Sahne, Slytherin -

Angekommen Harry stand mit einem Lächeln auf dem Gesicht am Fenster. Doch anstatt die atemberaubende Landschaft, die ihm der Ausblick bot, zu genießen, sah er vor seinem inneren Auge die letzten Jahre Revue passieren. 19 Jahre war es nun her, dass er und seine beiden besten Freunde Hermine Granger und Ron Weasley den bis dato schlimmsten Dunklen Zauberer aller Zeiten – Lord Voldemort – besiegt hatten. Viel war seitdem passiert – privat und auch beruflich. Damals hätte er sich auch nicht träumen lassen einmal hier zu stehen. Noch war es ruhig auf den Gängen außerhalb seines Büros, doch bald schon würde sich dies ändern. Dann würden die Flure und Zimmern des großen Gebäudes wieder mit Stimmen, Lachen und Willkommensgrüßen erfüllt sein. Harry freute sich, wie immer, sehr darauf. Hier hatte er nach langem Suchen endlich seine Erfüllung gefunden. Nicht das ihm vorher bewusst gewesen wäre, dass er auf der Suche war. Denn am Anfang stand der Wiederaufbau der doch ziemlich zerrütteten und gebeutelten Zauberergemeinschaft im Vordergrund. Lord Voldemorts Taten hatten alles verändert und das nicht nur in England, sondern weltweit. Wie stark kam erst im Laufe der Jahre nach und nach an die Oberfläche. Viele Ängste und noch viel mehr Misstrauen mussten bekämpft werden. Die Leute hatten kein Vertrauen mehr in die Führung und im Prinzip misstraute jeder jedem. Da war es gut, dass sich der neue Zaubereiminister Kingsley Shacklebolt dessen bewusst gewesen war und er sich seine neuen Führungskräfte mit Bedacht ausgesucht hatte. Harry war dabei, Hermine und auch Ron und noch einige andere, die aktiv von Anfang an gegen den Dunklen Lord gekämpft hatten. Dass Draco Malfoy ebenfalls mit im Team war, galt besonders als Zeichen der Versöhnung. Hermines Weitsicht war dies zu verdanken. Harry schmunzelte. Was hatten Ron und er sich zuerst dagegen gewehrt, doch Hermine hatte nicht locker gelassen und im Nachhinein musste er zugegeben, sie hatte Recht gehabt – wie so oft während ihrer schon so lange andauernden Freundschaft. Sie war es auch gewesen, die ihn privat auf den richtigen Weg gebracht hatte. Lange hatte er gezweifelt, ob er seiner großen Liebe das geben konnte was sie verdiente. Zuviel Leid und Schmerz hatte er schon in viel zu jungen Jahren gesehen und auf sich nehmen müssen. An vielen Verlusten gab er sich die Schuld und immer war da die Fragen: Hätte er nicht anderes handeln müssen? Wären die Toten dann noch am Leben? Wie konnte er ihr in die Augen schauen, wenn er doch Schuld am Verlust von so vielen geliebten Menschen war? Die einzig logische Möglichkeit für ihn war sich zurückzuziehen und somit Buse zu tun, in dem er sich komplett der Aufgabe des Wiederaufbaus verschrieb. Es blieb keine Zeit für Gedanken und somit auch keine für die Liebe. Er erinnerte sich daran, dass er nur noch Hermine an sich rangelassen hatte und alle davon ausgegangen sind, dass es nur einer Frage der Zeit sei, bis sie auch ein Paar werden würden. Daran ist dann auch fast seine Freundschaft zu Ron zerbrochen – zum Glück aber nur fast. Heute waren sie alle gemeinsam hier und verstanden sich besser denn je. Doch der Weg war steinig und lang gewesen. Jede einzelne Beerdigung nach dem Kampf war ein Messerstich in sein Herz gewesen. Immer war er sich sicher – er hätte für sie alle sterben sollen. Doch er stand hier und lebte. Der einzige Anker war die Aufgabe, die nun vor ihm lag. Es sollte, nein, es musste nun alles besser werden. So viele Gesetze mussten neu überdacht werden, die Verbindungen zu den anderen Zauberwesen dringend verbessert werden und vieles mehr. Hogwarts zu renovieren dagegen war wirklich eine Kleinigkeit gewesen. Schon bald konnten die jungen Hexen und Zauberer wieder zur Schule gehen und dort alles lernen was sie fürs Leben brauchen. In England ging zumindest in der Hinsicht schnell wieder alles in den gewohnten Bahnen. Doch wie war das eigentlich außerhalb von England oder gar Europa? Ihn interessierte das zu dieser Zeit nicht. Aber, wie sollte es auch anders sein, Hermine machte sich auch dazu Gedanken und stellte Nachforschungen an. Durmstrang und Beauxbaton waren dabei nur der Anfang. Erneut musste er lächeln. Ohne Hermine wäre so vieles nicht möglich gewesen. Auch die Suche und die Zerstörung der Horkruxe wären ohne sie sicher gescheitert. Er hatte schon immer verstanden warum Ron sich in sie verliebt hatte. Nach dem Kampf waren die beiden auch, für viele überraschend, zusammengekommen. Gegensätze ziehen sich an, sagt man. Aber man sagt auch, dass Beziehungen, die während großer Gefahren und unter Stress entstehen keine Haltbarkeit besitzen. Beides, das musste man zugeben, traf auf Ron und Hermine zu. Umso schöner war es, dass beide dieses Abenteuer hier mit ihm gemeinsam erlebten. Denn ohne seine Freunde wäre ihm der Abschied von der alten Heimat doch sehr schwer gefallen. Sie hatten alles seit Hogwarts gemeinsam erlebt und durchlebt. Die schwierige Phase nach der Trennung der beiden war zum Glück doch recht schnell vorbei gewesen. Es holperte dann noch einmal als Hermine sich neu verliebt hatte, doch Ron nahm es damals erstaunlich gelassen auf. Er war eben eine gute und treue Seele. Und deshalb freute es Harry auch ungemein, dass auch er sein Glück gefunden hatte. Immer noch tief in Gedanken versunken, hörte Harry wie sich die Tür zu seinem Büro öffnete. Sein ältester Sohn James schaute ins Zimmer. „Mama schickt mich. Sie ist in Sorge, weil du noch nicht unten in der Eingangshalle bist.“ Bevor Harry etwas erwidern konnte, war sein Sohn auch schon wieder verschwunden. Mit einem letzten Blick auf die rötliche Kulisse außerhalb des Fensters, verließ Harry sein Büro. An der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift „Schulleiter“. Auf seinem Weg nach unten in die Eingangshalle kamen ihm Lily, seine Tochter und ihre beste Freundin und Cousine Nora entgegengerannt. Ihnen sah man ebenfalls deutlich die allgemein vorherrschende Vorfreude an. Nach ein paar Minuten erreichte er die Empore, von der aus man einen guten Blick hinunter in die Halle hatte. Er sah, dass sich dort schon alle versammelt hatten. Da stand seine Frau Ginny und lächelte zum ihm hinauf. Neben ihr stand Hermine und unterhielt sich angeregt mit George, ihrem Mann. Ron und seine Frau Susan hörten aufmerksam zu. Neville und Hannah standen zwischen all den anderen Professoren der „Grand Canyon“- Zaubereischule, die seit Jahren für die Ausbildung der Hexen und Zauberer in der sogenannten Neuen Welt sorgte. Hier war er angekommen und die inneren Stimmen, die ihn plagten, hörte er nur noch selten und wenn sie drohten zu laut zu werden, dann wusste er heute damit umzugehen – dank seiner Familie und seiner Freunde