Beverly, Gryffindor - 2. Platz

Epilog: Neunzehn Jahre nach dem Heldenruhm Am frühen Abend des 2. September durchquerte Ron Weasley eilig die Winkelgasse. Obwohl ihm seine Arbeit im Ministerium sehr viel Freude bereitete, spürte er doch die Strapazen der vergangenen Woche. Sein Rücken schmerzte und seine Augen starrten müde geradeaus. Als er die Zaubererbank Gringotts erkannte, stoppte er abrupt und lief einige Meter in die Richtung zurück, aus der er gerade gekommen war. Er hielt vor einem kleinen Geschäft, in dem Quidditch-Zubehör verkauft wurde und drückte nach kurzem Zögern die Türklinke herunter. Das Geschäft war nicht besonders groß, führte aber doch ein beeindruckendes Sortiment. An einer Wand hing im Bereich der oberen Hälfte eine große Auswahl von Rennbesen verschiedener Preisklassen, darunter stapelten sich unzählige gebrauchte Modelle. Auf der anderen Seite gab es Umhänge, Pflegezubehör und eine bunte Vielfalt an Fanartikeln der beliebtesten nationalen und internationalen Mannschaften. Und am Ende des Raumes befand sich ein langer Tresen, auf dem sich Unmengen von Büchern und Zeitschriften stapelten. Dahinter stand eine Leiter, auf der ein in die Jahre gekommener dunkelhaariger Mann herumkletterte, der gerade damit beschäftigt war, die oberen Regale abzustauben. Ron betrat den Laden und sogleich verfinsterte sich seine Miene. „Harry, was soll denn das? Warum stehst du schon wieder auf diesem Ding, wenn du doch einen Zauberstab besitzt? Du wirst dir noch den Hals brechen!“ Harry legte den Staubwedel beiseite, kletterte von der Leiter herunter und begrüßte seinen gestressten Freund. „Hey Ron, wie war die Arbeit?“ „Eigentlich ganz gut. Die Vorbereitungen für das Endspiel morgen sind abgeschlossen. Alle beantragten Portschlüssel sind genehmigt und in Stellung gebracht. Nun muss nur noch das richtige Team gewinnen“, entgegnete Ron schon deutlich gelassener. Trotzdem konnte er es sich nicht verkneifen, seinen Freund erneut auf die Leiter und den Staubwedel anzusprechen. „Ach Ron, du weißt doch, dass ich gerne mit meinen Händen arbeite. Dafür hab ich sie doch schließlich“, entgegnete Harry und lächelte ihm sanft entgegen. „Sollen wir apparieren?“ „Nein, lass uns den Kamin nehmen“, fiel Ron ihm eilig ins Wort, „ich ziehe es vor im Ganzen irgendwo anzukommen.“ Harry machte sich eilig daran, die Ladentür zu schließen. Danach gelangten beide per Flohnetzwerk zu dessen Haus, das sich in einem ruhigen Vorort von London befand. Als beide aus dem Kamin gestiegen waren und sich gründlich abgeklopft hatten, gingen sie in die Küche des wunderschönen kleinen Holzhauses, von wo aus sich schon ein wohliger Geruch ausbreitete. Hermine stand gerade am Herd und rührte in einem Topf, in dem eine herrliche Bratensoße vor sich hin köchelte. Harry und Ron staunten nicht schlecht, dass sie mit den Vorbereitungen für ihr alljährliches Fest schon fast fertig war. Zu diesem Fest, das immer genau einen Tag nach der Abreise der Kinder nach Hogwarts stattfand, luden sie stets all ihre engsten Freunde ein. An diesem Tag wurde nicht nur auf ein neues Schuljahr angestoßen, viel mehr war es der einzige Tag im Jahr, an dem sie alle zusammenkamen. Ron gesellte sich sogleich zu seiner Frau, um ihr tatkräftig und auch etwas tölpelhaft zur Seite zu stehen. Harry freute sich, die beiden endlich wieder vereint zu sehen, denn bis vor kurzem lebten sie getrennt. In den letzten Monaten hörte sich Harry oft an einem Tag die Sorgen des einen und am anderen die des anderen an. Seine besten Freunde hatten nun zehn Jahre lang vergeblich versucht ein Kind zu bekommen, was ihrer Beziehung extrem zugesetzt hatte. Als Hermine ihrem Mann schließlich offenbarte, dass sie mit dem Thema nun endlich abschließen wolle, fiel Ron in ein tiefes Loch. Er war in einer Großfamilie aufgewachsen und lange konnte er sich nicht damit abfinden in einer Wohnung zu leben, in der es nicht bis tief in die Nacht laut zuging. Nun schienen sich beide wieder angenähert zu haben und Harry hätte in diesem Augenblick vor Freude fast geweint. Eine Stunde später trudelten die ersten Gäste ein. Unter ihnen waren die Patil-Zwillinge, Rons Bruder Percy, Hannah Abbott und ihr Mann Joe. Ein wenig später fanden sich Neville und Luna Longbottom ein, die sich übertrieben für ihre Verspätung entschuldigten. „Tut uns wirklich leid. Der kleine Xenophilius wollte einfach nicht einschlafen, nicht einmal die Babysitterin konnte ihn beruhigen. Dabei liebt er dieses Mädchen doch so…“, stammelte Neville