Der etwas andere Fahrende Ritter - -
Eines Tages kam EULE aufgeregt angelaufen. Sie stand völlig außer Puste vor dem Wahrsageraum, in dem ich Unterricht hatte. Ich fragte sie, was denn los sei. Es dauerte eine Zeit, bis sie wieder Luft zum Reden hatte. „Oma hat sich gemeldet und uns zum Kaffee eingeladen. Sie hat eine Überraschung für uns“, stammelte sie. Ich freute mich sehr. Ich war gerne bei meiner Oma, fragte mich aber, was wohl diese Überraschung wäre. EULE war genauso neugierig zu erfahren, was ihre Mutter wohl geplant hatte und wir spekulierten herum. Aber auf das, was folgen sollte, wären wir nie gekommen. Nach einigen Tagen voller Spannung und Aufregung war es soweit. Oma hatte den Tisch schön gedeckt und der Kaffeeduft erfüllte die Wohnung. Wir aßen leckeren Kuchen und warteten gespannt. Oma konnte es aber auch spannend machen. Sie sagte die ganze Zeit nichts über die Überraschung, was die Spannung nur noch mehr steigerte. „Wir machen eine Fahrt ins Blaue“, sagte sie plötzlich und wir stutzten. „Eine Fahrt ins Blaue?“, fragte EULE unsicher nach. Oma nickte und lächelte. „Nehmt Sachen zum Übernachten mit und seid pünktlich da“, antwortete sie. Dann erzählte sie uns, wann es losgehen sollte, aber nicht wohin und wie wir verreisen würden. Wir blieben noch einige Zeit, aber aus Oma war nichts weiter heraus zu bekommen. Sie meinte nur, dass sie ähnliche Reisen schon öfter gemacht hatte. Endlich war es soweit. Am nächsten Tag sollte es sehr früh losgehen, doch wir konnten nicht schlafen und saßen noch lange in der Bibliothek zusammen. Wir brüteten über einigen Hausaufgaben und unterhielten uns dabei. Wir konnten uns kaum konzentrieren, so angespannt waren wir. Plötzlich kam eine kleine Eule angeflogen und setzte sich mitten auf EULEs Pergament. Sie wollte gerade anfangen zu schreiben und bekam einen ganz schönen Schrecken. EULE machte den kleinen Zettel vom Fuß der Eule ab, gab ihr einen Keks und sah auf den Brief. „Hey, hey Struppi“ stand vorne drauf und darunter „von Curunir“. „Hmm, mit Struppi kann ich ja was anfangen, aber wer ist denn Curunir?“, fragte sie mich neugierig. „Keine Ahnung“, antwortete ich, „du hast doch den Brief bekommen.“ Ich musste unwillkürlich lachen. Die kleine Eule wartete ungeduldig. Sie wollte los fliegen, konnte das aber ohne EULEs Antwort nicht. EULE öffnete den Brief und plötzlich schrie sie: „Das gibt es nicht. Das ist ja eine Überraschung.“ „Was ist los?“, fragte ich und auch meine Neugierde wurde immer größer. „Das gibt es nicht!“, rief EULE immer wieder aus. Mittlerweile schauten uns die anderen Schüler böse an, denn für die Bibliothek waren wir viel zu laut und auch Madam Pince sah mit gerunzelter Stirn zu uns rüber. „Psst“, sagte ich leise. „Was ist denn nun los?“, fragte ich ungeduldig nach, denn ich platzte mittlerweile vor Neugierde. „Curunir ist mein Arbeitskollege. Du kennst ihn“, antwortete EULE belustigt und sie klärte mich komplett auf. Ich freute mich sehr, dass Curunir nun auch in Hogwarts war und EULE schickte eine Antwort zurück. Anstatt ins Bett zu gehen, flog die kleine Eule nur so hin und her und Curunir war begeistert, wie toll seine Überraschung geklappt hat. Viel später als erwartet kamen wir ins Bett. Ich dachte noch an die kleine Eule, die heute wohl so oft geflogen ist, wie noch nie in ihrem Leben. Mit dem Gedanken an die bevorstehende Reise schlief ich endlich ein. Nachdem wir am Samstagmorgen in aller Frühe meine Oma mit dem Auto abgeholt hatten, fuhren wir auf einen großen Parkplatz. „Boah, ein Fahrender Ritter“, staunte ich. „Nein das ist kein Fahrender Ritter“, antwortete Oma und lachte. „Das sind alles Muggel, die da stehen, also denkt dran!