Krank unter Muggeln - ...
Nun sitze ich hier, schlürfe Tee und lecke meine seelischen Wunden. So was Dummes kann aber auch nur mir passieren. Alles begann mit einem kleinen Kratzen im Hals, dann kam der Schnupfen und dann, wie sollte es anders sein, auch noch der blöde Husten und Fieber dazu. Normalerweise ist das ja kein Problem; einfach ein Löffel Päppeltrank und schon ist man wieder fit, auch wenn ich den Dampf aus den Ohren nicht leiden mag. Dass ich mal in eine Lage kommen würde, wo mir gerade dieser Trank fehlen würde, hätte ich nie gedacht. Aber dummerweise musste ich mich ja ausgerechnet in einen Muggel verlieben. Meine Mutter hatte mich ja noch gewarnt. „Kind“, hatte sie gesagt, „das gibt doch nur Probleme! Denke doch mal an das Geheimhaltungsabkommen!“ Aber klar, warum sollte ich denn mal auf meine Mutter hören. Was kann mir in der Muggelwelt schon groß passieren, hatte ich gedacht und mich munter auf den Weg zu Richard gemacht, meine Flamme im Nachbarort, die ich beim Pilzesuchen kennengelernt hatte. Am Anfang war es auch wirklich spannend und aufregend, in der Muggelwelt unterwegs zu sein. Ich kam mir wie ein Forscher in freier Wildbahn vor. Überall gab es merkwürdige Dinge, die ich noch nie gesehen hatte. Bei manchen fühlte ich mich an den Muggelkundeunterricht erinnert. Aber manches hatte ich noch nie gesehen oder davon auch nur gehört. Mit dieser merkwürdigen Ekkelzität kann man ja echt viel machen, aber was genau das eigentlich ist, habe ich noch nicht herausgefunden. Nun, ich merke gerade, dass ich etwas abschweife. Nach einigen Stolperfallen, die ich mit Humor meisterte, fühlte ich mich langsam sicherer. Aber dann kam der Tag, an dem ich am Morgen das Halskratzen bekam. Ich machte mir erstmal einen Salbeitee, denn der hilft ja eigentlich ganz gut. Meine Schwiegermutter in Spee war ganz angetan davon, denn ihren Angaben zufolge war sie ja eine kleine „Kräuterhexe“ und kannte sich wohl ganz gut mit Muggelheilpflanzen aus. Leider hat es nicht so geholfen wie erhofft. Mir ging es stündlich schlechter und ich brauchte dringend Hilfe. Da ich zu schwach war, um nach Hause zu laufen, fragte ich meinen Freund, ob es denn nicht vielleicht einen Heiler in der Nähe gäbe. Er stutzte etwas, lachte dann freundlich und meinte: „Natürlich gibt es hier einen Arzt im Ort.“ Ich hatte zwar keine Ahnung, was ein Arzt ist, aber ich hoffte mal, dass es dasselbe wie ein Heiler ist. Er machte mit dem Feleton einen Termin und begleitete mich dort hin. Es begann schon bei der Anmeldung, als ich fragte, wie viele Galleonen denn so eine Untersuchung in etwa kosten würde. Ich hatte ja nicht so viel Geld dabei. Gerade noch rechtzeitig fiel mir dank der verdutzen Gesichter mein Fehler auf und ich stotterte etwas von Gagegeld natürlich. Dann kam ich in ein Untersuchungszimmer und der Arzt kam mir ganz nett vor. Er fragte mich, genau wie ein Heiler, nach meinen Beschwerden und wollte mich dann mit so einem merkwürdigen langen Gummischlauch abtasten. Ich weiß ja nicht, warum man so ein Ding dazu in die Ohren steckt, aber ich ließ es klaglos über mich ergehen. Der Arzt sagte allerlei merkwürdige Wörter zur Helferin, die fleißig mitschrieb und erklärte mir dann, ich hätte wohl eine Grippe. Er meinte noch, dass er das bestimmt wieder hinbekäme, wenn ich nur fleißig die Medizin nehmen würde und natürlich viel Ruhe hätte. Er gab mir einen rosa Zettel und nickte mir freundlich zu. Das sollte wohl Auf Wiedersehen heißen. Erleichtert schlurfte ich mit meinem Freund zu seiner Wohnung, wo ich mich gleich ans Werk machen wollte. Ich holte mir einen Metallteller, den ich in der Rumpelkammer entdeckt hatte und machte aus Holzresten, die dort lagen, ein kleines Feuer, um den Zettel zu verbrennen. Schließlich hatte ich doch in Zaubertränke gut aufgepasst und wusste, dass man manche Substanzen verbrennen muss, um dann ihre Asche als Zaubertrankzutat verwenden zu können. Bestimmt war das mit Muggelmedizin auch nicht anders. Doch gerade, als es schön qualmte und ich überlegte, ob ich auch den Rauch mit auffangen sollte, kam mein Freund herein und löschte entsetzt mit so einem roten Ding, aus dem Schaum kam, das Feuer. Auf seine Frage, was das denn soll, stotterte ich mir was von Kräuterheilkunde zusammen. Er meinte: „Aber du hast doch die Medizin vom Arzt aufgeschrieben bekommen, nimm doch lieber die Kügelchen, dann geht es dir bald besser und du brennst nicht noch das ganze Haus ab.“ Als ich ihm erklärte, dass ich den Zettel nicht mehr hatte, da meinte er, kein Problem, er würde einfach noch mal schnell zum Arzt laufen und einen neuen Zettel holen. Ich legte mich ins Bett und hoffte, er würde schnell zurückkommen, denn es ging mir immer schlechter. Nachdem er freudestrahlend wieder da war, nahm ich geschwind den Medizinzettel und riss ihn in vier Stücke. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn lieber diagonal oder vertikal zerreißen musste, hoffte aber, dass dies egal sei. Nun rollte ich geschwind aus den Stücken kleine Kügelchen und schluckte sie vor meinem völlig perplex schauenden Richard lächelnd hinunter. Er schüttelte nur den Kopf und erzählte etwas von Delirium und Fieberwahn. Seine Mutter kam und machte mir Wadenwickel. Richard ging los und kam nach einiger Zeit mit sogenannten Tabletten wieder, die er mir mit Wasser zu schlucken gab. Ein paar Tage musste ich nun das Bett hüten und fleißig die Muggelmedizin schlucken. Ob nun diese oder doch die Tees meiner Schwiegermutter geholfen haben, weiß ich nicht zu sagen. Aber eins habe ich noch herausgefunden. Richard erzählte mir nämlich, als es mir besser ging, was er gemacht hatte, nachdem ich angeblich ins Delirium gefallen bin. Die rosa Zettel sind für die Muggelapotheke und dort bekommt man die eigentliche Medizin. Wer kann denn so was ahnen?