3. Platz - Caxirta - Ravenclaw - Süße Botschaft
Der Himmel wurde heller, die Sterne verblassten. Die Sonne stieg langsam auf und würde einen schönen Tag bescheren, auch wenn sie noch nicht viel Kraft hatte. In einem Nest aus Zweigen und Blättern spürte die Fee Zizi das morgendliche Licht und blinzelte vorsichtig. War es schon Zeit aufzustehen? Sie flog nicht gern im Dunkeln. Doch ihr Gefühl war richtig, sie sah ein Stückchen blauen Himmel durch eine Ritze ihres Verstecks und streckte sich. In der vergangenen Nacht hatte sie zum dritten Mal in Folge von Yaya der Weißen geträumt. Yaya war unter den Feen eine Legende, jede Frischgeschlüpfte hörte als Erstes ihren Lebenslauf … Yaya war einst eine Zierfee eines angesehenen Zauberers. Bis heute laden die Zauberer und Hexen die Feen gerne als lebende Dekoration zu ihren Empfängen und Festen ein. Damals lebten die Feen noch zurückgezogener in den Wäldern und zeigten sich kaum jemanden. So war es eine Besonderheit, dass Yaya in dem palastartigen Gebäude umherflog und die Gäste mit glockenhellem Lachen empfing. Die Magier erfreuten sich ihres Anblicks, besonders ihrer buntschillernden Flügel, die kräftig wie die eines Schmetterlings und abwechslungsreich wie Opale waren. Dadurch gab es natürlich Neider. Doch während sich Yaya gegenüber den anderen Feen durchsetzen konnte, hatte sie gegen eine Konkurrentin keine Chance. Es war eine junge Hexe, die sich in Yayas Besitzer verliebt hatte. Für einen Mensch sah sie gewiss bezaubernd aus, doch der Blick ihres Angebeteten schweifte immer zur Fee ab wenn diese in den Raum kam, aus dem Kelch einer Rose trank oder sich auf einem Blütenkissen niederließ. So kam es eines Tages, dass die Hexe den Zauberstab gegen Yaya erhob und sie verfluchte. Die Fee taumelte zu Boden und schlief beinahe eine Woche. Der Fluch hätte sie eigentlich töten sollen, doch das Haus des Zauberers steckte voller Magie und auch die Fee trug eine Kraft in sich, von der die Hexe keine Ahnung hatte. Als Yaya erwachte, lag sie auf einer Lilie und ihr Besitzer begrüßte sie freudig. Yaya kroch auf seine angebotene Hand und umarmte vor Glückseligkeit seinen Daumen. Obwohl sie seine Worte nicht verstand und nur den Tonfall seiner Stimme deuten konnte, bemerkte sie, dass er ihr etwas Trauriges zu sagen versuchte. Er ließ sie in sein Wasserglas blicken. Statt ihres Spiegelbildes sah sie darin jemanden mit durchsichtigen Flügeln und Haar, das so weiß wie frischgefallener Schnee war. Anstatt sich, wie jede andere Fee in ihrer Situation, vom nächsten Vogel fassen zu lassen oder sich dem Nektarrausch zu ergeben, fand sie sich mit den Änderungen ab. Sie spürte, dass ihr Zauberer sie noch genauso gerne um sich hatte und keine andere Fee so lange betrachtete wie sie. Wenn er keine Zeit für sie hatte, suchte sie ihre wildlebenden Feenfreunde im Wald auf und versuchte ihnen den Umgang mit den Magiern beizubringen. Was war erwünscht, wie verhinderte man Zorn auf sich zu ziehen und natürlich, wie wurde man zum Liebling eines Menschen? Sie wollte verhindern, dass andere Feen dasselbe Schicksal wie sie erleiden, und damit ihre gesamte Schönheit verlieren würden. Damals konnte keiner ahnen, dass der Fluch größer war und nicht nur Yaya getroffen hatte. Er war so mächtig, dass jeder Fee, die nach Yayas Tod schlüpfte, eines Tages die gesamte Farbe aus den Flügeln wich. Da es so viele betraf wurde emsig eine Lösung gesucht und gefunden. Die Feen waren seit Anbeginn der Magie die attraktivsten Geschöpfe auf Erden und durften ihrer Schönheit nicht beraubt werden. Andere Wesen hätten sonst keine Chance mehr gehabt, sie als eingebildet oder arrogant zu beschimpfen ... `Die sind alle neidisch ... Sie wissen nicht wie es ist, mit diesem Aussehen gesegnet zu sein. Das