Lily_Black aus Gryffindor - ---
Das Bild wurde gezeichnet von Caroline Snape  “Mit den ZWILLINGEN?!” Entsetzte starrte ich Gran an. In ihrem grünen Kleid und dem komischen Hut dazu (heute zum Glück nicht der mit dem Geier obendrauf) sah sie sehr bedrohlich aus, vor allem als sie die Hände in die Hüften stemmte. Die Nachrichten, die sie gebracht hatte, waren alles andere als erfreulich, und ihr ganzes Aussehen schien heute zu dieser Hiobsbotschaft zu passen. Aus ihrer grauen Hochsteckfrisur hatten sich ein paar Strähnen gelöst, die wild in alle Richtungen standen. „Das kann doch nicht dein Ernst sein! Du weißt doch-„ „Jetzt ist Schluss damit, Neville.“, fiel Gran mir ins Wort. „Du hast nicht zu entscheiden was mein Ernst ist. Außerdem, was hast du gegen einen Urlaub mit deiner Familie? Du weißt ganz genau, wie sehr sich deine Tante immer freut dich zu sehen. Obwohl du so furchtbar tollpatschig und so gar nicht wie dein Vater bist.“ Sie seufzte. Autsch, das tat weh. Warum musste Gran immer in meinen Wunden rumstochern? Als ob es mir gefallen würde, ständig alles zu vermasseln. Aber ich konnte nichts dafür. Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich mindestens einmal in der Woche etwas in die Luft sprengte, dass ich ständig alles vergaß und dass ich nicht halb so begabt im Zaubern war wie mein Vater. Er würde sich schämen für dich! Diese Worte hatte ich schon so oft gehört, aber sie trafen immer wieder aufs neue und hallten lange in meinem Kopf nach. Ich senkte den Kopf. Ich hatte noch nie gegen sie ankommen können, warum versuchte ich es eigentlich noch? Dann würde ich eben mit Onkel Argie, Tante Rose und ihren beiden Monsterkindern in den Urlaub fahren. Ach ja, Gran war auch noch dabei. Also insgesamt drei Monster. Ich drehte mich schnell um und verschwand mit einem gemurmelten „Ich geh dann mal packen“ in meinem Zimmer. Solche Gedanken sollte ich nicht vor ihr haben. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sie in meinem Kopf herumwühlte und mir für jeden einzelnen Gedanken, der ihr nicht passte, eine Standpauke hielt. Ich zog leise die Tür hinter mir zu (obwohl mir gar nicht danach war, leise zu sein, aber es wäre nicht klug gewesen, sie noch mehr zu reizen) und setzte mich auf mein Bett. Ferien mit den Verwandten. Mutanten würde es wohl eher treffen. Der Ausdruck „Verwandte“ hatte für mich schon lange einen bitteren Beigeschmack bekommen. Verwandte hatten noch nie etwas gutes verheißen. Und einen für mich sehr großen Teil meiner Sommerferien mit ihnen zu verbringen, war wahrscheinlich das schlimmste, was ich mir vorstellen konnte. Den Monsterkindern wäre allerdings sicher noch weit schlimmeres eingefallen... Monsterkinder. So hatte ich die beiden Töchter von meiner Tante und meinem Onkel getauft. Zwillingstöchter. Als wenn es nicht gereicht hätte, dass es eine von ihnen gab. Aber nein, es hatten ja gleich zwei sein müssen. Und die beiden waren schlimm. Anders konnte man es gar nicht ausdrücken. Sie waren erst neun (oder zehn?), auf jeden Fall zu jung, um schon nach Hogwarts zu gehen. Aber das hinderte sie nicht daran, ihre Zauberkräfte für alle möglichen Grausamkeiten oder ähnliches einzusetzen. Ich wäre nie im Traum auf die Idee gekommen, willentlich zu zaubern, als ich noch nicht nach Hogwarts ging. Naja, aber ich bekam ja schon mit Zauberstab selten etwas hin... Ich schüttelte den Kopf, um diese düsteren Gedanken loszuwerden. Die nächste Zeit würde düster genug werden. Ich stand auf, zog meinen Koffer aus dem Schrank und begann zu packen, wobei ich versuchte, nicht daran zu denken, was die beiden Monster mir schon alles angetan hatten. „Diese Luft!