Priori Incantatem - --
Der Neue Körper fühlte sich wunderbar an. So frisch. So neu. Sein vorheriges Dasein war nichts gewesen im Vergleich dazu. Er fühlte, wie das Blut durch seine Adern pulsierte. Leben! Wie lange hatte er das nicht mehr getan. Und das nur wegen diesem Potter-Jungen. 13 Jahre hatte er verloren, 13 Jahre in denen er ganz sicher schon die Macht über Europa, wenn nicht schon die Welt übernommen hätte. Jetzt bekam er wieder die Chance dazu. Er würde seinen treuen Diener gut entlohnen. Die Gnade Lord Voldemorts war genug Lohn. Dennoch, er spürte einen leisen Schimmer von Unsicherheit. Fast hätte er ihn nicht wahrgenommen, so gering war das Gefühl. Dennoch. Etwas war falsch. Er wusste nur nicht, was. Er beschloss es zu ignorieren. In seinen Adern floss wieder Blut. Er war so gut wie unsterblich. Leben und Unsterblichkeit vereint, gepaart mit seiner Macht und seinem Wissen über die Dunklen Künste, für welche die gewöhnlichen Zauberer zu beschränkt waren. Das war die höchste Form der Vollkommenheit. In seinen Adern floss Blut. Das Blut des Feindes. Es würde ihn stark machen. „Avada Kedavra!“, schrie er siegessicher. Die Zaubererwelt gehörte ihm, nun gab es keinen Potter mehr, der sie schützte. Potters Blut floss in seinen Adern, es gab nichts, wodurch der Fluch nicht gelingen konnte. Das Gefühl der Unsicherheit verstärkte sich. Warum wehrte sich dieser dumme Junge? Und dann auch noch mit Expelliarmus? Dem wohl simpelsten Zauber, den er kannte? Trotzdem, ER, Lord Voldemort, würde gewinnen. Dessen war er sich sicher. Die Lichtstrahlen, welche aus den Zauberstäben geschossen kamen, trafen sich. Der auferstandene Mann spürte eine Macht, die durch seine Finger floss. Eine Macht, die den Zauberstab des Jungen dazu zwang, in Verbindung zu bleiben. Er hatte nicht mit diesem Machtgefühl gerechnet. Seine anderen Opfer waren nur Bruchteile einer Sekunde nachdem er den Fluch gesprochen hatte gestorben. Was jetzt passierte, verunsicherte ihn. Mit seinen, durch den Auferstehungstrank, verbesserten Augen sah er, wie sich die beiden Strahlen langsam zu einem dickeren, goldenen Strahl verbunden. Was war los? Wie konnte das sein? Sein Zauber hatte nicht getroffen? Eine schreckliche Idee kam ihm. Hatte der Junge irgendwelche besonderen Kräfte, von denen sein Diener ihm nicht berichtet hatte? War der Junge am Ende überlegen? Voldemort spürte, wie er durch die Luft gehoben wurde, und Panik überkam ihn. Nun war er nicht mehr im geschützten Kreis seiner Todesser. Sie würden ihm nicht helfen können, denn sie waren hunderte von Metern entfernt. Doch auch Potter schien ungewiss. Wusste er ebenso wenig davon? Dann war es also gar keine Finte des Jungen. Dann hatte er noch eine Chance. Innerlich lachte er über sich. Wie hatte er nur ernsthaft annehmen können, der Junge könne ihm, in irgend einer Weise überlegen sein. Das war unmöglich. Inzwischen waren mehrere Sekunden vergangen und die Todesser hatten sich wieder um die beiden Duellierenden versammelt. Doch bevor er ihnen einen Befehl geben konnte, geschah etwas Neues. Der goldene Strahl faserte sich auf und bildete eine Kuppel um sie herum. Die Schreie der Schwarzgewandeten drangen nur leise zu ihm hervor, sodass er sie nicht mehr verstehen konnte. Eine Hilfe waren sie so auch nicht. Er hätte doch wissen müssen, dass ein Duell mit Harry Potter alles andere als einfach sein würde. Trotzdem, das hier war eine Angelegenheit zwischen dem Jungen und ihm. Sein Zauber war es, der vor 13 Jahren misslungen war, sein Zauber sollte es sein, der diesen Fehler beheben würde. Potter würde sterben, wie er es eigentlich schon vor Jahren hätte tun sollen. „Tut nichts!“, schrie er den schemenhaften Gestalten außerhalb des Goldenen Käfigs zu. Immer noch passierte nichts, außer dass eine unglaubliche Macht die Zauberstäbe zusammen hielt. Erschreckt merkte er, dass diese Macht längst nicht mehr von ihm ausging, sie kam aus seinem Zauberstab selbst. Er musste die Verbindung beenden! Es war die einzige Möglichkeit hier heraus zu kommen. Mit aller Kraft, die sein neuer Körper aufbieten konnte, mühte er sich seinen Zauberstab der geheimnisvollen Kraft zu entreißen. „Tut nichts ohne meinen Befehl!