Prolog – „Im Namen der Zauberer - Gesellschaft ergeht folgendes Urteil ...“ - -
„Hiermit eröffne ich die Anhörung von Herbert zu Mauszahn. Er wurde zu unserer Enttäuschung von einem Muggel-Ehepaar dabei beobachtet, wie er aus einer Seitenstraße urplötzlich verschwand. Sie alle wissen, was gemeint ist. Herr von Mauszahn apparierte vor den Augen nichtmagischer Personen.“ Die Geschworenen schnappten hörbar nach Luft und das Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen. Einige wisperten mit ihren Nachbarn und schüttelten die Köpfe. Der Richter räusperte sich, um sich Ruhe zu verschaffen. „Bitte, bitte! Wir sind alle von diesem schrecklichen Ereignis geschockt und wie Sie, werte Geschworene, den vor Ihnen liegen Pergamentrollen entnehmen können, ist dies Heribert zu Mauszahn schon des Öfteren passiert.“ Erneut entbrannte Gemurmel. „Doch dies wird hier heute besprochen und wir werden ein angemessenes Urteil treffen. Zunächst einmal bitte ich den Angeklagten, Stellung zu der Anklage zu beziehen.“ Heribert zu Mauszahn räusperte sich und zupfte sein Sakko zurecht. Er sah ziemlich betreten drein und versuchte durch mehrmaliges Räuspern den Kloß in seinem Hals loszuwerden. „Nun ja, Euer Ehren, ich weiß nicht genau, wie ich anfangen soll, wissen Sie … es war einfach nur … schrecklich. Stellen Sie sich vor, am Morgen des 16.05.2012 wollte ich, wie jeden Morgen, in das Ministerium apparieren. Allerdings muss mir dabei ein Fehler unterlaufen sein, denn ich kann mir nicht erklären, wie ich schon wieder einmal dabei gesehen werden konnte. Ich hatte mich extra mehrmals umgesehen und die Straße war menschenleer.“ „Haben Sie denn auch die Wohnhäuser im Auge gehabt?“, wollte der Richter wissen. Wieder hüllte sich Heribert in verlegenes Schweigen. Resigniert senkte er den Kopf. „Ich bitte die Geschworenen zu beachten, dass der Angeklagte auf die Frage keine Antwort gegeben hat“, stellte der Richter fest. Er fuhr mit seiner Ansprache fort: „Herr zu Mauszahn, ich fasse zusammen: Sie haben nicht auf die umliegenden Wohnhäuser geachtet und die Gefahr auf sich genommen, nichtmagischen Personen die Existenz unserer Kultur zu offenbaren. Ebenfalls wissen Sie, dass Ihnen dieser Fehler nicht das erste Mal unterlaufen ist. Regelmäßig mussten Mitarbeiter der Vergissmich-Zentrale ihre Fehler ausbügeln. Doch das Urteil müssen Sie ...“, der Richter wandte sich an die Geschworenen, „... abwägen.“ Die Angesprochenen raschelten geräuschvoll mit den vor ihnen liegenden Pergamentrollen und ihren großen schwarzen Roben, als sie die Seiten zusammenschoben und Anstalten machten, sich zu erheben. Einer der Zauberer erhob das Wort: „Wir, die Geschworenen, werden uns jetzt für einige Minuten zurückziehen und entsprechend der Anklage ein Urteil fällen.“ Seine tiefe Baritonstimme halte volltönend durch den Kellerraum, in dem die Verhandlung abgehalten wurde. „Ich bitte Sie, Euer Ehren, sowie den Angeklagten sich ein wenig zu gedulden.“ Die Geschworenen erhoben sich und verließen füßescharrend durch eine Seitentür den Gerichtssaal. Heribert zu Mauszahn rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, den Kopf tief eingezogen zwischen den Schultern. Sein schlechtes Gewissen nagte an ihm, denn er fürchtete, dass das Urteil sich sehr stark auf seinen Alltag auswirken würde. Es war doch wirklich nicht seine Absicht gewesen, Muggel zu verängstigen und seine Schusseligkeit würde sich heute wirklich auszahlen – im negativsten Sinne. Er erhob sich rasch, als die Geschworenen unter lautstarkem Robengeraschel wieder in den Raum traten. Jetzt ging es um die Wurst. Herberts Herz klopfte heftig gegen seinen Brustkorb und seine Hände glichen einem reißenden Fluss, sie waren klatschnass und auch auf seiner Stirn hatte sich ein Schweißfilm gebildet. Der Richter stand auf und nahm vom Oberhaupt der Geschworenen einen kleinen Zettel entgegen. Er entfaltete ihn und las mit gerunzelter Stirn, was dort zu lesen war. Nach einer kleinen Pause, in der er entschlüsselte, was dort geschrieben stand, sah er Heribert zu Mauszahn ernst an. „Angeklagter erheben Sie sich!“ Mit heftig zitternden Beinen und einem wirklich dicken Kloß im Hals wischte er sich die nassen Hände am Umhang ab. Später sollte man die salzigen Wischspuren deutlich sehen können. „Im Namen der Zauberer Gesellschaft ergeht gegen Heribert zu Mauszahn folgendes Urteil: Der Angeklagte bekommt für zwei Monate eine Appariersperre. Zusätzlich wird der Kamin vom Angeklagten vom Flohnetzwerk genommen.“ „Und wie soll ich zur Arbeit kommen?“, platzte es aus Heribert heraus. Vor Schreck schlug er sich die Hände klatschend vor den Mund. Das würde ihm wahrscheinlich zusätzlich noch eine saftige Ermahnung einbringen. Der Richter sah ihn streng von oben herab an: „Sie wissen, dass sie sich gerade besonders unvorteilhaft verhalten haben? Und zu ihrer Frage: Nehmen Sie doch einfach einen Besen.“ Die Stimmung des Richters war mittlerweile im Keller angelangt und dies spiegelte sich auch in dessen Klangfarbe wieder. Heribert rutschte das Herz in die Hose. Besen? Fliegen? Er? Der Schweiß lief nun in Strömen seine Stirn hinab. Allein bei der Vorstellung, auf einem Besen sitzen müssen, wurde ihm fürchterlich schwindelig. „Ich hab aber Flugangst“, wisperte er leise und kaum hörbar in den Raum. Die marmornen Wände verstärkten die Aussage und sie dröhnte Heribert laut in seinen Ohren. „Peinlicher wird es wohl nicht werden, oder?“, dachte er sich im Stillen. „Dann werden Sie wohl mit den Verkehrsmitteln der Muggel reisen lernen müssen.“ Der Richter hob sein kleines Hämmerchen und ließ es mit einem lauten Knall auf das passende Plättchen niedersausen. Heribert sackte auf seinem Stuhl zusammen. Wie sollte das denn bloß gehen? Mit den Verkehrsmitteln der Muggeln reisen? Er strich sich mit zitternden Händen durch die schweißnassen Haare. Jetzt ein Bier oder vielleicht doch zwei?