EULE, Gryffindor zu Kinoliebhaberin - -
  Geheime Schätze Geheime Schätze Ginny Potter stand vor dem Spiegel und richtete ihre Bluse. Sie und Harry waren bei Ron und Hermine zum Essen eingeladen. Voller Vorfreude ging sie in den Flur und rief nach den Kindern. „Albus Severus, James, Lily, kommt mal bitte herunter. Wir wollen jetzt gehen.“ Mit großem Gepolter stürmten die drei die Treppe herab. „Tschüss, Mama und Papa. Viel Spaß und grüßt alle schön“, sagte Albus, der Älteste. „Seid lieb und macht keinen Unsinn“, meinte Harry und dann fuhren sie los. „Endlich sturmfreie Bude“, meinte James, „was wollen wir denn machen?“ Lily schlug vor, auf den Dachboden der alten Mühle zu gehen. „Sicher gibt es da tolle Sachen. Papa hat doch immer gesagt, wir sollen da nicht hin. Das hat bestimmt einen Grund.“ Gesagt, getan. Sie stiegen die Treppe zum Dachboden hinauf und je höher sie kamen, desto dunkler wurde es im Inneren des alten Gemäuers, weil das Licht nur noch spärlich durch die zahlreichen Holzsparren drang. Die Stufen ächzten unter ihren Schritten und langsam wurde ihnen mulmig zumute. Ich glaube, ich will doch nicht in die Dachkammer, dachte Lily. Aber das würde sie natürlich ihren Brüdern gegenüber nie zugeben. Viel zu oft wurde sie von ihnen gehänselt, weil sie ein wenig ängstlich und zurückhaltend war. Albus und James dagegen waren echte Draufgänger und immer auf der Suche nach Abenteuern. Diese Aktion war so recht nach ihrem Geschmack, auch wenn sie nicht mit dieser Dunkelheit und diesem furchteinflößenden Knarren und Ächzen des Gebälks gerechnet hatten. Als sie die große Eichentür vor sich sahen, waren ihre Bedenken vergessen. Fast ehrfürchtig starrten sie den Eingang zur geheimnisvollen Dachkammer an. Der Rahmen und die Verzierungen in der Tür waren voller Spinnweben. „Hier ist aber lange keiner mehr gewesen“, stellte Albus fest. Mit einem alten Stofflappen, der neben der Tür lag, beseitigte er die Spinnweben und griff nach der Türklinke. Ob sie verschlossen war? Dann wäre ihr Abenteuer hier schon zu Ende, bevor es richtig begonnen hatte. Er drückte die Klinke herunter und mit lautem Knarzen und Quietschen öffnete sich die Tür. Komisch, dass Papa sie nicht abgeschlossen hat, schoss es James durch den Kopf. Vorsichtig betraten sie den Raum und schauten sich um. Viel konnte man in dem fast dunklen Zimmer nicht erkennen. „Hier muss doch eine Lampe sein“, mutmaßte James. Schließlich hatte Harry im ganzen Haus elektrisches Licht verlegen lassen, denn er wollte so „normal“ wie möglich leben. Es war ihm wichtig, dass Muggel bei einem Besuch nicht merkten, dass hier Zauberer ihr Zuhause hatten. Es wäre ihnen sicher seltsam vorgekommen, wenn man hier Lampen oder Kerzen benutzt hätte, obwohl es das elektrische Licht gab und es dadurch wesentlich einfacher war, einen Raum zu beleuchten. James tastete also die Wand neben der Eingangstür ab und fand tatsächlich einen Schalter. Helles Licht erleuchtete nun die Gegenstände, die überall verteilt standen oder lagen. Ihre Blicke glitten über alte Schränke, Tische sowie Stühle, Lampen und Kartons. „Oooch, bloß alter Kram“, sagte Albus enttäuscht, „und dafür sind wir hier raufgeklettert.“ Lily war weiter in den Raum hineingegangen und mit einem Jauchzer rief sie: „Schaut mal, mein altes Schaukelpferd. Hier ist es also gelandet. Und James, dort steht die Karre, mit der du immer den Hang hinuntergefahren bist.