Erzählt mir die Geschichte - -

[SIZE=20]Erzähl mir die Geschichte... [/SIZE]

Komm und setz dich zu mir rüber, komm und schenk dir noch mal ein. Lass uns noch mal die Tassen heben, lass uns noch ganz ruhig sein.

Der Mond war halb zu sehen, versteckte sich allerdings hinter den schwarzen Wolken. Ein siebzehn jähriger Junge betrat mit gesengtem Kopf das fast leere Gasthaus. Nur noch zwei weitere Gäste waren hier. Der eine, ein Mann mit mausgrauem Haar, einem sehr zerflickten Umhang und einem blassen Gesicht, winkte sich den Jungen an den Tisch. Langsam setzte er sich, nahm den Krug Butterbier mit einem dankenden Kopfnicken an und ließ den Blick auf den Tisch sinken. Er hatte es heute tatsächlich übers Herz gebracht, das alte Dorf Little Hangleton zu besuchen, sich den Ort genau anzusehen wo seine Eltern für immer bleiben würden. Er hatte die Ruinen ihres alten Hauses gefunden, den verwilderten Garten besichtigt und viel an seine Eltern gedacht. Der Wirt hinter der Theke säuberte gerade zum zehnten Male den gleichen Krug, der immer noch so aussah wie vor dem Putzen. Eine Dame stürzte gerade ihren letzten Whisky hinunter und verließ dann schwankend das Lokal. Auch Harry wollte das Lokal möglichst schnell wieder verlassen. Schnell trank er den letzten Schluck des wärmenden Butterbieres und bat Remus ihn doch noch ein Stück zu begleiten.

Es wird allmählich kühl hier draußen, du hast die Jacke zugemacht. Die Stadt träumt vorsichtig vom Sommer in dieser frühen Juninacht.

Harry hatte sich eine kleine Wohnung hier gemietet, doch er wollte noch nicht zurückkehren, noch nicht wieder an alle noch bevorstehenden Aufgaben denken, oder sogar Pläne schmieden. Heute, hier und jetzt, wollte er nur an seine Eltern denken. Und wer war hierfür besser geeignet als Remus, der die beiden so lange miterleben durfte, der lange Zeit mit den beiden auf die Schule für Hexerei und Zauberei gehen durfte. Er ging auf das, von Eberköpfen flankierte Tor zu, schlurfte den Weg zu eben dieser Schule hinauf. Remus folgt ihm, er kannte das Gefühl die alte Schule zu vermissen und einfach noch einmal zurück zu kommen. Oft war er während den Ferien hier her gekommen, war stundenlang auf dem Gelände herumspaziert oder hatte einfach nur Hagrid besucht.

Erzähl mir die Geschichte von einer Frau und einem Mann und dem Tag als sie sich trafen. Erzähl mir die Geschichte, erzähl sie mir von Anfang an.

Die beiden hatten den See erreicht, setzten sich auf einen der kühlen Steine am Ufer. Remus nahm ein paar Steinchen in die Hand und ließ sie auf dem Wasser gleiten. "Remus, weißt du wie meine Eltern zusammen gekommen sind? Ich habe nur gesehen, wie sie sich in ihrem fünften Jahr nicht sehr gemocht haben. Und Sirius hat mir damals nur erzählt, dass sie irgendwann anfingen auszugehen. Nur wie hat James das geschafft? Im Denkarium schien es so, als würde Lily ihn richtig hassen." Wie lange hatte er auf einen solchen Moment gewartet. Oft hatte er es bereits vorgehabt nachzufragen, doch all die schrecklichen Ereignisse, der Tod von Sirius, die Wahrheit über Severus Snape und natürlich auch der Verlust von Dumbledore hatten diese Neugierde immer weiter in den Hintergrund gerückt.

Erzähl mir wie, als sie sich trafen ein Regenguss vom Himmel fiel und wie die zwei das gar nicht merkten und weiter liefen ohne Ziel.

"Wie genau es James geschafft hat Lily aus dem Schloss zu locken, weiß ich nicht. Er wollte sie draußen überraschen, es war ihr Geburtstag. Später hat er mir erzählt, dass Lily dann anfing zu weinen, du musst wissen, dass kurz davor ihre Mutter gestorben ist. Er hat sie in seine Arme genommen und getröstet..." [COLOR=blue]Das rote Haar lag seidig glänzend auf seiner Schulter, sie zitterte leicht. Eigentlich hatte er sich eine fröhlichere Lily vorgestellt, eine die in anlächelte, eine die sich über die Überraschung freute. Vorsichtig strich er ihr über den Kopf, das Mondlicht erhellte den See und die tief liegenden Wolken verdeckten ihn nicht mehr. "Es tut mir Leid.", schluchzte sie, "Du denkst jetzt sicher ‚kann sie nicht wenigstens jetzt aufhören zu heulen’." Sie schaute hoch in seine tiefbraunen Augen, eine einzelne Träne sickerte in ihren Schal. Eine zweite kroch langsam über ihre zarten Wangen. Er hob seine Hand und wischte sie weg. "Nein, ich kann dich verstehen, jeder würde traurig sein." Ein kalter Wind kam auf und es fing leise an zu regnen, doch die beiden wollten nicht zurück in das warme Schloss, nicht zurück zu den anderen Schülern, die freudig die Sommerferien erwarteten. Lily nahm ihn bei der Hand und lief langsam um den See, immer wieder blieb sie stehen und blickte ihn lange und durchdringlich an. Sie waren ganz still, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken, aber das Zusammensein stärkte Lily sehr. Sie hatte keine Tränen mehr in den Augen. Und auch ihre Schritte wurden wieder größer und mutiger. [/COLOR]

Sie sprachen nass bis auf die Socken und kamen einfach nicht zum Schluss bis sich die Lippen plötzlich trafen in einem unglaublichen Kuss.

