beim Abstieg waren sie nicht besonders leise gewesen, und so kam es wie es kommen musste: Sie wurden schon mit offenen Armen erwartet. Wenn man es besser ausdrücken wollte, mit offenen Seilen. Denn kaum traten sie unter dem Vorhang hervor, schon waren sie auch schon verschnürt wie ein Päckchen. Der kleine Mann hievte sie dann einen nach dem anderen in eine Ecke. Frau Merlein sah sie mit einem heimtückischen Grinsen an. „So, so. Kay, du kommst mir ja wie gerufen! Ich hatte gehofft deine Energie wäre schon mit eingeflossen, als ich dann bemerkte, dass du nicht in der Reihe standest, dachte ich schon mein Plan wäre gescheitert. Aber du hast uns gerettet, bist genau zur richtigen Zeit angekommen. Nun, seid still und sehet zu wenn ein Meister am Werk ist.“ „Sie sind kein Meister“, antwortete Kay frech, „sie erwecken gerade den Meister. Sie sind ein Niemand der einen Jemand ins Leben zurückholt und hofft dass er dann auch ein Jemand wird. Und wahrscheinlich werden sie dann nur noch ein größerer Niemand sein, oder tot.“ „Kay, sei nicht so frech. Sie könnte dich mit einem Fingerschnipsen töten!“ Gini sah ihre Freundin flehend und ängstlich an. Doch Dee half Kay, er ermutigte sie sogar: „Sie kann sagen was sie will, niemand kann ihr den Mund verbieten.“ Kay grinste ihm zu und er zwinkerte zurück. Er hatte ihr vorhin verraten, dass das Ritual nur am 31.Oktober vollführt werden konnte. Warum wusste keiner. Den einen Teil hatte sie mit dem Schauspiel schon erledigt, den wesentlichen Rest musste sie ihn weniger als zwei Stunden zu Ende bringen. Kay wagte einen vorsichtigen Blick auf die Uhr. 22 Uhr... sie konnte die Ziffern nicht erkennen, es war zu dunkel. Ihre Digital Uhr hatte eigentlich Licht, aber sie konnte es schlecht betätigen. Also versuchte sie näher an den Mann zu rutschen der die einzige Lichtquelle im Zimmer trug, eine flackernde Öllampe. Frau Merlein schien sich einen passenden Kommentar zurechtgelegt zu haben den sie jetzt, nachdem sie sich wieder gefasst hatte, nach dieser Frechheit, wie auswendig gelernt vorsagte: „Ich bin eine große Hexe und Gyndalos wird mir sein unendliches Leben lang danken.“ Kay musste wissen wie viel Uhr es ist, sie nutzte geschickt ihre einzige Chance: „Kann die „große Hexe“ denn kein Licht zaubern? Oder warum muss sie im flimmerndem Schein einer Öllampe ihr großes Werk vollbringen?“ Dabei legte sie ein zuckersüßes Lächeln auf und blickte drein wie ein Unschuldslamm. „Du willst Licht kannst du haben, wir wollten nur nicht auffallen.“ Sie fuchtelte mit den Armen und schon war der Raum hell beleuchtet. Kay sah auf ihre Uhr. 22.22 Uhr, eine witzige Zahl. Doch im Angesicht der Lage war ihr nicht zum Lachen zu Mute. Wie schnell doch die Zeit vergangen war! Um acht war die Party so richtig losgegangen, nun war schon knapp halb elf, sie mussten wohl die Zeit vergessen haben! Die Frau machte sich wieder an die Arbeit. Sie wühlte in einer Tasche und holte ein Pergament heraus auf dem Wörter standen, die aussahen als hätte man sie ihn großer Eile nieder gekritzelt. „Mmmhhh...“ Die Frau raufte sich die Haare. Sie begann langsam die Anweisungen auszuführen die auf dem Blatt standen. Das Pergament schwebte in der Luft, sodass sich Frau Merlein besser bewegen konnte. Die Tür begann zu glühen als... „Wer sind sie überhaupt das sie hier aufkreuzen, Schülern die Energie absaugen und dann das „Auge“ wiedererstehen lassen wollen?“ „Merkst du denn nicht das ich hier arbeite, stell mir die Fragen hinter her, wenn du dein letztes Gebet sprechen darfst. Aber, falls du es so dringend wissen willst, ich heiße Mileena, die Todesbringerin. Und nun sei leise.