“ „Tatsächlich“, lächelte James, „meine Knochen tun mir heute noch weh, wenn ich an den Sturz denke.“ Nun waren sie in ihrem Element. Sie stöberten hier und da und immer wieder waren sie begeistert, wenn sie längst vergessene Dinge gefunden hatten. Längst war es ihnen egal, dass sich überall Spinnweben befanden und der Staub zentimeterhoch auf den Gegenständen lag. Schließlich ging James zum großen Eichenschrank, der neben der kleinen Fensterluke stand. Die Schranktür ließ sich sehr schwer öffnen und die Scharniere quietschten laut bei jeder Bewegung. James schaute hinein und rief überrascht: „Kommt mal her. Guckt mal, was ich gefunden habe.“ Albus und Lily eilten herbei und sahen, wie James einen großen schwarzen Umhang aus dem Schrank holte. Er zeigte auf das Gryffindor-Emblem und meinte: „Das ist Papas Umhang von Hogwarts. Cool. Und hier, das ist Mamas Umhang.“ Fast ehrfürchtig schauten die Kinder auf die Schulumhänge ihrer Eltern. Sie wussten ja, dass sie die Zaubererschule Hogwarts besucht hatten, aber die Umhänge hatten sie nie zu Gesicht bekommen. „Was ist denn noch alles da? Lasst uns doch mal nachsehen“, sagte Lily und kroch in den Schrank. „Hier ist eine Kiste“, rief sie aus dem Inneren des Schranks, „wartet, ich hol sie raus.“ Zum Vorschein kam eine mittelgroße Holzkiste, die wunderschön verziert war. Seltsamerweise hatte sie kein Schloss, sodass die Kinder problemlos hineinschauen konnten. „Das ist Papas Kiste“, sagte Albus und zeigte auf das Schild, das auf dem Deckel angebracht war. „Harrys Schätze“, stand dort zu lesen. „Sollen wir sie überhaupt aufmachen?“, fragte Lily, „schließlich gehört sie uns nicht.“ „Ach was, jetzt haben wir sie gefunden und dann schauen wir auch rein. Bin gespannt, was Papa da so alles gesammelt hat“, wischte James ihre Bedenken fort. Neugierig öffneten sie die Kiste. Obenauf lagen verschiedene Briefe, die mit Herzen und Blumen verziert waren. James öffnete einen Brief und lachte. „Das ist ein Brief von Mama an Papa. Wir haben ihre Liebesbriefe gefunden.“ Neugierig lasen sie einige Schreiben und waren begeistert, dass ihre Eltern schon als Kinder befreundet waren und sich später ineinander verliebten. Lily holte ein Bild aus der Kiste, auf dem eine wunderschöne Schneeeule zu sehen war. Darunter stand in Kinderschrift „Hedwig, meine beste Freundin“. „Toll, diese Eule“, meinte Albus altklug, „die muss besonders schlau und treu gewesen sein. Papa hat mal so etwas erwähnt.“ Sie kramten immer weiter, fanden Bilder, kleine Basteleien und schließlich, ganz unten, ein kleines, in Leder gebundenes Buch. „Papas Tagebuch“, sagte Albus fast ehrfürchtig und schlug die erste Seite auf. James und Lily setzten sich zu ihm, blätterten in dem Buch und lasen, was Harry über seine Jugend, seine Schulzeit und die Abenteuer niedergeschrieben hatte. Harry hatte seine Erlebnisse so anschaulich geschildert, dass sie meinten, sie wären mitten im Geschehen. Sie freuten sich mit ihm, wenn er Erfolg hatte, litten mit ihm, wenn es Ärger mit Snape oder Draco gab. Besonders aber verschlangen sie seine Erzählungen über die Ereignisse um den Dunklen Lord oder die Rettung von Seidenschnabel. Manches hatte Harry nur kurz angerissen, andere Erlebnisse wurden ausführlicher beschrieben. Die Kinder vergaßen Zeit und Raum. Vor ihrem geistigen Auge sahen sie Dumbledores Armee um Hogwarts kämpfen und ab und an seufzte einer von ihnen tief auf. So hörten sie auch nicht, dass ihre Eltern nach Hause gekommen waren. Erst, als Harry laut nach ihnen rief, kamen sie aus ihrer Traumwelt zurück in die Wirklichkeit. „Mist, die sind schon da. Was machen wir jetzt?