[COLOR=blue]Nach einer Zeit begannen sie zu reden, James erzählte ihr seinen ersten Tag, ganz besonders schilderte er die ersten Zusammentreffen mit ihr. Sie lächelte, wie hatte sie ihn nur verachten können, so süß wie er jetzt war. Dann begann sie von ihrer Familie zu reden und bald rannen ihr wieder die Tränen über das nasse Gesicht. Sie hing wirklich sehr an ihrer Mutter. James begann ihren dünnen, zarten Hals zu streicheln, ihr rotes Haar hing jetzt tropfend nass auf ihrem Umhang. Wie schön ihre Augen waren, so leuchtend, selbst wenn sie weinte strahlten sie noch. Ihre Stimme versiegte, ihr Blick blieb auf ihm ruhen. Langsam beugte er sich zu ihr runter und die nassen Lippen trafen sich. Ein Kribbeln ging durch seinen kalten Körper, wie ein Feuerwerk explodierten seine Gefühle. Nichts würde sie jetzt auseinander bringen. Sie schloss die Augen und ließ sich wieder auf seine nun nassen Schultern sinken. Er legte vorsichtig seinen Kopf auf ihren.[/COLOR]

Erzähl mir die Geschichte, von einem Mann und einer Frau, die auch noch nach Jahren glücklich waren. Erzähl mir die Geschichte, erzähl mir alles ganz genau.

Remus sah Harry lange an. Beide schwiegen sie, schwelgten in ihren Gedanken, in ihren Erinnerungen. Wieder einmal sah Remus in Harry seinen früheren Freund, James. Wieder einmal war ihm gerade jetzt so bewusst, dass es der Sohn dieser beiden so bedeutenden Zauberer war. Wie er dasitzt, mit der Last der vergangenen Jahre auf seinen Schultern. Mit der Trauer um so viele gute Menschen in seinem Herzen und mit so wenig Erinnerung an glückliche Tage, an glückliche Menschen, an glückliche Zeiten...

Und von den tausenden Momenten, in denen sie sich ganz und gar nicht eng und nah genug sein konnten. Erzähl mir alles wie es war.

[COLOR=blue]Prüfungen, leises Geraschel der vielen Pergamente auf den Tischen. `Ich muss meine Gedanken jetzt auf das Blatt vor mir lenken und nicht auf die Person vor mir´, versuchte James sich stumm einzureden. Doch was kümmerten ihn die vielen Zahlen auf dem Pergament, was kümmerten in die Noten die er später für diesen Wisch mit Tinte bekleckst bekommen würde, wenn doch Lily vor ihm saß. Er beobachtete das rote, leuchtende Haar, das in der Sonne hin und her schüttelte. Nur noch eine Woche würden sie zusammen sein können, dann würden beide wieder in verschiedene Richtungen vom Gleis 9 3/4 gehen. Lily zu ihren Verwandten, zu ihrem Vater und ihrer Schwester. Er hingegen mit Sirius zu seinen Eltern und vielleicht schon bald wo anders hin. "Noch zehn Minuten", hörte er die quiekende Stimme von Prof. Flitwick durch die Große Halle rufen. Noch zehn Minuten...[/COLOR]

Erzähl mir die Geschichte von diesen beiden und der Zeit in der sie wie auf Wolken schwebten. Erzähl mit die Geschichte mit jeder kleinsten Kleinigkeit.

[COLOR=blue]Die Glocken läuteten, hell und fröhlich, wie es in diesen Tagen nur sehr selten war. Lily, in feinem Weiß gewandet und mit kleinen Vergissmeinnichtblüten im Haar strahlte übers ganze Gesicht. Neben ihr James, in einem Anzug, der so gar nicht zu ihm passte, das Grinsen in sein Gesicht fast eingebrannt. Remus und Sirius standen an der Seite, fröhlich das sie so etwas miterleben durften. Wie James dastand, das Glück fast aus seinem Körper herausplatzend, Lily an der Hand und einen blitzenden Ring um den Finger. Diese Sekunde, voller Glück, voller Freude würde eine der wenigen sein, die Harry später zu Gesicht bekommen würde. Doch davon wussten die beiden noch nichts, von all dem Leid, hatten sie bis jetzt noch nicht sehr viel mitbekommen. Ein Kuss, der Applaus der Zuschauer, eine weiße Kutsche gezogen von zwei Hippogreifen, das letzte Foto... [/COLOR]

Es wird allmählich kühl hier draußen, bleib doch noch ein wenig hier. Die Stadt träumt vorsichtig vom Sommer und diese beiden waren hier.

Eine kleine Träne kullerte aus seinen grünen Augen die Wage hinab. Wie sehr er seine Eltern vermisste, wie sehr er Sirius vermisste. Ein kühler Windhauch strich über sein Gesicht, es fing langsam an zu tröpfeln. Remus hatte seinen Umhang wieder zugeknöpft und starrte auf die schwarze Oberfläche des Sees. "Sie alle sind immer noch bei uns, tief in unseren Herzen werden sie für ewig leben."