“, ermahnte sie uns noch. Sie kannte uns viel zu gut und wusste, dass wir immer versucht waren, unsere Zauberstäbe zu benutzen, wenn etwas nicht so klappen wollte. Viele Muggel luden ihre Taschen ab und stiegen gutgelaunt in den Fahrenden Ritter ein. „So“, sagte meine Oma, „bringt eure Taschen zu dem Fahrer dort und dann steigen wir auch ein.“ Wir waren überwältigt, denn mit dem Fahrenden Ritter waren wir noch nie gefahren. Wir stellten uns vor, dass er auch so durch die Straßen sauste und fragten uns, wo denn unser Bett sein sollte. Meine Oma lachte: „Nein, dieser Bus, so heißen die Fahrenden Ritter der Muggel, fährt wie ein ganz normales Auto auf der Straße und ein Bett gibt es hier auch nicht.“ Autos kannten wir ja schon, aber der Bus war viieeel größer und es hatten auch viel mehr Leute darin Platz. Der Fahrer des Busses begrüßte uns herzlich und zeigte auf die Plätze hinter ihm. „Hier könnt Ihr euch hinsetzen“, meinte er. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen, denn es waren die besten Plätze im Bus. Wir konnten über seinen Kopf hinweg auf die Straße sehen und hatten einen wunderbaren Blick auf die Landschaft rundherum, weil die Scheiben so groß und breit waren. „Wohin geht es denn?“, fragte EULE meine Oma. Sie zuckte mit den Schultern. Sie gestand, dass sie es selbst nicht wusste. „Das ist ja das Tolle an einer Fahrt ins Blaue“, sagte Oma schließlich, „man erfährt nicht, wohin es geht. Es ist eine Überraschung, aber die Reiseleiterin wird uns bestimmt bald aufklären.“ Wir waren sehr aufgeregt und schauten erwartungsvoll auf die Reisebegleiterin, die einen Stab mit einer Kugel oben drauf in die Hand nahm. Sie schaute sich das Gerät an und pustete hinein. Es gab ein lautes Geräusch von sich und ich war ein wenig erschrocken. Die Reiseleiterin wartete, bis alle saßen und sprach in die Kugel hinein. Ihre Stimme war plötzlich so laut wie bei einem Sonorus-Zauber. „Das ist ein Mikrofon“, flüsterte Oma uns zu. „Ahhh“, kam es gleichzeitig aus EULEs und meinem Mund. Die Dame sah sehr nett und freundlich aus. Auch sie war, wie alle Reisenden, gut gelaunt und freute sich auf diesen Ausflug. Als sie das Programm vorlas, waren wir platt. Es sollte ein Sektfrühstück auf einem großen Parkplatz geben und während der Fahrt würden sie uns mit Süßigkeiten und Getränken verwöhnen. Am Zielort könnten wir in Ruhe den Ort besuchen oder uns für den Abend ausruhen. Denn da war ein großes Fest geplant mit Tanz und gutem Essen. Außerdem würden noch drei weitere Busse mitfahren. Wir staunten. Das war ja ein tolles Programm. Aber es blieb noch die Frage: Wohin??? Endlich lüftete die Dame das Geheimnis: „Wir fahren nach Bernkastel-Kues.