“, sagte James. Aber bevor sie einen Entschluss fassen konnten, war Harry schon zur Tür hereingekommen. „Hier steckt ihr also“, sagte er und musterte die Kinder, die verdreckt und mit roten Wangen vor seinem Tagebuch saßen. „Ihr wisst ja, dass das meine ganz persönlichen Sachen sind, oder?“, fragte er streng. Mit hochrotem Kopf und einem verlegenen Grinsen erwiderte Albus, dass sie sich gelangweilt hätten und auf die Idee gekommen wären, die Dachkammer zu besuchen. „Und dann haben wir die Sachen gefunden und konnten nicht widerstehen“, versuchte er, seinen Vater zu beschwichtigen. Mittlerweile war auch Ginny nach oben gekommen. „Meine Güte, wie seht ihr denn aus?“, rief sie, als sie die Kinder sah. Sie bemerkte das Buch in James‘ Hand und nahm es ihm ab. Ihr Blick fiel auf die Stelle, wo von dem Kampf um Hogwarts die Rede war und sagte leise: „Das war unsere größte Herausforderung, aber wir haben sie gemeinsam bestanden“, und mit einem innigen Blick schaute sie Harry an. So, als wollte sie die Schatten der Vergangenheit wegwischen, schickte sie die Kinder ins Bad, um den Staub und die Spinnweben abzuwaschen. „Papa, erzählst du uns mehr von dem, was du da aufgeschrieben hast?“, fragte Lily. „Ja, denn ich denke, dass nun die Zeit dazu gekommen ist. Geht aber erst einmal duschen und kommt dann in die Küche. Dann werden wir über alles sprechen.“ Noch nie waren Albus, James und Lily so schnell mit dem Duschen fertig wie jetzt. In der Küche hatte Ginny mittlerweile Teller mit belegten Broten auf den Tisch gestellt und duftender Tee dampfte in der Kanne. Als James das Zimmer betrat, schaute er sich um, als würde er das alles zum ersten Mal sehen. Die moderne Einrichtung wollte gar nicht so recht zu seinem Gefühlszustand passen. Noch immer hatte er vor Augen, was er in dem Tagebuch gelesen hatte. Sein Blick schweifte über die weißen Schränke und die große Lampe, die neben dem Tisch stand. Auf dem Sideboard standen mehrere große und kleine Bilder. Der Tisch in der Ecke, an dem er immer seine Hausaufgaben erledigte, alles erschien ihm auf einmal so fremd. „James, komm her und setz dich“, sagte Ginny und stellte noch zusätzliche Stühle an den kleinen Tisch. Nun saß die ganze Familie eng zusammen und die Kinder schauten Harry erwartungsvoll an. Sein Blick schweifte über seine Lieben und ein warmes Gefühl durchzog seine Brust. Er war so stolz auf Ginny und die Kinder. „Ihr habt ja schon einiges gelesen“, riss er sich aus seinen Gedanken und schaute die Kinder an, „wovon soll ich denn ausführlicher erzählen?“ „Von deinem Kampf mit dem Dunklen Lord.“ „Nein, bitte erzähl von Seidenschnabel und Hedwig.“ „Pah, Seidenschnabel. Typisch Mädchen. Ich möchte mehr über die Zaubertränke und das Buch vom Halbblutprinzen erfahren.“ „Halt, halt“, lachte Harry, „nicht alle auf einmal. Ich glaube, ich fange einfach mal an.“ Er berichtete, dass er seine Eltern als Kind sehr vermisst hatte und bei seinem Onkel Vernon sehr unglücklich war. Er schilderte, wie wohl er sich bei Ron und seiner Familie im Fuchsbau fühlte und wie sie ihm ans Herz gewachsen waren. Seine Erzählungen über die ersten Tage und Wochen in Hogwarts und seine Freundschaft zu Ron und Hermine schlugen alle in den Bann. Selbst Ginny, die das ja alles miterlebt hatte, hörte aufmerksam zu. Sie schloss die Augen und ließ seine Worte auf sich wirken. So verging die Zeit und es wurde langsam dunkel. Als Harry schwieg, herrschte einen Moment Totenstille im Zimmer. Dann sagte James: „Papa, du liebst Hogwarts, stimmt’s? Wolltest du deshalb unbedingt diese Mühle kaufen, weil sie ein wenig wie Hogwarts wirkt?