kann man nicht einfach so verkommen lassen´, dachte Zizi, als sie sich nicht nur an Yayas Lebensgeschichte, sondern auch an ihre eigenen Erfahrungen mit Menschen und Elfen zurückerinnerte. Als es in ihrem Nest plötzlich dunkel wurde, weil mehrere Schatten darüber glitten, riss sich Zizi von ihren Gedanken los und krabbelte unter ihrer Blätterdecke hervor. Gerade sind einige der anderen Feen bereits vor ihr zum Frühstück geflogen, sie musste sich beeilen, wenn sie noch etwas guten Honig bekommen wollte. Mitten im Winter waren die Portionen sowieso eng berechnet obwohl die Reglementierung glücklicherweise bereits Anfang Februar gelockert werden konnte. In einem härteren Winter hätten sie sogar Fastentage einhalten müssen, hatte Zizi von einer bereits einjährigen Fee gehört. Sie selbst war gerade vierzehn Wochen alt und sog noch die Worte und Erzählungen der Anderen wie ein Schwamm auf. Sie fand sich auch noch immer nicht überall zurecht und war auf deren Hilfe angewiesen. Zizi kroch durch die Nestöffnung, prüfte sicherheitshalber kurz, ob kein Vogel in der Nähe war und hob ab. Derzeit trafen sich die Feen stets unter den hohen Wurzeln eines großen Baumes, der am Ufer eines Sees stand und angeblich auch in wärmeren Zeiten ein wunderbarer Aufenthaltsort war. Zizi landete leichtfüßig im Schnee und hüpfte darin ein paar Schritte, bis sie unter das Wurzeldach trat und schlagartig die Luft anhielt. Einige ihrer Gelege-Geschwister waren bereits vor ihr da und um die Jugendleiterin Susu, die auf einem kleinen Podest stand, versammelt. Während Susus Flügel in ihrem üblichen Orange leuchteten, waren die von Zizis Geschwistern so farblos wie von Fliegen. Susu erblickte Zizi und rief sie wild gestikulierend zu sich. "Zizi! Komm schnell her! Ich muss euch erklären, was ihr zu tun habt." Mit steifen Beinen näherte sie sich der Gruppe und sah den andern in die Augen. Sie waren genauso schreckensweit, wie sich ihre eigenen anfühlten und ein unglaublich großer Kloß wuchs in ihrem Hals. Bis vor einer Sekunde hatte sie noch gehofft, dass sie nicht betroffen war. Ein absurder Wunsch und sie schimpfte sich gedanklich selbst für diese Torheit. Sie blickte auf den Boden und versuchte wieder vernünftig Schlucken zu können und normal zu atmen. Währenddessen gesellten sich noch weitere Feen zu ihrer Gruppe, die mit demselben offensichtlichen Problem konfrontiert waren. " ... Achtzehn ... Zwanzig ... Zweiund- Dreiundzwanzig! Alle da! Sehr gut, Kinder, nun hört mir alle zu", wurde sie von Susus lauter werdender Stimme gezwungen wieder auf ihre Umgebung zu achten. "Ihr alle kennt die Geschichte von Yaya der Weißen. Was ihr vielleicht bereits geahnt habt, ist nun eingetreten. Der Fluch konnte bis heute nicht gebrochen werden und so müsst auch ihr diesen Weg gehen. Es gibt eine Heilung gegen die Farblosigkeit, doch sie ist nicht einfach. Hier, jede nimmt sich einen Gegenstand aus dem Korb neben mir." Zizi fiel erst jetzt das Strohgeflecht neben Susus Podest auf. Sie reihte sich entsprechend der Namensliste als Letzte ein und nahm das letzte Ding heraus. Es war ein lila Gegenstand in Herzform. Seine Oberfläche fühlte sich lustig kribbelig an. Neugierig betrachtete Zizi ihn näher und bemerkte Einkerbungen darauf. Sie wusste nicht was das sein sollte und richtete ihre Aufmerksamkeit erneut auf die Jugendleiterin. "Jede von euch hält ein sogenanntes Candy Heart in Händen. Es besteht aus Zucker und wird von Menschen gerne gegessen. Eure Aufgabe ist es, einen Menschen zu finden, dem ihr es schenkt. Dabei gibt es aber eine Herausforderung. Es darf nicht irgendjemand sein, es muss ein Mensch sein, der gerade verliebt ist. Habt keine Angst, ihr spürt es ganz genau, wenn das der Fall ist. Ich kann es euch auch nicht erklären, ihr