“ Kay wartete eine Weile, bis sie wieder eine Frage stellte: „Seltsamer Name. Wer heißt schon Mileena die Todesbringerin? Ich heiße Kayafala Deos, das ist ein normaler Name, aber Mileena die Todesbringerin?“ „Ich, ich heiße so!“, antwortete die Frau, nun um einiges wütender. „Warum?“ „Weil es einen Geheimbund von Hexen gibt, „Das Auge“, und jedes der Hauptmitglieder ist für etwas zuständig. Eigentlich gibt es nur noch Hauptmitglieder, wir sind jetzt eine verschworene Gemeinschaft mit wenigen Beteiligten. Und bald werden wir wieder einen Anführer habe, einen Richtigen! Nicht diese Regeina, die Allmächtige. Und bevor du mich fragst, Allmächtige meint, sie kann alles was ihre dummen kleinen Untertanen, zu denen ich bald nicht mehr gehören werde, können. Und ich bitte jetzt um Ruhe!“ Kay schwieg, auch wenn sie sich fest vorgenommen hatte viel zu reden und Fragen zu stellen, nun musste sie doch denken. Mileena hatte ihr viel Stoff zum Grübeln gegeben. Dee wurde unruhig, die Tür glühte schon lange und Kay macht immer noch keine Anstalten etwas zu unternehmen. „Warum haben sie sich dann Frau Merlein genannt, wenn sie doch anders heißen?“ „Fängst du auch noch an? Ich bin eben schlau und gebe mir einen Decknamen.“ „Warum gerade Frau Merlein?“ Mileena verdrehte die Augen: „Ihr Kinder habt doch nichts im Kopf! Weil man Merlein ganz toll von Merlin ableiten kann, und ich bin nun Mal eine genauso große Hexe wie er.“ Kay schüttelte sich. Wenn sie noch mehr über dieses geheime Bündnis herausfinden wollte, dann musste sie es verhindern, dass Mileena Gyndalos, „Auge“ genannt, zurück in diese Welt holt. „Merlin, wer ist denn Merlin? Ist das so einer aus der Gemeinschaft?“ „Kay, das ist doch der Zauberer bei König Arthus, hast du denn nicht in Geschichte aufgepasst?“ Tim sah sie an, als hätte ihn der Schlag getroffen, er hätte nicht gedacht, dass Kay so ungebildet ist. Dee warf ihm böse Blicke zu. „Also wirklich, Kay, von dir hätte ich mehr erwartet. Immerhin sollst du die noch mächtigere Nachfolgerin deiner Mutter sein! Und das ein Dumm-Nima dich in Sachen Magie in deine Schranken verweist, empfinde ich als sehr erniedrigend.“ Sie drehte sich um und studierte die Aufzeichnungen. Kay blickte auf ihre Uhr. 22.41, plötzlich schien die Zeit fiel langsamer zu vergehen. Kay stellte immer wieder Fragen, doch die Antworten wurden immer kürzer. Um 22.59 ging ihr dann endgültig der Gesprächsstoff aus. „Also, was steht da auf dem Blatt?“ „Nichts was dich angeht!“ „Aber es geht mich sehr wohl was an. Es soll ja meine Energie verwendet werden, oder?“ „Kann sein, vielleicht brauch ich dich aber ja gar nicht!?“ „Meinen sie ich könnte dann gehen wenn sie mich nicht brauchen?“ Mileena fuhr herum. „Wenn du nicht sofort den Schnabel hältst... dann... verwandle ich dich in ein... Huhn.“ Kay schreckte zurück. Als Huhn würde sie wesentlich geringere Chance haben, Mileena weiter abzulenken. Sie verkniff sich eine coole Bemerkung und fragte lieber dumm: „Aber als Huhn könnten sie mir doch keinen Energie absaugen? Und können sie das überhaupt?“ „Beides Ja!