“ Es gab ein großes „Oh“ und „Ah“ im Bus und alle waren begeistert. Na ja, Bernkastel-Kues war uns natürlich kein Begriff, aber eine Mitreisende erzählte meiner Oma ausführlich, dass sie schon einmal dort war und wie schön es da wäre. Vor allem der Moselwein wäre lecker und sehr bekömmlich. So bekamen wir einen kleinen Einblick, was uns aber nicht wirklich weiterhalf. Wir beschlossen, uns treiben zu lassen und diese Reise zu genießen. Nach einer längeren Fahrt verließen wir die Muggelautobahn und parkten auf einem großen Platz. Die anderen Busse waren schon da und mit unserem bildeten sie ein großes Viereck, eine sogenannte „Wagenburg“. Auf den freien Platz innerhalb dieses Vierecks wurden Tische und Bänke aufgebaut und Kisten mit Sekt und Saft, sowie Kannen mit Kaffee bereitgestellt, die alle im Bus verstaut gewesen waren. Aber wie hatte das alles ohne Zauber da rein gepasst? Das musste ich erst einmal prüfen und sah, dass hier kein Zauber am Werk war, sondern einfach unter unseren Sitzbänken, in einem freien Raum, reichlich Platz für all diese Dinge war. Aus einer anderen Luke der Busse holten die Reiseleiter große Tabletts mit belegten Brötchen heraus und stellten sie auf die Tische. Der Kaffeeduft stieg uns in die Nase und uns lief das Wasser im Mund zusammen, denn wir hatten mittlerweile Hunger bekommen. Zunächst aber mussten wir zur Toilette und wir machten uns auf den Weg in das Toilettengebäude. Man musste ein Geldstück in einen Automaten werfen und konnte dann durch ein Drehkreuz in den Toilettenraum gehen. Das klappt auch ganz gut, weil wir erst mal viele Muggel vorließen und uns anschauten, wie sie das machten. Wir wollten uns ja schließlich nicht blamieren. Nachdem auch meine Oma von der Toilette gekommen war, sind wir zum Waschbecken gegangen. EULE hatte die Hände voll, da sie unsere Taschen und Jacken festgehalten hatte, die wir nicht mit in den Toilettenraum nehmen wollten. Sie stellte eine Handtasche in ein Waschbecken, das nicht benutzt wurde. Plötzlich ergoss sich ein großer Wasserstrahl über die Tasche und ihre Hand. Erschrocken wich EULE zurück. Sie hatte beim Zugreifen den Wasserstrahl aktiviert. Wir mussten lachen, denn es sah zu komisch aus, wie EULE einen Sprung nach hinten machte, um dem Wasser auszuweichen. Wer weiß, welcher Zauber dahintersteckte. Wir wunderten uns, wie das passieren konnte, denn ein Griff war nicht zu sehen. Muggel können scheinbar doch zaubern! Doch dann sah ich einen schwarzen Fleck am Wasserhahn, und wenn man dort die Hand vorhielt, kam das Wasser heraus. Das war eine ganz tolle Muggeltechnik. Natürlich mussten wir das ausgiebig testen. Wer wusste schon, wann wir so etwas wieder zu sehen bekommen. Nach unserer Rückkehr zum Bus setzte sich meine Oma hinein, da sie nicht so lange stehen konnte. Außerdem war es draußen viel zu kalt, wenn auch trocken. EULE besorgte die Brötchen, ich holte den Kaffee für uns alle. Das klappte prima, denn in solchen Sachen sind wir mittlerweile ein eingespieltes Team. Wir frühstückten gemeinsam und fanden den bisherigen Verlauf der Reise sehr vielversprechend. Natürlich ließen wir uns den Sekt nicht entgehen und tranken sogar mehr als ein Glas. Während der Weiterfahrt in Richtung Bernkastel-Kues ging die Reiseleiterin durch den Bus und verteilte Süßigkeiten. Da gab es Schokolade, Bonbons oder auch Kekse. Jeder konnte nehmen, was er wollte. Sie wurde von ihrem Sohn unterstützt, der dann die „harten Sachen“ austeilte. So nannten die Muggelmänner Schnaps, Likör oder Bier. Diese Getränke hatten viel Alkohol und konnten, wenn man zu viel davon trank, die Sinne verwirren. Wir ließen uns von der guten Stimmung im