“, schrie er, da seine Untergebenen Anstalten machten, in den Käfig einzudringen. Kaum hatte er es gesagt, hörte er einen schrecklichen Klang. Es war hohe Musik, magisch, nicht von dieser Welt. Der Potter-Junge schien ihr mit Freuden zu horchen. Es wurde immer unerträglicher. Der Gesang – Phönixgesang musste es sein – löste in ihm, der gedacht hatte, niemals mehr Emotionen zu haben, eine unerträgliche Hoffnungslosigkeit aus, eine Trauer. Trauer um meine eigene Niederlage, kam ihm in den Sinn. Angst. Panik. Schmerz. Dieser verdammte *****! Mit Schrecken bemerkte er, dass sich auf dem Strahl einige Bläschen gebildet hatten. Sie kamen aus seinem Zauberstab, wo sie erst einmal ruhig auf dem Strahl lagen. Mit aller Willenskraft die er aufbringen konnte, versuchte er die Bläschen zu Potter zu drücken. Sie waren bedrohlich, gefährlich. Das spürte er. Deshalb durften sie nie zu ihm kommen. Die Bläschen näherten sich beharrlich Potters Zauberstab. Fast hatte er es geschafft, nur noch wenige Millimeter! Der Dunkle Lord mühte sich, auch diese zu überwinden. Doch plötzlich änderte sich etwas in dem Jungen. Er wurde entschlossener. Die Kraft, die die Bläschen von seinem Zauberstab fernhielt, wurde stärker, es wurde immer schwieriger, sie in die gewünschte Richtung zu zwingen. Es war fast, als wäre sein eigener Zauberstab gegen ihn. Mit schreckgeweiteten Augen sah er, wie die seltsamen Blasen still standen. Dann begannen sie, sich in die andere Richtung zu bewegen. Zurück zu ihm. Das durfte nicht sein! Je näher die Bläschen kamen, desto mehr Angst bekam Voldemort. Was er hier sah, hatte er noch nie erlebt. Es war neue Magie – mächtige Magie. Er hatte gerne die Kontrolle. Hier hatte er sie nicht. In Potters Gesicht trat ein siegessicherer Ausdruck, als der die erste Perle in den Zauberstab des Gegners, ihm, Lord Voldemort, zwang. Voldemort hörte einen lauten Schrei, der ihn zutiefst erschreckte und Potters Gesicht sagte ihm, dass dieser das Gleiche wahrgenommen hatte. Ein fürchterlicher Schmerz durchfuhr ihn, dann waren die Schmerzen zusammen mit den Schreien verklungen. Eine silberne Hand materialisierte sich und gleichzeitig war es Voldemort, als würde IHM eine zusätzliche Hand wachsen. Immer noch erschreckte es ihn, er hatte keinen blassen Schimmer, was er machen sollte. So hatte er sich seine Rückkehr und Machtübernahme nicht vorgestellt. Abermals durchzuckte ihn ein starker Schmerz, und dann geschah etwas noch viel Unfassbareres. Der Körper des dummen Hogwarts-Schülers, den Wurmschwanz getötet hatte, erschien. Wie war das möglich?! Er war tot. Er war kein Geist. Und er machte ihm Angst. Voldemort hatte sich nie vorstellen können, dass man so viel Angst haben kann, aber er konnte es. Der Schüler schien irgendetwas zu sagen, was Potter Mut machte, während sein eigener mit jeder Sekunde mehr und mehr schwand. Einige Sekunden später waren auch Potters Eltern aus dem Stab erschienen, genau wie zwei weitere unwichtige Menschen. Allein durch die Tatsache, dass es ausgerechnet Potters Angehörige waren, hatte er schon verloren. Sie stromerten im Käfig umher, und wann auch immer sie zu Potter kamen, stärkten sie ihn, IHM allerdings konnten sie nur schaden. Er wusste, er hatte keine Chance. Wenn er Glück hatte, dann war seine eigene Magie dieser hier überlegen und er würde es überleben. Plötzlich jedoch löste sich die Verbindung. Die Gestalten waren so dicht um ihn herum, dass er sich kaum bewegen konnte. Er sah alles durch einen Nebel, wie aus weiter Ferne. Als Schatten nahm er wahr, wie Potter wegrannte, doch er konnte sich nicht bewegen, konnte dem nicht entgegenwirken. Wenige Sekunden später verschwanden die Gestalten, und sofort konnte Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-durfte wieder klar denken. Potter! Er war im Begriff, zu fliehen! Das durfte nicht geschehen, er hatte alles gesehen, er wusste dass der Dunkle Lord wieder lebte, er hatte das ganze Ritual gesehen! Potter, man musste ihn fassen. ER musste ihn fassen. „Beiseite! Ich werde ihn töten! Er gehört mir!“ Diese Worte verließen ihn wie von selbst, als er seinen Zauberstab hob. Er würde ihn töten. Jetzt gab es für Potter kein Entkommen mehr, jetzt da die seltsamen Figuren verschwunden waren. „Av-“ Der Fluch blieb ihm im Hals stecken. Ganz so dumm war Potter nicht. Er hatte den Portschlüssel nach Hogwarts zu sich gerufen. „NEEEEIIIIINNNNN!!!!!“ Verzweiflung machte sich in dem Auferstandenen breit, als er zusah, wie der Portschlüssel sich entfernte. Harry Potter. Er war ihm wieder einmal entkommen.