“ Es war 23.05 Uhr und Kay fiel kein Thema mehr ein. Sogar vom Wetter hatte sie schon geredet. Wenn Dee jetzt nicht bald was sagt, dann würde wohl alles umsonst sein. Kay hörte ein leises Röcheln. Mit Mühen wandte sie ihren müden Kopf. Oh Nein, das durfte doch nicht war sein! Dee und die anderen beiden schliefen tief und fest. Beiden, wo war denn Mikaasch? Kay blickte sich suchend im Zimmer um. In einer Ecke kauerte der kleine Mann und auch ihm fielen die Augen gelegentlich zu. Die Lampe hatte er ausgepustet, da nun eh Licht im Raum war, und sie stand neben ihm. Vor der schweren Eisentür, die vorher kaum sichtbar gewesen war wegen der Kommode, stand Mileena und sie las mit gerunzelter Stirn, sowie es schien, den letzten Absatz. Die Sitzpolster waren alle an die Wand neben der Tür gestellt worden. Sie selbst saßen an der nicht eingerichteten Wand. Doch die Wand gegenüber war nicht unbewohnt. Etwas kleines schwarzes, das kaum auffiel wenn man nicht danach suchte, kauerte auf einem der Sitzpolster. Manchmal sah man grelle Katzenaugen aufblitzen oder eine sachte Bewegung. Als die Augen aufflackerten bedeute Kay Mikaasch mit Kopfnicken, dass er sich rüber schleichen und ihr helfen sollte die Fesseln zu öffnen. Die Augen zwinkerten und mit einem graziösen Sprung landeten vier Samtpfoten auf dem staubigen Boden. Mikaasch stahl sich langsam hinüber. Immer wieder schaute er zu der Frau, doch die schien alles um sich herum vergessen zu haben. Mikaasch kam bei seinem Frauchen an. „Wie bist du nur daran vorbei gekommen gefesselt zu werden?“ „Ich bin eine Katze, und viel schneller als ihr! Ihr wurdet von Fesseln so überrascht, dass ihr überhaupt nicht reagiert habt. Es war ein Zauber! Und es war ganz leicht unter den Seilen hinweg zu tauchen.“ „Du hättest uns ja warnen können“, fauchte Kay. „Schschsch“, machte Mikaasch, „nicht so laut!“ Mit seinen Katzenzähnen versuchte er die Fesseln anzunagen. „Also, ich weiß nicht was dieses Mäusegesindel so toll am Nagen findet. Das schmeckt fürchterlich!“ „Sei still und bearbeite lieber weiter den Strick!“ Mikaasch vertiefte seine Zähne in dem Seil. Er mahlte es hin und her und nach ewigen Zeiten wurde es fasrig. Kay strampelte mit den Füßen und riss ihre Hände gewalttätig auseinander. Mit einem Ratsch riss das Seil. Kay ballte ihre Hände zur Faust, knetete sie und schüttelte sie bis sie glaubte, dass sie die Finger wieder benutzen konnte. Langsam und nun wieder vorsichtig beugte sie sich nach vorne und öffnete die Fesseln. Ohne aufzustehen kroch sie zu ihren Freunden. „Hilf mir, Mikaasch!“ Zuerst erlösten sie Dee. Dieser half ihnen dann wiederum die schlafenden Geschwister zu befreien. Da die drei Entfessler Angst hatten, dass die beiden Schlafenden vor Überraschung Laute von sich geben würden wenn sie geweckt würden, ließen sie, sie schlafen. Mileena sprach Worte in keiner Sprache die, die Kinder gekannt hätten. Ihre Stimme hob sich und die Tür war in weißen Nebel gehüllt und auch Mileena war fast in den weißen Schwaden verschwunden. „Es hat sich ausgehext, Mileena!“ Kay macht einen Schritt nach vorne und stellte sich breitbeinig hinter der Hexe auf. „Wo du Recht hast... der Magier lebt! Gyndalos wird mir nun die Arbeit abnehmen und euch endlich töten! Euer nerviges Gebrabbel muss ich mir nicht länger bieten. Und, Kay, deine Energie habe ich nicht ein bisschen benötigt!“ Mileena wandte sich träge um. Sie schien besessen von etwas überirdischem, ihre Augen waren weit geöffnet und die Pupillen zu hauchdünnen Schlitzen verengt. Ein irres Lachen lag auf ihren Lippen und ihre Augäpfel tanzten in ihren Höhlen. Aus den dichten Nebelschwaden hinter ihr trat plötzlich eine große Gestalt deren breiter schwarzer Umriss sich deutlich von dem zarten Schleier abhob. „Du bist also Mileena, die große Retterin! Ich musste ja ewig warten!“ Eine knorrige ölige Stimme, die klang als wäre sie seit Jahren nicht mehr in Gebrauch gewesen, tönte von überall her zugleich. „Und wer sind diese Winzlinge, diese Maden unter mir?“ „Dies, oh großer Herr, sind Donatu Emil Eugen, Tim und Genia und Kayafala Deos. Sie waren mir ein Dorn im Auge doch nun seid Ihr da und könnt sie vernichten!