Bus anstecken und tranken auch das ein oder andere Gläschen Likör. Auch das Bier wurde probiert. Es schmeckte ganz anders und war mit unserem Butterbier nicht zu vergleichen. Als wir müde wurden, dösten wir ein wenig vor uns hin, bis wir dann am frühen Nachmittag in Bernkastel-Kues ankamen. Wir warteten, bis die Reiseleiterin die Zimmerschlüssel verteilt hatte und gingen dann in das Hotel. Auf dem Weg zum Zimmer sahen wir am Restaurant ein Schild: „Heute ein Kännchen Kaffee und ein Stück Kuchen nach Wahl für 5 Euro“. Nachdem wir die Taschen ausgepackt hatten, gingen EULE und ich ins Restaurant, um das Kuchen-Sonderangebot wahrzunehmen. Die lange Reise hat uns müde gemacht und wir sehnten uns nach einer guten Tasse Kaffee. Wir bestellten jeder eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen und ließen es uns schmecken. Wie staunten wir aber, als die Bedienung nur 7 Euro statt 10 verlangte. Ein Blick auf das besagte Schild klärte uns auf: Das Angebot galt für ein Kännchen Kaffee und wir hatten jeder lediglich eine Tasse Kaffee bestellt. Das kommt davon, wenn man Schilder nicht richtig liest. Gegen Abend gingen wir gemeinsam in den großen Saal, der sich im Untergeschoss des Hotels befand. Dort sollte der gemütliche Teil der Reise stattfinden. Die Tische waren sehr schön gedeckt und auf jedem Platz stand ein Minifläschchen Likör und eine Tüte Nudeln in Form eines Busses. Wir haben uns sehr darüber gefreut. Nach einer Ansprache der Reiseleitung konnten wir endlich an das Buffet und wir bewunderten, was da an leckeren Gerichten zur Auswahl stand. Es gab so viele Sorten Fleisch, Fisch, Gemüse, Salat, Nudeln, Kartoffeln und Reis, das man sich kaum entscheiden konnte. „Boah“, flüsterte ich EULE zu, „das ist ja eine Menge.“ „Ja“, meinte EULE, während sie zu einem großen Stück Fleisch griff, „ich glaube nicht, dass die Muggel das allein geschafft haben. Da haben wir Hexen ja schon Schwierigkeiten, so viele verschiedene Sachen gleichzeitig auf den Tisch zu bringen.“ „In Hogwarts bereiten viele Hauselfen das Essen zu und das hier ist bestimmt noch mehr“, bestätigte ich nickend und konnte mich bei dieser riesigen Auswahl kaum entscheiden. Vorsichtig schauten wir uns um, weil wir irgendwo Elfen oder andere Helfer vermuteten. Und richtig: Aus einem großen Raum kamen Muggel in weißer Kleidung, die sich an das Buffet stellten und uns erklärten, welche Fleisch- und Fischsorten dort bereit standen. Das waren also die fleißigen Helfer. Ich musste leise kichern, als ich EULEs erstauntes Gesicht sah. Sie hatte richtig große Augen gemacht, als die Helfer aus dem anderen Raum kamen. Nach dem Essen wurde dann das restliche Buffet abgebaut. Oma meinte, das wäre komisch, denn sonst gäbe es immer noch Nachtisch. „Na, heute vielleicht nicht“, dachten wir und waren ein wenig enttäuscht, denn für Süßes waren wir immer zu haben. Plötzlich ging im Saal das Licht aus und im Raum wurde es stockdunkel. Wir erschraken. Was war geschehen? Was passierte jetzt? Ich zückte meinen Zauberstab und wollte gerade „Lumos“ sagen, als EULE ihre Hand auf meiner hielt und den Kopf schüttelte. „AUTSCH“, rief ich plötzlich, „OMA!“ Ich schaute sie entsetzt an. Sie beugte sich zu mir rüber und sagte lächelnd: „Du sollst doch nicht zaubern. Also pack den Stab weg!