müsst es selber erfahren. Ihr müsst es also einem verliebten Menschen geben, er darf euch dabei aber nicht sehen. Es soll ihn an den Menschen denken lassen, in den er verliebt ist und falls dieser noch nichts davon weiß, soll es ihm Mut machen, seine Zuneigung zu gestehen. Dafür steht auf jedem Candy Heart eine kleine Nachricht." "Und was bedeutet die?", fragte Zizi mit erhobener Hand, das Herz hatte sie sich unter den anderen Arm geklemmt. "Das kann ich euch nicht sagen, es ist in der Sprache der Menschen eingraviert", antwortete Susu mit einem Lächeln, das Zizi angesichts der Situation als zu süß einstufte. "Was ist, wenn wir es falsch machen ... oder nicht schaffen?", fragte eine besonders kleine Fee zwei Schritte vor Zizi. "Ihr schafft es sicher. Seht euch um! Wir haben es alle einmal schaffen müssen", entgegnete Susu und unterstrich ihre Worte mit einem kleinen Flattern ihrer orangen Flügel. "Aber falls es jemandem nicht gelingt, dann bleibt derjenige für immer weiß. Genauso wie es Yaya dereinst getroffen hat." Daraufhin wurde es unendlich still unter dem Wurzeldach. Die umstehenden Feen, die nicht betroffen waren haben ihre Gespräche eingestellt, als Susu die Konsequenzen aussprach. Zizi begann zu zittern. Wie konnte das nur sein? Das durfte ihr nicht passieren! Sie war keinesfalls so stark wie Yaya, die auch farblos ein Blickfang war. Ihr stiegen Tränen in die Augen, die sie wütend und möglichst heimlich wegzuwischen versuchte. "Ihr habt bis in die Nacht Zeit, eure Aufgabe zu erfüllen. Ihr habt keine Einschränkung wie weit ihr fliegt, findet nur einen Menschen, egal ob magisch begabt oder nicht, der euch ein besonderes Bauchkribbeln macht", gab Susu noch einen letzten Tipp. Dann sprang sie vom Podest, hob ihren Korb auf und wandte sich ab. Einige der umstehenden Feen klatschten in die Hände und riefen den jungen Fee aufmunternde Worte zu. Zizi verstand nichts davon. Sie sank an Ort und Stelle auf die Knie, drückte das Zuckerherz an sich und war nur verzweifelt. Sie würde ihre regenbogenfarbenen Flügel nie wieder bekommen. Sie war viel zu ungeschickt, einem Menschen etwas unbemerkt zuzustecken. Plötzlich spürte sie eine Berührung an der Schulter und blickte auf. Sie kannte den Namen dieser Fee nicht, wusste aber anhand ihres farbigen Aussehens, dass sie schon älter sein musste. "Wein nicht, du hast genug Zeit für deine Mission." "Aber ... aber warum denn wir? Und warum heute?", schluchzte Zizi. Die Fee lächelte, kniete sich neben sie und umarmte sie mütterlich. "Jede Fee muss einmal durch diese Prüfung gehen, so wird der Fluch für die einzelne gebrochen." Zizi schniefte und sah sie weiterhin mit fragendem Blick an. "Zum Glück ist es heute, denn viele verliebte Menschen sind heute besonders einfach zu erkennen und strahlen viel Liebe aus. Heute ist ein Feiertag bei ihnen, er heißt Valentinstag. Für uns Feen ist es der Gedenktag an Yaya der Weißen." `Es ist also Yayas Todestag, denn danach ist der Fluch auf alle anderen Feen übergegangen´, kombinierte Zizi und fragte sich, ob sie in den vergangenen Nächten keine Träume, sondern Erscheinungen von Yaya gehabt hat. "Du wirst es schaffen, mach dich nur auf den Weg", sagte die andere Fee mit einem Schulterklopfen und ließ Zizi wieder alleine. Die legte das Herz kurz ab, um ihr zerzaustes Haar zu richten und ihr Gesicht von den Tränenresten zu säubern. Dann klemmte sie sich ihr Candy Heart wieder unter einen Arm und begab sich zum Ausgang. Die Welt war voller Menschen, da würde sie doch sicher einen finden, dem sie ihr kleines Geschenk geben konnte. Sie hob mit kräftigen Flügelschlägen ab und schlug sofort die Route zu einem nahegelegenen Menschendorf ein. Dort sollte es so viele Gelegenheiten geben, dass all ihre Gelege-Geschwister