“ Ihre Augäpfel begannen wild zu hüpfen als sie sich vor die Füße ihres Gebieters warf. „Kayafala Deos, Ezuses Enkelin? Du hast Recht, ihr seid mir ein Dorn im Auge, außer du!“ Das „Auge“ fixierte Kay und im gleichen Moment gab es einen lauten Knall. Dee, Mileena und Mikaasch wurden mit gewaltiger Kraft gegen die Wand geschleudert und blieben dort eine Weile bewusstlos liegen. Kay sprang zu Mikaasch und Dee. „Oh mein Gott!“ „Sie sind nicht tot! Gleich werden sie die Augen wieder aufschlagen. Aber rühren können sie sich nicht!“ Kay stand auf. Mileena war die erste die schon nach kurzer Zeit wieder zu sich kam: „Was sollte das? Ich habe Euch doch aus der ewigen Verbannung zurückgeholt! Mir gebührt der Dank und die Aufmerksamkeit, doch nicht diesem dummen Ding!“ Gyndalos sah sie fast mitleidig an. „Das war doch keine große Leistung! Irgendwann einmal wäre auch eine andere Hexe hergekommen und hätte mich zurück gerufen, viel Grips braucht man ja dazu nicht!“ Dann blickte er wieder auf Kay. „Aber du, du wirst mir einmal gefährlich sein! Aber glaube nicht, dass ich dir einen schnellen Tod geben werde! Nein, ich werde dich langsam und qualvoll zu Grunde gehen lassen!“ Er lachte metallisch und ohne jegliches Gefühl. „Kannst du schon ein wenig hexen? Jemanden wehrloses zu töten ist nicht gerade ritterlich und erst Recht nicht amüsant. Also hast du die gleichen Kräfte wie dein Großvater?“ „Ich habe keine Hexenkräfte, und wenn ich welche hätte würde ich trotzdem nicht gegen dich kämpfen!“ Er sah sie fast mitleidig an. Aber auch nur fast, denn dann meinte er hämisch: „Also ist es egal ob mit oder ohne Zauberkräfte, dann kann ich dich auch so töten!“ „Tu’s halt!!“, schrie Kay entschlossen. Und felsenfest setzte sie hinzu: „Und mach schnell, solange hab’ ich nämlich nicht Zeit. Und wenn schon dann denn schon, oder?“ Er legte den Kopf schief und war anfangs überrascht, solche harten Worte aus dem Mund einer Dreizehnjährigen hatte er nicht erwartet. Da fiel ihm ihre Herkunft ein: „Du hast mehr Eigenschaften von Ezuses als von deiner Großmutter, aber was hätte man anderes erwarten sollen. Also gut, ich werde es versuchen ganz schnell zu erledigen, aber Spaß machen muss es auch, ich will mich ja an Ezuses rächen!“ Todsicher dass Kay wehrlos ist, sprach er seinen ersten Fluch. „Ich werde laut zaubern, und mit Gesten. Das macht es für dich noch spannender.“ Er sprach laut und deutlich einen Zauber und erklärte dann: „Durch diese Magie wirst du tanzen!“ Kaum hatte er seinen Satz beendet, fühlte sich Kay plötzlich sehr mies. Nicht etwa weil sie schreckliche Schmerzen hatte, nein, aber es tat ihrer Seele weh, dass sie vor ihren Freunden Polka tanzte. „Das ist witzig, meinst du nicht auch, dass es zum Schreien ist? Nein, dann helf’ ich halt nach. Krampfus Lachus!“ Kays Füße standen wieder still doch ihr Mundwerk setzte sich schlagartig in Bewegung. Sie lachte und lachte und konnte nicht mehr aufhören. „Haha das ist hihi nicht fair! Hohohihi“ Kay schüttelte sich. „Das findest du nicht fair? Wie wär’s dann hiermit!“ Ein teuflisches Grinsen zierte sein von Natur aus bösartiges Gesicht. „Tenebra!“ Kays Lachen verstummte. Man sah ihrem Gesichtsausdruck an, dass sie schreckliche Qualen litt. Sie schrie heulte krümmte sich. Sie konnte kaum mehr auf den Beinen stehen, doch bevor sie vor diesem „Monster“ auf die Knie fällt bleibt sie lieber unter Schmerzen stehen. „Du willst dich also nicht deinem Schicksal beugen? Dann muss es eben dich beugen!