“ Tante Rose atmete tief ein, als sie aus dem Bus stieg, der uns zu dem kleinen Bauernhof mitten in den Bergen gebracht hatte. Bauernhof! Berge! Als wenn es nicht schon reichen würde, zusammen mit den Verwandten Urlaub zu machen. Aber musste es auch noch an so einem gefährlichen Ort sein? Ich seufzte und wollte meine Koffer entgegennehmen, als sich plötzliche vier kräftige Arme um mich schlangen und mir die Luft abschnürten. „Neville!“, quietschte Linda, während Mona versuchte, mir einen Fuß wegzuziehen. Das fanden die beiden besonders lustig. Auf der Fahrt nach oben in die Berge (der Hof hatte nichtmal einen Flohnetzwerkanschluss!) hatte ich es noch geschafft, mir weit weg von den beiden einen Platz zu suchen. Hier würde ich mich nicht vor den Zwillingen verstecken können. Die beiden sahen so unschuldig aus, wenn man sie zum ersten Mal sah. Mir ihren blonden Locken und den großen braunen Augen, die einen immer ansahen, als könnten sie nicht glauben, dass die Welt so böse sein konnte. Dabei waren sie der Inbegriff des Bösen – zumindest meistens – und ihre Locken brachte ich inzwischen immer mit den Tentakeln eines Riesenkillertintenfischs in Verbindung. Das Schlimmste an ihnen war ihre Größe. Sie waren so klein und schmal, dass sie durch jede noch so kleine Öffnung passten und daher immer gut abhauen konnte, dass sie flink wie zwei Katzen durch Flure oder über Wiesen rennen konnten und dass ich sie beide gleichzeitig hochheben konnte. Das heißt ich hätte gekonnt, wenn sie es sich gefallen lassen würden. Aber seit sie mich bei dem Versuch, sie in ihr Bett zu tragen, so fest gebissen hatten, dass es blutete und ich immer noch zwei kleine Narben am Oberarm hatte, versuchte ich nicht mehr, sie mit mir herumzutragen. Das war ja das deprimierende: Sie waren so viel kleiner und schwächer als ich, schafften es aber immer wieder, mich reinzulegen oder zu überlisten. Zwei kleine Mädchen! Ich seufzte noch einmal, wand mich aus dem Klammergriff der beiden, nahm meine Koffer und fügte mich in mein grausames Schicksal. Drei Wochen mit meinen lieben Verwandten, zusammengepfercht in einem kleinen Abschnitt des Bauernhauses, den die Hofbesitzer vermieteten. Das Haus war riesig, mit einer weit ausladenden Holztreppe vor dem Haupteingang und zwei Ferienwohnungen links und rechts neben dem Wohnteil der Bauernfamilie. Im rechten Winkel dazu stand ein langgezogener Kuhstall, an den große saftige Weiden grenzten, und gegenüber davon waren drei Pferdeboxen mit klassischen zweigeteilten Türen. Sie sahen schon vor weitem gefährlich aus, wenn der obere Teil offen stand. Neben den Boxen war ein großer Misthaufen, aber auch überall auf dem Hof verstreut lag Kuhmist. Der Hof hätte trotzdem sehr nett aussehen können und die Zeit hier könnte auch nicht die schlechteste sein, wären da nicht die lästigen kleinen Anhängsel gewesen... Ich lag auf meinem Bett und starrte die Decke an, als sie kamen. Seit zwei Tagen hielt ich mich nur in diesem