und sie erfolgreich ihre Zuckerherzen verschenken können. Doch Zizis Enthusiasmus verebbte genauso schnell, wie er gekommen war. Einige der Menschen deuteten auf sie, als sie knapp über ihren Köpfen hinweg flog, um das besondere Kribbeln im Bauch zu spüren und um den richtigen Menschen für ihr Zuckerherz zu finden. Zuerst hatte sie es aus größerer Höhe versucht, doch da hatte sie nichts außer eisigen Windböen gefühlt und musste eine Zwischenlandung unter einem Dachbalken machen, um sich wieder aufzuwärmen. Aber wenn die Menschen sie zu früh sahen, konnte sie ihnen das Herz auch nicht mehr zustecken. Enttäuscht suchte sich Zizi erneut ein Versteck, um sich dort zu erholen und eine neue Strategie zu entwickeln. Als sie es sich gerade bequem machte, sah sie zwei ihrer Geschwister kichernd vorbeizischen. Beide hatten keine Zuckerherzen mehr bei sich und wirkten überaus ausgelassen. Kurz darauf flog eine weitere Fee vorbei, die Zizi einen Augenblick musterte, ihr anschließend die Zunge entgegenstreckte und lachend ihren Weg fortsetzte. `Diese eifersüchtige Hummel! Ja, die würde sich freuen, wenn ich meine Flügelfarbe nicht zurückbekomme ... Aber das ist egal. Wenn, dann bin ich sowieso die Einzige, die es nicht schafft und dadurch wieder etwas Besonderes´, überlegte Zizi und versuchte damit auch ihre eigenen Zweifel beiseite zu schieben. Um nicht durch weitere, erfolgreiche Gelege-Geschwister abgelenkt zu werden, kroch Zizi tiefer in ihr Versteck zwischen den Holzbalken und konnte die Menschen, die unter ihr im Haus saßen, beobachten. Sie verspürte kein Kribbeln im Bauch, nur in der Nase und das kam wahrscheinlich von dem eigenartig strengen Geruch in dieser Behausung, als ob auch irgendwelche Tiere darin wären und ihren Gestank verströmten. Zizi schüttelte kurz den Kopf, um sich wieder zu konzentrieren. Vielleicht könnte sie einen von ihnen dazu bringen, ihr zumindest den Text von ihrem Zuckerherz vorzulesen. Obwohl ihr das wenig bringen würde, denn sie verstand die Sprache so oder so nicht und der Tonfall würde ihr wahrscheinlich auch keine Hilfe sein, denn etwas Böses konnte kaum auf dem Herzen stehen. Oder doch? Hat sie vielleicht absichtlich das letzte Herz bekommen, damit sie eines mit einer schlechten Nachricht überbringen muss und deshalb scheitern würde? `Mach dich nicht lächerlich. Du entsprichst schon fast dem Feen-Klischee. Wir sind nicht eitel, nur selbstbewusst gutaussehend. Mir würde auch Weiß als Farbe stehen, vielleicht würde ich genauso berühmt wie Yaya werden...´, verlor sich Zizi beinahe in ihren Gedanken, als sie plötzlich zusammenzuckte. Das war es doch, die Idee, die ihr gefehlt hatte! Sie sprang sofort auf, klemmte das Herz unter ihren linken Arm und huschte zum Ausgang. Wieso hatte sie nicht eher daran gedacht? Sie war weiß, ihre Flügel waren farblos - damit war sie in der Winterlandschaft so gut wie unsichtbar. Sie kehrte dem Dorf den Rücken zu. Sie wollte ihr Glück woanders versuchen. Hier gab es offensichtlich nicht so viele verliebte Menschen wie sie ursprünglich angenommen hatte, außerdem wusste sie nicht wie viel Zeit bereits verstrichen war und wie viele ihre Geschwister inzwischen erfolgreich heimgekehrt waren. Das konnte ihr auch egal sein, sie hatte ein Ziel vor Augen und durfte sich nur nicht ablenken lassen. Sie flog knapp über den Boden dahin und hielt angestrengt nach Menschen Ausschau. An so einem prachtvollen Tag sollten sie die Sonnenstrahlen genießen und, wenn es nach Zizis Geschmack ging, romantische Spaziergänge im Schnee machen. Während ihrer Suche begann es aber langsam zu schneien. Es waren nur vereinzelte Flocken, doch vielleicht schon genug um die Menschen in ihre Häuser zurückzutreiben. Dort wären sie deutlich schwieriger aufzusuchen, aber Zizi wollte sich nicht erneut selbst entmutigen. Stattdessen traute sie sich etwas höher zu fliegen um mehr Überblick zu haben, wo sie sich genau befand. Sie war beinahe wieder an ihrem Heimatbaum angelangt. Dort würde sie sicher keinen Menschen treffen, deshalb flog sie in die entgegengesetzte Richtung zu einer großen steinernen Behausung, wo sich viele junge Menschen aufhielten. Zizi hatte noch nicht gelernt, warum das so war, allerdings war das neben dem Dorf die zweite große Chance jemandem das Zuckerherz zu geben. `Tatsächlich! Da ist ja schon einer!