“ Kay spürte wie ihr Füße krampfhaft versuchten dem Drang zu widerstehen in die Hocke zu gehen. Ganz langsam und genüsslich bewegte das „Auge“ seine Hände nach unten. Kay wusste: Lange könnte sie diesem Druck nicht mehr standhalten. Da geschah etwas Seltsames. Ihre Füße richteten sich auf. Sie standen plötzlich wieder gerade. Sogar das „Auge“ schien überrasch. „Du bist ganz schön zäh. Aber das stört mich nicht.“ Er ging auf sie zu und streckte ihr eine Hand hin. Kay wich zurück. „Fass mich nicht an!“ Er erklärte ihr, so als wäre es etwas vollkommen selbstverständliches, das sie überall wo er sie berührte Brandblasen bekommen würde. Sie schrie auf als seine Hand schlagartig auf sie herabzuckte. Kay kniff die Augen fest zu. Ihr Kopf versteckte sich instinktiv zwischen ihren Schultern. Ihr Schädel dröhnte, sie hörte Geräusche und war sich sicher sie würde gleich überschnappen. Da erklang eine hallende Stimme. >Dir passiert nichts, ich bin ja da! <. Kay blickte sich fragend um. Sie war froh, dass sie es gewagt hatte die Augen zu öffnen. Denn sonst hätte sie einen köstlichen Anblick verpasst. Der „große“ Gyndalos lag auf dem Boden und kratzte sich an allen erdenklichen Stellen. „Du Bist! Das zahl’ ich dir heim!“ Kay musste lachen, auch wenn sie sich in einer so miesen Lage befand. >Achtung! Es kommt noch besser<, meldete sich wieder die Stimme in ihrem Kopf. Kay hob gegen ihren Willen die Hände und ihre Zunge sprach Worte aus die sie nicht mal kannte. Der Zauberer sah plötzlich ganz anders aus, viel weiblicher. Kay hatte gerade an ihre Großmutter gedacht und überlegt ob Kay sie wohl je wieder sehen würde. Nun stand Gyndalos da, in den Klamotten der alten Frau, und schimpfte Kay in typischer Oma-Masche aus. „Mädle, ich mach dich fertig. Komm mir ja nicht mit so einem Mist’!“ Er schüttelte sich als wolle er sein neues Ich loswerden. Und er schaffte es auch. „Du hast ja doch was drauf. Dann machen wir es kurz, okay? Willst du noch ein paar letzte Worte sagen?“ Kay nickte: „Ja, du wirst nie siegen, mein Großvater hat dir schon den Garaus gemacht und ich werde auch nicht zulassen, dass du die Weltherrschaft übernimmst!“ Kay strahlte auf einmal in einem überirdischen Licht. Dee der inzwischen aufgewacht war, konnte diesen Moment nie beschreiben, nicht jetzt und später auch nicht. Es war göttlich. Kay war plötzlich eine andere. Sie erstrahlte in diesem Glanz und alles um sie herum war in güldenes Licht getaucht. Man konnte nicht sagen ob ihre Augen geschlossen oder geöffnet waren, genauso schwer war es festzustellen ob sie diese geheimnisvolle Melodie sang oder ob diese einfach nur im Raum schwebte. Kays Füße hoben plötzlich vom Boden ab und ihre Arme formten ein Dreieck. „Was tut sie? “ stotterte Dee mehr zu sich selbst. Doch er erhielt Antwort. „Sie entreißt ihm das Dreieck das ich ihm erst vor kurzem eingepflanzt habe. Es ist noch nicht mit dem Körper verschmolzen, so ist es noch möglich ihn wieder sterblich zu machen“, flüsterte Mileena von der gegenüberliegenden Seite. Dann wandte sie ihren Blick gebannt dem Schauspiel zu. Auch Dee verfolgte es angespannt mit. Man sah deutlich, dass sich der Magier dagegen währte. Doch plötzlich brach es aus seiner Brust hervor. Das Dreieck, das so viel Unheil angerichtet hat. Dee klappte der Unterkiefer herunter. Er hatte es sich nie so faszinierend vorgestellt. In einer herrlich leuchtenden Farbe, etwa gold-rot, schwebte es in der Luft und wirbelte blitzschnell im Kreis herum. Das „Auge“ sank in sich zusammen. Für eine Weile sah es so aus als hätte Kay den Kampf gewonnen. Doch dann richtete sich der Magier auf und seine Augen funkelten wütender denn je. „Vielleicht hast du mir die Unsterblichkeit genommen, ja vielleicht kannst du mich jetzt sogar töten. Aber das wird dir nichts bringen! Denn solange das Dreieck erhalten ist, und wenn es nur ein kleiner Splitter ist, lebe ich irgendwo weiter! Und das Dreieck wirst du nie zerstören können!!