Zimmer auf, das ich glücklicherweise für mich alleine hatte. Gran und meine Tante Rose hatten zwar schon versucht, mich aus dem Haus zu locken, aber ich wollte nicht. Einfach nur in diesem Zimmer liegen und das Ende dieses Urlaubs abwarten. Selbst Hausaufgaben machen war besser, als mich mit meinen Verwandten zu beschäftigen. Schon am dritten Tag hielt ich sie nicht mehr aus, obwohl ich sie bisher nur beim Essen gesehen hatte. Neville, du bist aber groß geworden! Das war Tante Rose. Sie lächelte mich – wie sie wohl meinte – liebevoll an, aber ich hatte wie immer das Gefühl, dass mich meine rotblonde Tante bemitleidete und dass ich sie sich nur ein bisschen freute, mich zu sehen, weil ich der Sohn ihres Bruders war und ein klein wenig so aussah wie er. Ich hatte mich mit Tante Rose früher sehr gut verstanden, aber Onkel Argie hatte einen schlechten Einfluss auf sie. Fand ich. Und, hast du eine an der Angel? Das war wiederum Argie. Das dicke Gesicht breit grinsend, die Haare arrogant nach hinten gegelt. Oh, ich erinnerte mich so gut daran, wie er versucht hatte, einen Funken Magie aus mir herauszukitzeln. Wahrscheinlich war er deshalb so vernarrt in seine Monstertöchter, weil sie jetzt schon so gut mit ihren Kräften umgehen konnte. (Sie sind übrigens wirklich zehn.) Und zu den dämlichen Kommentaren das dämliche Gezwinker und In-die-Seite-Geknuffe. Es war nicht zum Aushalten. Selbst unsere Eule hatte Gran zu Hause gelassen, so dass ich niemandem schreiben konnte. Ich hatte ihre Stimme noch im Ohr: „Das wird so was wie ein Muggelurlaub, Neville. Muggel haben nun mal keine Eulen. Außerdem darf man in unserem Apartment außer Hunden keine Tiere halten.“ Apartment! Pff. Ich konnte nur hoffen, dass irgendjemand im Laufe der Ferien einmal an mich denken und mir schreiben würde. Über all diese abscheulichen und unerfreulichen Dinge dachte ich nach, als die zwei Monsterzwillinge kamen. Sie kamen ins Zimmer gestürmt, als eroberten sie eine Festung, schreiend und hüpfend, und überhörten gekonnt mein „Noch nie was von Anklopfen gehört?“. „Mama sagt du sollst mit uns spielen!“, schrieen sie. Ich richtete mich auf und wollte sie gerade mit aus meinem Zimmer nehmen (es war einfach zu gefährlich sie hier drin zu haben) als Mona meinen Zauberstab entdeckte. Er lag auf dem kleinen Tisch, der unter dem Fenster an der Wand stand. Da das Bett auf der anderen Seite des Zimmers stand, kam ich nicht schnell genug dorthin. Mona hatte ihn sich schon geschnappt und malte wilde Muster in die Luft, die ihn Funken sprühen ließen. „Hör sofort auf damit!“ Ich versuchte es mit einem bösen Blick, aber die Kleine ließ sich davon nicht beeindrucken. Beim Versuch, mich auf sie zu stürzen und ihr den Zauberstab aus der Hand zu nehmen, scheiterte ich an Linda und an meinen Beinen. Mit etwas Hilfe von Lindas Seite stolperte ich über meine Reisetasche, die am Boden stand, und schlitterte über den Boden auf den Schrank zu. Während mein Kopf mit der Schranktür und meine Nase mit dem Holzboden Bekanntschaft machte, rannten die Monster kichernd den Flur entlang Richtung Hof. Ich war gerade aufgestanden, als ich von draußen einen lauten Knall hörte, gefolgt von hysterischem Kreischen. Eine halbe Stunde später war ich auf dem Weg ins nächste Dorf. Die Bäuerin hatte mir den Weg erklärt, da