2. Der Sturm - -
 Die Drei waren älter geworden, aber noch genauso geblieben wie früher. Eines Tages – es war ein schöner sonniger Tag im Herbst – waren die Drei wieder gemeinsam in den Wald gegangen, um Tierspuren nachzugehen. „Ich habe welche gefunden“, rief Chiris. Alina und Robin liefen zu ihr. „Was, meint ihr, sind das für Spuren?“, fragte Chiris. „Rehspuren würde ich sagen, und noch ganz frisch!“, meinte Robin, „folgen wir ihnen!“ So liefen sie an den Spuren entlang, immer weiter und weiter, und merkten nicht, dass das Wetter umgeschlagen hatte. Ein kräftiger Windstoß fuhr auf einmal durch die Bäume und die Drei schauten auf. „Seht mal, das Wetter!“, rief Alina, denn der Wind war mit einem Mal zu einem kräftigen Sturm geworden. „Wir müssen zurück, wir sind schon viel zu lange fort“, meinte Robin. Schwer gegen den Wind gestemmt, suchten sie ihren Weg nach Hause, kamen aber kaum vorwärts. „Es geht nicht, wir müssen uns einen Unterschlupf suchen und warten, bis der Sturm vorbei ist“, rief Chiris, denn die Bäume wankten gefährlich und Äste brachen bereits ab. Die Mädchen kämpften sich bis zu einer Höhle durch, von der sie wussten, dass sie in der Nähe sein musste. Erschöpft kamen sie dort an und krochen hinein. Sie waren so müde, dass sie aneinander gelehnt sofort einschliefen. Draußen brüllte der Sturm und sie merkten deshalb nicht, wie ein Schatten vorbeiflog und auch nicht den hellen Schein, der kurz darauf folgte. Am nächsten Morgen, als der Sturm vorbei war, machten sie sich auf und liefen zur Stadt zurück. Auf dem Weg dorthin sahen sie, was der Sturm im Wald und auf der kleinen Lichtung angerichtet hatte. Bäume waren umgeknickt, eine alte Kiefer war zur Seite gekippt und lag nun schräg über dem Waldpfad. Abgebrochene Äste lagen auf dem Waldboden. Erschrocken blickten sie sich um und bemerkten, dass sie unwahrscheinliches Glück gehabt hatten. Sie kamen nur langsam voran. Alina meinte oft, leise Stimmen gehört zu haben, die einem Säuseln im Wind glichen, doch Chiris und Robin waren zu sehr damit beschäftigt heil durch den Wald zu kommen, sodass sie ihre Worte nicht hörten. Auch glaubte Alina, einige Wortfetzen verstehen zu können. Sie blieb stehen. Als die anderen Zwei das merkten, machten sie kehrt. „Weg, fort ist der Menschen ihr größter Schatz. Weg, fort ist der Menschen ...“ Nun nahmen auch sie diese Worte wahr. Sie schienen aus der Nähe zu kommen und doch von so weit her. „Was ist das?“, hauchte Chiris. „Ich weiß es nicht“, antwortete Alina lauschend. „Ach kommt, lasst uns nach Hause gehen! Sie warten bestimmt schon auf uns“, sagte Robin ängstlich, denn ihr waren die Stimmen unheimlich. Sie zögerten kurz, doch setzten sie den Weg fort. Nach Stunden, wie es schien, sahen sie die ersten Häuser der Stadt, und als sie durch das alte Stadttor traten, empfing sie nüchterne Stille. Alles war wie vorher. Nichts war unverändert, nicht einmal ein Grashalm war umgeknickt. Als sie sich umdrehten und noch einmal zurück sahen, sahen sie den Sturm gezeichneten Wald. „Seltsam“, murmelte da Robin, „alles ist so, wie es vorher war, und das nach diesem Sturm? Das kann doch nicht wahr sein!“ Langsam gingen sie durch die Straßen ihrer kleinen Stadt und mit jedem Schritt wurde es unheimlicher. Nicht nur die Stadt war verschont geblieben und auch keiner der Leute hatte von dem „angeblichen Sturm“ gehört. „Bei ihnen wäre kein Sturm gewesen! Nicht mal ein kleines Lüftchen und die Mädchen sollten verschwinden!“ Mit der Zeit glaubten sie selbst nicht mehr an den Sturm und gingen nach Hause. Als sie dann an der Tür angekommen waren, drehte sich jede noch einmal herum und sie riefen sich ein „Tschüss, bis morgen“, zu und schon waren sie in den Häusern verschwunden.