“ Kay, die mit dem Entreißen des Dreiecks neue Hoffnung geschöpft hat, spürte wie die Luftblase vom Weiterleben zerplatzte. „Er hat Recht, ich bin nicht mächtig genug das Teufelsteil zu vernichten. Er wird mich töten und ich kann nichts dagegen tun...“ >Natürlich kannst du! Du hast die Kraft dazu, ich werde dir dabei helfen! Aber du musst innere Stärke zeigen. Denn um das magische Dreieck zu zerstören muss man ein Opfer bringen. < „Und was ist dieses Opfer, wer ist überhaupt die Stimme in meinem Kopf? Kann ich ihr vertrauen? Was ist wenn Gyndalos Macht über mich genommen hat und mir einen teuflischen Plan einredet?“, dachte Kay angestrengt. >Ich höre das alles, ich kann deine Gedanken lesen. Wer ich bin, willst du wissen. Irgendwann wirst du es erfahren. Auf jeden Fall kannst du mir Vertrauen schenken, ob du das tust, liegt bei dir. Aber wenn du es tust, dann mache jetzt genau das was ich dir sage! < Kay nickte kurz, überdachte alles, dann murmelte sie in Gedanken: Ja. >Gut, du musst dir jetzt ganz sicher sein, dass du dieses Opfer darbringen willst, man weiß vorher leider nicht was man verlieren wird. Bist du dir sicher? < „Ja, ich will die Welt durch mein Opfer retten!“ Kay sprach laut und deutlich in den Raum, obwohl sie das nicht gewollt hatte. Alle, die wach waren, sahen sie verblüfft an. „Was tut sie? Welches Opfer denn? Wird sie sterben?“ Dee schien sehr aufgebracht und verzweifelt. Bestimmt wäre er sofort aufgesprungen und hätte Kay davon abgehalten, wenn sie sich nicht in einer so misslichen Lage befunden hätten. >Das hast du gut gemacht! < „Du wolltest sagen: Das hast du gut gemacht, ich war’s nämlich nicht!“ >O.K. du hast Recht. Als nächstes sprichst du diese Worte mir nach: Keiner soll sich hier mehr rühren< „Keiner soll sich hier mehr rühren“ >Denn ein Zauber ist nun durchzuführen< „Denn ein Zauber ist nun durchzuführen“ >Vernichten will ich jenen Gegenstand< „Vernichten will ich jenen Gegenstand“ >Auch wenn er mein Herz entflammt< „Auch wenn er mein Herz entflammt“ >Arrete destroi, Arrete Destroi, Arrete Destroi! < „Arrete Dess-troi, Arret...e Destroi…i Arrtete Destroi!“ Kaum hatte Kay die unverständlichen Worte dreimal in einem seltsamen Singsang aufgesagt zerbrach das Dreieck. Es zerbröselte in tausend Teile. Was Kay vor Erschöpfung nicht mitbekam war, dass das Dreieck plötzlich wieder Form fasste. Aber nicht eine Große wie zuvor, nein, sondern die vielen kleinen Schnipsel fügten sich zu fünf kleinen Dreiecken zusammen. Jedes davon enthielt eine Tugend und die fünf flogen auf die Leute im Raum zu. Eines brannte sich in Kay ein, die den Schmerz nicht mehr war nahm, eines verschwand in Dees Stirn. Er schrie wie am Spieß. Die Geschwister, die nichts hatte wecken können, wachten auf durch die höllischen Qualen die sie litten als je ein Dreieck sich bei ihnen einnistete. Das letzte flog direkt auf Dee zu. Dieser stöhnte weil er dachte es würde noch einmal so schrecklich wehtun. Doch da machte es eine scharfe Kurve und versteckte sich in... Mileena! Die fünf saßen oder lagen da und spürten für eine Weile gar nichts mehr. Sie waren ihrer Sinne beraubt und das einzige was sie klar wahrnehmen konnten, waren tanzende Dreiecke vor ihren geschlossenen Lidern. Nur Mileena rührte sich. Sie schien plötzlich zu schrumpfen und ganz in sich zusammenzufallen. weiter zurück zur Übersicht zurück in die Bibliothek