ich von Gran zum Einkaufen verdonnert wurde. Die Monster hatten mithilfe meines Zauberstabs ein Loch in die Mauer des Stalls gesprengt und Gran und Onkel Argie hatten das reparieren und dem Bauern das Gedächtnis verändern müssen. Das Schlimmste aber war: Sie gaben mir die Schuld an allem. Weil mein Zauberstab ja so achtlos herumgelegen habe, warum hätten die Zwillinge ihn überhaupt in die Hände bekommen, was ist mit dem Geheimhaltungsabkommen, blabla... Ich weiß nicht genau, wie lange Rose und Gran abwechselnd so geschimpft haben. Um meine Nase und meinen dröhnenden Schädel hatte sich keiner gekümmert. Es hätte doch den Kleinen etwas bei der Sache passieren können! Die gefährden höchstens andere. Wenn sie so eine große Gefahr für sich selbst wären, würden sie sowieso schon lange nicht mehr leben. Wütend kickte ich einen Stein weg und schaute kurz auf. In der Ferne konnte ich zum Glück schon das Dorf erkennen. Ich senkte meinen Blick wieder. Die Straße war voller Schlaglöcher und Furchen, und bei meinem Pech konnte hier wer weiß was passieren, also musste ich auf den Weg achten. Meine Gedanken wanderten zurück zu den Monstern. Die Erwachsenen schienen nicht zu bemerken, was für Satansbraten die beiden waren. Nein. Für sie waren sie immer nur die lieben kleinen hilflosen- bumm. Ein Schlag, der mich rückwärts umfallen ließ, und danach sah ich erst mal nichts mehr. Es dauerte einige Zeit, bis ich wieder aufstehen und mich verwundert umsehen konnte. War ich etwas irgendwo dagegen gelaufen? Verwirrt drehte ich mich um meine eigene Achse, aber da war nichts. Weder vor mir noch hinter mir. War ich jetzt komplett bescheuert? Als ich nach mehrmaligem Umdrehen immer noch nichts fand, gab ich es auf und lief weiter. Aber ich kam nicht weit. Nach zwei Schritten stieß ich mit der Nase so fest gegen etwas festes, dass ich vor Schmerz laut aufschrie. Zweimal in so kurzer Zeit vertrug selbst die stärkste Nase solche Schläge nicht. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich realisierte, was hier los war. Ein Schild! Ich tastete mit den Fingern vor mir in die Luft und konnte nach wenigen Augenblicken meine Hand auf eine solide Mauer legen. Wütend stampfte ich mit dem Fuß auf. Diese Monster! Sie hatten einen Schild errichtet, den man sonst zum Schutz vor leichten Flüchen verwendete. Also hatte ich mir das Rascheln vorhin hinter mir doch nicht eingebildet. Es war wirklich schlimm. Gran und die anderen beiden glaubten mir nicht, dass die zwei lieben kleinen Kinderchen ihre Zauberkräfte ganz gezielt einsetzten, obwohl sie weder nach Hogwarts gingen, noch einen Zauberstab hatten. Das seien alles nur Unfälle, die Kleinen könnten sich doch nicht kontrollieren! Ja, natürlich, und ich bin der Weihnachtsmann! Der Schild reichte weit zur Seite, aber schließlich konnte ich doch außen herum laufen. Ich kam immer näher an das Dorf. Von den Monstern gab es keine Spur mehr. Sie waren wohl verschwunden, denn so sehr ich auch suchte, es war vergebens. So würde ich ihnen nie etwas nachweisen können. Es war Samstag. Der letzte Samstag, den ich hier verbringen würde. In diesem Haus, in dieser Umgebung. Ich hatte sie in den letzten zwei Wochen scheinbar hassen gelernt. Jedes Mal, wenn ich ins Dorf ging, passierte irgendetwas anderes. Meistens war es meine Schuld, aber