“ Sie kannte mich eben viel zu gut und recht hatte sie zudem. Die Saaltüren wurden geöffnet und die Muggel, die uns vorher beim Buffet so nett bedient hatten, kamen herein. Sie trugen große Tabletts mit allerlei Köstlichkeiten, die durch brennende Kerzen erleuchtet wurden. Das sah sehr schön aus und alle klatschten begeistert zur Musik. Nachdem die Tabletts abgestellt waren, konnten wir dann unseren langersehnten Nachtisch zu uns nehmen. Im Laufe des Abends unterhielten wir uns sehr nett mit den Tischnachbarn und dankten meiner Oma für dieses wunderbare Erlebnis. Wir waren fasziniert von dem, was die Muggel da veranstalteten. Es war gemütlich und wir vergaßen fast, dass wir Hexen waren. Da ahnte ich ja noch nicht, was mir bevorstand. Als ich von der Toilette kam und die Richtung zu meinem Platz eingeschlagen hatte, hielt mich ein Muggel am Arm fest. „Komm mal mit“, sagte er zu mir und bevor ich reagieren konnte, zog er mich quer durch den Saal hinter einen Vorhang und von dort aus in einen kleinen Raum. Dort gab es viele Muggeldinge zu bewundern, doch leider ließ mir der Mann, der mich hinter die Bühne gezogen hatte, keine Zeit dafür. Er drückte mir ein blaues Hemd mit zwei weißen Streifen am Kragen in die Hand. Ich schaute es mir genauer an und versuchte, mich da hineinzuzwängen. Doch der Ausschnitt war recht eng und man musste mir beim Anziehen helfen. Die anderen Muggel im Raum waren bis auf zwei Frauen und zwei Männern auch alle in diesem Hemd gekleidet. Man gab mir noch die passende Mütze und wir bekamen unsere Anweisungen, wie unser Auftritt zu verlaufen hatte. „Auftritt?“, dachte ich erschrocken, „ich soll vor all den Muggeln singen?“ Ich riss die Augen auf und bekam Panik. Am liebsten wäre ich davon gelaufen, doch dafür war es schon zu spät. Ich hörte, wie ein Mann uns ankündigte: „Und hier, extra für euch aus Bremen angereist, DER BREMER SHANTY-CHOR.“ Die Musik begann und wir – fünf Männer und fünf Frauen - betraten in reih und Glied und nach Geschlecht geordnet die Bühne. Als Erstes sangen wir: „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins.“ Ich kannte das Lied nicht und bewegte nur die Lippen. Ich hoffte, dass es nicht auffiel, aber es gab ja nun kein zurück mehr. Das Publikum machte gut mit und als wir „An der Nordseeküste“ sangen, hatten wir die Muggel „in der Tasche“. Das sagen die Muggel immer, wenn eine Darbietung ihnen besonders gut gefallen hat. Das Publikum raste und kannte kein Halten mehr. Alle sangen und klatschten mit. Unser letztes Lied war „Wir lagen vor Madagaskar“ und als die Stelle kam, an der man „Ahoi, kleines Madel …“ singen musste, gingen die Männer rechts die Treppe hoch und die Frauen nach links. Es war zwar andersherum geplant, aber wir hatten uns vertan, was aber der Wirkung auf das Publikum keinen Abbruch tat. Oben kreuzten sich unsere Wege und wir gingen die Treppen auf der anderen Seite wieder hinunter. Dabei schwangen wir unsere Mützen. Es gab tosenden Applaus und auch Zugabe-Rufe, als wir wieder hinter der Bühne verschwanden. Dort machten sich andere für ihren Auftritt bereit und wir konnten uns in Ruhe wieder umziehen. Ich war sehr froh, als alles vorbei war. Aber es hat auch sehr viel Spaß gemacht. Später haben Oma und EULE gesagt, ich hätte ganz toll ausgesehen und mitgemacht und der Vortrag wäre bei allen gut angekommen. Zu später Stunde fielen wir dann in die Betten und