“ „Ja“, antwortete Harry, „ich liebe Hogwarts, denn es hat mein Leben stark beeinflusst. Aber das ist nicht der Grund, warum wir in dieser Mühle wohnen. Sie erinnert mich an den Fuchsbau, der auch Mamas Zuhause war und in dem ich so glückliche Zeiten erlebt habe. Außerdem liegt sie in der Nähe von Ottery St. Catchpole, wo ja Onkel Ron und Tante Hermine leben. So können wir uns sehen, wann immer wir es wollen.“ Alle nickten, denn auch Ginny und die Kinder fühlten sich hier wohl. Albus sagte: „Papa, es war eine gute Idee, das Tagebuch zu schreiben. Du hast so viele tolle Sachen erlebt, einfach Klasse.“ Harry lachte: „Eigentlich schreibe ich gar nicht so gern, aber die Erlebnisse haben mich so beschäftigt, dass ich es einfach aufs Papier bringen musste. Und nun sehen wir ja, wofür es gut war.“ „So, Kinder, es ist schon spät. Sagt gute Nacht und dann ab ins Bett“, sagte Ginny. Die Kinder gingen in ihre Zimmer, aber an Schlaf war nicht zu denken. Zuviel war heute auf sie eingestürmt. Sie hatten Dinge erfahren, von denen sie bisher nichts gewusst oder geahnt hatten. James dachte: Das war heute ein ganz besonderes Erlebnis. Mein Papa ist ein richtiger Held. Und zufrieden schlief er schließlich ein. Plötzlich rüttelte jemand an seiner Schulter. „James, wach auf. Ich habe eine supertolle Idee.“ „Heee, lass mich. Wie spät ist es denn? Was ist denn los?“ Albus stand vor seinem Bett und sagte: „Papa hat doch morgen Geburtstag und wir haben noch kein Geschenk.“ „Ja, und? Jetzt können wir auch nichts mehr kaufen“, erwiderte James und wollte sich die Decke über den Kopf ziehen. Aber Albus gab nicht nach: „Deshalb hab ich ja eine supertolle Idee. Papa hat doch gesagt, dass er die Mühle so toll findet, weil sie ihn an den Fuchsbau erinnert. Wir geben der Mühle einen Namen und basteln ein großes Schild.“ James setzte sich auf. Das war wirklich eine gute Idee. Albus weihte ihn in seinen Plan ein und zusammen mit Lily, die sie weckten, werkelten und bastelten sie, bis ihr Schild fertig war. Noch bevor Harry wach wurde, schlichen die drei in die Küche und stellten das Schild auf den Tisch. Ginny schaute sie fragend an, bemerkte die Aufschrift und lächelte. „Ich gehe Papa wecken“, sagte sie und ging hinaus. Die Kinder waren aufgeregt. Würden Harry das Schild und vor allem der Name gefallen? Als sie seine Schritte auf dem Flur hörten, stellten sie sich so vor den Tisch, dass er es nicht gleich sehen konnte. „Happy Birthday to you“, sangen sie, als er hereinkam. Dann traten sie zur Seite, sodass sein Blick auf das Schild fiel und warteten gespannt und auch ein wenig ängstlich auf seine Reaktion. Harry glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Was für ein schönes Geschenk. Er nahm seine Kinder in die Arme und drückte sie fest an sich. „Danke, meine Lieben“, sagte er mit belegter Stimme, „das müssen wir sofort aufhängen.“ Er holte Hammer und Nägel aus einer Schublade und gemeinsam gingen sie hinaus. Nach kurzer Zeit prangte das Schild über der Haustür und jeder, der vorbeiging, konnte lesen: „Das ist Harrys“.