´, dachte sie vergnügt, als sie einen Jungen auf den Stufen vor einem großen Eingang zum Steingebäude sitzen sah. `Aber warum hockt er alleine in der Kälte?´ Sie begab sich in einen Sinkflug und schlich sich so leise wie möglich, mit wenigen Flügelschlägen heran. Der Junge hatte den Kopf auf eine Hand gestützt und sah zu Boden. Er wirkte unglücklich, doch Zizi spürte überraschend wenig davon. Stattdessen fühlte sie sich, als ob sie am ganzen Körper gekitzelt werden würde, selbst ihre Flügelspitzen zuckten davon und ihr wurde unheimlich heiß. Die Wärme ging von ihrem Bauch aus und wenn sie sich genau konzentrierte, dann auch das Kribbeln auf ihrer Haut. Zizi landete im Schnee und ging die letzten Schritte, bis sie neben dem Jungen stand, der ganz in seine Gedanken vertieft war. Sie zuckte zusammen, als er plötzlich sprach. Hatte er sie entdeckt? Sie starrte erschrocken empor, aber seine Haltung war unverändert. Sie blickte umher, doch außer ihr war niemand hier. Vielleicht sprach er laut mit sich selbst, so wie sie oft nur ihre Gedanken hatte. Zizi trippelte ganz nah an ihn heran, nun könnte sie sogar seinen Umhang berühren, der über zwei Stufen hinabging. Doch das wollte sie nicht. Stattdessen schob sie das Zuckerherz langsam auf den Stoff, der direkt neben ihr lag. Wenn sich der Junge endlich bewegen oder sogar aufstehen würde, müsste er diesen Farbfleck doch bemerken. Zizi ging langsam wieder weg und versteckte sich am anderen Ende der Stufe. Ihr kam es vor, als ob sie schon ewig da stehen und warten würde, doch der Junge rührte sich noch immer nicht. `Vielleicht ist er eingefroren?´, fragte sie sich besorgt, als die Tür aufging und jemand heraus stürmte. Diese Person sah den Jungen am Ende der Treppe nicht und stolperte über ihn. "Uah!" "Au! Hey, was soll das?" Das Mädchen lag im Schnee, der Junge hielt sich den Rücken und war aufgestanden. "Es tut mir le- ... Scorpius?" "Rose?" Zizis Herz klopfte wie verrückt und sie fing wieder an zu zittern. Der Tonfall der beiden klang gar nicht gut, überhaupt nicht verliebt. Das war Streit. Damit war auch das Kribbeln plötzlich verschwunden. Das Mädchen stand inzwischen auf und klopfte sich den Schnee vom Umhang. "Was machst du hier?", fragte sie und musterte Scorpius von oben bis unten. Doch noch bevor er den Mund aufmachen konnte, stellte sie die nächste Frage. "Was ist denn das?" Sie bückte sich und hob das Zuckerherz auf. "Hug me", las sie laut vor und blickte den Jungen mit großen Augen an. "Ist das für mich? Hast du hier auf mich gewartet?" Der Junge sah verdutzt drein, aber nickte sofort. Das Mädchen steckte das Herz in den Mund, sprang auf ihn zu und umarmte ihn. Er schlang seine Arme ebenfalls um sie und auf einmal kippte Zizi von ihrem Aussichtsposten in den Schnee und musste schallend lachen. Wie bei einer Explosion überkam sie eine kribbelige, heiße Gefühlswelle und sie fühlte sich befreit und unendlich froh. Als Zizi sich beruhigt hatte und wieder aufstehen konnte, war bereits die Dunkelheit hereingebrochen. Das glücklich zusammengeführte Paar war nirgends zu sehen. Dafür konnten genaue Beobachter ein buntes Funkeln neben der Eingangstreppe einer berühmten Zauberschule entdecken.