schliefen tief und fest, bis am Sonntagmorgen der Wecker klingelte. Denn auch heute gab es ein umfangreiches Programm zu bewältigen. Wir hatten die Wahl zwischen einer Bootsfahrt auf der Mosel - Ende November, bei der Kälte! - und einem Aufenthalt in Bernkastel-Kues zur eigenen Gestaltung. Wir entschieden uns für den Besuch des kleinen Weinortes. Nach dem Frühstück schlenderten wir durch die Gassen auf der Suche nach dem Weihnachtsmarkt, der groß auf Plakaten angekündigt wurde. „Weihnachtsmarkt? Was soll das sein?“, fragte EULE verwundert. Voller Spannung suchten wir alles ab, was nicht muggelnormal aussah und hatten dadurch keinen Blick für die wunderschönen alten und restaurierten Häuser. Aber soviel wir auch liefen, wir konnten den Weihnachtsmarkt nicht finden. Entmutigt und durchgefroren setzten wir uns in ein Café und tranken eine heiße Tasse Tee. Auf unsere Frage, wo denn der Weihnachtsmarkt stattfinden würde, sagte die Bedienung: „Das ist ganz einfach. Sie gehen an der Kirche rechts in die Straße und dann sehen sie ihn schon.“ Aha! Wir marschierten also los, als EULE vor einem Geschäft stehen blieb und ausrief: „Guckt mal. Ach, wie süß.“ Sie hatte eine kleine Eulenfigur entdeckt, die wirklich sehr hübsch anzusehen war. Da aber Sonntag war, musste sie unverrichteter Dinge weitergehen und ihre Eulensammlung musste auf dieses gute Stück verzichten. Als wir endlich den Weihnachtsmarkt gefunden hatten, stellten wir fest, dass wir bei unserem Spaziergang eine Straße zu früh eingebogen waren. Überall standen weihnachtlich geschmückte Holzbuden, in denen Muggel Spielsachen, Kunstgegenstände, Schmuck oder auch Delikatessen verkauften. Uns interessierten aber der Würstchenstand, der Glühweinstand und der Waffelstand viel mehr. Wir probierten hier und da und waren lange über den ganzen Markt gelaufen. Es hat uns sehr gut gefallen, wie die Muggel sich auf ihr Weihnachtsfest vorbereiten. In Hogwarts haben wir ja nur den Weihnachtsabend und dann ist alles schon wieder vorbei. Zwischenzeitlich wurde es auch Zeit, wieder zum Treffpunkt zu laufen, wo wir mit dem Bus weiter Richtung Heimat fahren wollten. Als wir auf dem Parkplatz ankamen, stellten wir verdutzt fest, dass der Bus nicht da war. Wir schauten uns verblüfft an, aber wir waren wirklich am Treffpunkt. Also warteten wir. Aus dem nahegelegenen Café strömte verführerischer Waffelduft, dem wir nicht widerstehen konnten. EULE holte für jeden eine große Waffel, die wir mit Genuss aßen. Mittlerweile war auch der Bus angekommen. Es stellte sich heraus, dass ein Fahrgast seinen Zimmerschlüssel nicht im Hotel abgegeben hatte und der Fahrer deshalb noch mal zurückfahren musste. Was für ein Aufwand: ein riesengroßer Bus für einen kleinen Schlüssel. Das hätte man mit einem kleinen Zauber viel schneller erledigen können, aber wir durften ja nicht. Während der Rückfahrt holte ein Muggel seine Gitarre heraus und stimmte Lieder an, die viele andere Muggel mitsangen. Es war eine tolle, gelöste Stimmung und alle waren mit der Fahrt rundherum zufrieden. Wir kamen erst spät am Abend wieder im Heimatort an. Nachdem wir meine Oma an ihrer Wohnung abgesetzt hatten, fuhr ich noch EULE nach Hause. Wir waren uns einig, dass wir eine solche Reise gern wiederholen möchten. Fazit: Der „Fahrende Ritter“ der Muggel bietet viel mehr als der aus der Zauberwelt.