manchmal halfen auch die Monster nach. Ich verwüstete den Krämerladen, „fiel“ in den Brunnen auf dem Marktplatz (dafür konnte ich wirklich nichts!), stieß die Blumenkübel vor dem Rathaus um, lief im Gemeindehaus, das Gran unbedingt anschauen wollte, ins Frauen- anstatt ins Männerklo, stolperte fünfmal an der gleichen Stelle auf dem Weg zurück zum Bauernhof und machte mich fast auf jede erdenkliche andere Weise lächerlich. Auf dem Hof lief es nicht besser. Ich trat ständig in Kuhmist, verlor auf einer ewiglangen Wanderung meine Armbanduhr (Grankollabierte fast, so regte sie sich auf), lief dreimal gegen den oberen Teil der Pferdestalltür (irgendwie war mir das von Anfang an klar gewesen), ließ beim Frühstückmachen die Toasts anbrennen und überzeugte wirklich alle davon, dass ich zu nichts zu gebrauchen war. Die Monster setzten ständig ihre Kräfte gewollt gegen mich ein, aber auf unerklärliche Art und Weise war immer ich der Böse. Gestern war eine Eule vom Ministerium gekommen, weil ich beim Versuch, das Bild von Rose zu retten, das sie von den umliegenden Bergen gemalt hatte und über das die Monster „aus Versehen“ Kakao geschüttet hatten, als ich auf sie aufpassen sollte, gezaubert hatte. Dabei hatte ich das Bild nicht einmal wiederherstellen können! Wenn es sich wenigstens gelohnt hätte, dass ich mich schon wieder mit Gran streiten musste. Aber selbst Rose war jetzt sauer auf mich. Sie hatte den ganzen Tag nur noch von diesem Bild geschwärmt, nachdem sie es fertig hatte. Wenn es so wertvoll war, sollte sie es eben nicht einfach so rumliegen lassen! Selbst schuld! Aber ich wusste, dass diese Argument niemanden interessierten. Es interessierte selten jemanden, was ich zu etwas zu sagen hatte. Ich war nun mal der Schuldige. Punkt und aus. Niemand würde etwas daran ändern. Aber das allermieseste war ja: Die drei Erwachsenen zauberten vor meiner Nase, wie es ihnen passte. Sie lösten jedes kleinste Problem in ihrem sogenannten „Muggelurlaub“ durch Zauberei, verlangten aber von ihm, dass er sich ganz normal aufführte. Das war aber nicht so leicht, wenn in der Küche sich die Sachen von selbst zusammenrührten, Sachen durch die Luft flogen und der Handrührer selbst dann nicht verstummte, wenn Gran sich von der Bäuerin Eier holte und alle anderen im Hof waren. Und was geschah, wenn die Bäuerin oder ihr mürrischer Sohn, der fast nie etwas sagte, misstrauisch zu uns herübersahen oder uns auf die merkwürdigen Ereignisse in letzter Zeit ansprachen? Richtig, plötzlich waren alle verschwunden und ich durfte mir etwas einfallen lassen. Obwohl jeder wusste, dass ich das überhaupt nicht gut konnte. Das Leben konnte sehr ungerecht sein. Außerdem war es mir in sofern nicht recht, dass ich mich bei diesen Erklärungsversuchen immer wie der letzte Depp aufführte, weil die Bauerstochter oft bei ihrer Mutter stand. Sie war fünfzehn, hatte schwarze Haare, Grübchen in den Wangen, wenn sie lachte (und das tat sie viel) und kleine graue Augen. Und sie war stumm. Nur deshalb ließ ich mich wahrscheinlich noch in ihrer Nähe blicken, weil ich ihre Fingersprache nicht beherrschte und sie mich so nicht ansprechen konnte. Dabei hätte ich wirklich gerne mit ihr geredet. Mein Herz schlug verdächtig schnell, wenn ich an sie dachte. Leider hatten das auch die Monster ziemlich schnell bemerkt, und ich war nun nicht mehr sicher. Sie hatten Hayley (so hieß sie) die bösesten Geschichten über mich erzählt, und sie sah mich nun immer mit großen Augen an, wenn ich in ihre Nähe kam. Ich kannte wohl nicht alle Sachen, die die Monster erzählt hatten. Sonst wüsste ich, wieso sie mich immer so fragend und nachdenklich ansah. „Neville!