auf dem Weg ins Wohnzimmer. Als letzter gesellte sich Draco Malfoy zu der schon recht angeheiterten Runde. Sie aßen und tranken und ließen es sich gut gehen. Die Stimmung war grandios und alle vergaßen ihre alltäglichen Sorgen für diesen einen Abend. Kurz nach Mitternacht schlich sich Harry auf die Terrasse hinaus, um frische Luft zu schnappen. Der Abend war ein voller Erfolg und das freute ihn sehr. Er holte tief Luft und blickte in die kühle Abenddämmerung. Nach einer kleinen Weile trat Draco an seine Seite. Er lehnte sich an das morsche Holzgeländer und blickte ebenfalls zum Himmel hinauf. Dann fragte er: „Ich versteh dich nicht Harry. Wie kannst du so glücklich sein, wo dir doch so viel Schlechtes widerfahren ist?“ Harry lächelte ihn milde an. „Nein wirklich Harry“, sprach Draco weiter, „wie schaffst du es nur zwischen alle den glücklichen Paaren zu sitzen?“ Harry dachte darüber nach. Nun war es schon sieben Jahre her, dass Ginny von ihm gegangen war. Er hatte seinen Beruf als Auror, der ihm einiges bedeutet hatte, aufgegeben und war Kaufmann geworden, damit er mehr Zeit mit seinen Söhnen verbringen konnte. Ja, er hatte viel verloren. Er drehte sich langsam um und wandte seinen Blick den Freunden zu, die im Innern seines Hauses lachten und tanzten. „Warum sollte ich sie denn nicht um mich haben wollen?“, entgegnete er Draco, der sich ebenfalls in diese Richtung gedreht hatte. „Sie sind doch unsere Freunde.“ Als Draco die Feiernden von draußen ansah, trübten sich seine Augen. „Sieh sie dir doch nur an, Harry. Die Weasleys haben allesamt Karriere im Ministerium gemacht. Die Longbottoms mit ihren sechs Töchtern, sie sind ausnahmslos alle unter den Jahrgangsbesten in Hogwarts. Nun haben sie auch noch ihren Stammhalter bekommen. Sie sind alle glücklich und in Liebe vereint. Sogar dieser Hagrid hat eine Freundin. Und was ist mit uns beiden? Du bist Witwer und ich schon das dritte Mal geschieden. Deine Kinder haben keine Mutter mehr und meine Tochter keinen Vater, weil ihre Mutter denkt, ich hätte einen schlechten Einfluss auf sie. Unsere Jugendzeit hat uns einiges abverlangt und nun quält uns das Erwachsensein. Das ist nicht fair!“ Harry dachte nach. War es wirklich so, dass alle anderen es besser erwischt hatten als er und Draco? Nein, das war definitiv nicht so. Seine beiden besten Freunde würden wahrscheinlich für immer kinderlos bleiben. Und neulich hatte Neville ihm erzählt, dass es Luna immer schlechter ging. Sie wurde langsam aber sicher wie ihre eigene Mutter, experimentierte heimlich mit den gefährlichsten Substanzen und war tagelang einfach verschwunden. Wenn sie dann wiederkam, war sie schmutzig, durchgefroren und stammelte offenbar nur wirres Zeug. Heute war wohl einer ihrer guten Tage, zumindest hatte es den Anschein. Er wusste, dass Neville sich inzwischen täglich damit auseinandersetzte, dass auch er demnächst durch einen Unfall zum alleinerziehenden Vater werden könnte. Dann blickte er zu Draco. „Du solltest nicht so oft daran denken, dass andere vielleicht etwas haben, was du nicht hast. Du hast eine Tochter, du bist gesund und du bist am Leben. Es gibt immer Dinge, um die man andere beneiden kann, aber das ist nur verschenkte Zeit. Wir sind nun erwachsen und schon lange für unser Leben selbst verantwortlich. Also Kopf hoch und mach was draus.“ Er klopfte ihm auf die Schulter und als Draco Malfoy in die sanften Augen seines Freundes blickte war ihm, als ob man ihm eine schwere Last von den Schultern genommen hätte. Beide kehrten zur Feier zurück und verbrachten noch glückliche Stunden im Kreis ihrer Freunde. Am nächsten Morgen zog sich Harry eilig an. Er wollte mit Ron zum Endspiel der Senioren-Quidditch-WM, das dieses Jahr in London ausgetragen werden würde. Als er am Kamin im Wohnzimmer vorbeikam, nahm er sich einen kurzen Augenblick Zeit und betrachtete das letzte Familienfoto, auf dem alle gemeinsam abgebildet waren. Da war Ginny, sie lächelte unbeschwert in die Kamera und ihr rotes Haar glänzte schöner als je zuvor. Sie hielt den kleinen Severus Lilian im Arm. Dahinter stand Harry, der beide Hände auf die Schultern seines ältesten Sohnes, Albus James, gelegt hatte. In der Wohnzimmertür tauchte plötzlich Rons Kopf auf. „Bist du fertig? Können wir los?“ Und Harry entgegnete: „Geh schon mal raus, ich bin gleich soweit.“ Als er die Tür ins Schloss fallen hörte, schloss er für einen Moment die Augen und flüsterte mit einem Lächeln auf den Lippen: „Mach dir keine Sorgen um uns. Alles wird gut.“