“, rief Gran. Mein Gott, was war denn jetzt schon wieder? Nirgends hatte man seine Ruhe. Ich stand auf, ging auf den Flur und wollte gerade durch die Küchentür gehen, als ein Papierflieger mit so einem Tempo auf mich zugeschossen kam, dass ich ihn erst für ein Messer oder ähnliches hielt, das jemand auf mich geworfen hatte. Ich duckte mich dieses Mal glücklicherweise schnell genug weg, und so erwischten sie mich dieses Mal nicht. Auf dem Tisch waren drei Messer damit beschäftigt, Brokkoli zu schneiden, und Gran saß auf einem Stuhl und drehte an unserem alten Radio herum. Natürlich, sie versuchte immer noch, den magischen Rundfunk zu empfangen. Wir waren aber einfach zu hoch in den Bergen dafür. „Neville, mach du mal weiter, ich glaub ich hab’s gleich! Aber meine Soße kocht über!“ Sie rannte zum Herd und ich setzte mich auf ihren Stuhl .Lustlos drehte ich etwas am Radio herum und wollte mich mit einem „Geht nicht“ und Schulterzucken verabschieden. Aber Gran ließ mich nicht gehen. Ich musste den Tisch decken und dekorieren (und obwohl ich mir WIRKLICH Mühe gab ging ein Teller zu Bruch), weil sie die Bäuerin und ihren Mann zum Essen eingeladen hatte. Zumindest war es der letzte Tag. Zum Glück. Endlich. Die Abreise. Auf nichts hatte ich sehnlicher gewartet, und nach dem gestrigen Abend wollte ich nur noch mehr weg. Es war so unendlich peinlich gewesen, als ich die Suppe auf Hayleys Kleid verteilt und die Kerzen umgestoßen hatte. Ich wurde noch rot bei dem Gedanken daran. Aber jetzt lud ich meine Koffer in den Bus in der Gewissheit: Bald bin ich wieder da, wo ich hingehöre. Ohne Monster. Gerade als ich einsteigen wollte, kam Hayley auf mich zu. Ich beschleunigte meine Schritte Richtung Bus, als ich merkte, dass sie wirklich zu mir wollte. Aber sie hielt mich an der Schulter fest, sah mich an, drückte mir wortlos (wie auch sonst) einen Brief in die Hand und ging zurück zum Bauernhaus. Es hatte lange gedauert, bis ich den Brief ungestört hatte lesen können. Die Monster hätten ihn einmal fast entdeckt. Aber jetzt war ich alleine, zurück in meinem Zimmer, und riss ich ungeduldig auf. Lieber Neville (sie wusste sogar meinen Namen!) Ich hätte mich gerne einmal mit dir unterhalten, aber das war ja leider nicht möglich. Es ist schade, dass du so schnell wieder weg warst. Wir hätten so viel erleben können, wenn du nur einmal aus deinem Zimmer gekommen wärst. Es war wirklich gemein, wie du von deiner Familie behandelt wurdest, und ich weiß wie du dich fühlen musst. Aber lass mich dir eins sagen: Du darfst dir von niemandem einreden lassen, dass du schlechter als andere oder dumm bist. Nach allem, was ich über dich erfahren konnte, bist du ein ganz wunderbarer Mensch. Ich dachte, dass du diese Worte einmal gebrauchen könntest. Ich bin froh, dass du da warst. Schreibst du mir? Ich will dich nicht schon wieder aus den Augen verlieren. Es gibt noch so viel, was ich die gerne sagen würde... Hayley Grüner Berg 7 Dinham