Schleifen - Merlin - Geschichte

[SIZE=20]Schleifen-Merlin[/SIZE]

[SIZE=12]Es war einmal eine Dame, sie hieß Frau Simsalabim. Sie hatte sechs (nicht immer) nette Kinder, die sie allesamt liebte. Die ganzen kleinen Zauberer und Zauberinnen waren wirklich noch jung, sie waren drei Zwillingspaare im Alter von acht, sieben und sechs Jahren. An einem wunderschönen Vormittag war Herr Simsalabim bei der Arbeit und Korinna, die älteste Tochter, machte einen Spaziergang. Sie lief bis an die Grenze ihres Dorfes namens Hokus-Pokus-Hausen, dort sah sie einen alten Mann die ungepflasterte Straße entlangspringen. Sie erkannte sofort: „Das kann nur einer sein, Schleifen-Merlin, der diese schönen, zauberhaften Schleifen verkauft!“ Und schon hörte sie den Gesang des Zauberers: „Wer will meine Schleifen kaufen? Rote, blaue, gelbe Schleifen! Lila, rosa, grüne Schleifen! Kommt ihr Leute, nur nicht kneifen!“ Korinna rannte in atemberaubendem Tempo bis nach Hause und dort rief sie: „Merlin ist da! Der Schleifenverkäufer Merlin! Schnell, schnell ...“ Ja, und schon nach zehn Minuten traf Merlin ein, die kleine Schar versammelte sich um den Korb und bewunderte die Schleifen. Kurt, der älteste Sohn der Familie Simsalabim, meinte nur im verächtlichem Ton: „Mädchenkram“, und ging mit seinen beiden kleineren Brüdern Kai und Klaus davon. Und schon ging es weiter. „Mama“, bettelte Korinna, „dürfen wir uns Schleifen kaufen? Bitte, bitte!“ „Oh ja, bitte“, sagte auch Karla. „Ich will auch eine Schleife!“, schrie Hanna, das jüngste Mädchen. „Immer mit der Ruhe“, sagte Frau Simsalabim. Und fügte kurz danach hinzu: „Ihr dürft euch jeder eine Schleife aussuchen.“ „Ich möchte zuerst“, rief Karla. „Nein, ich zuerst“, schrie Korinna. „Nein, nein! Ich will!“, kreischte Hanna. Dann bellte Frau Simsalabim dazwischen: „Ruhe, ihr jungen Lakritzzauberstäbe! Ihr werdet schön der Reihe nach aussuchen. In der Reihenfolge des Abcs.“ Hanna war überglücklich, denn sie war die Erste (das H kommt ja schließlich vor dem K). Schnell schnappte sie sich eine besonders schön glänzende, rote Schleife und erklärte stolz: „Rot ist meine allerliebste Lieblingsfarbe!“ Schleifen-Merlin sagte nur: „Rot wie Himbeereis, rot wie die Liebe und rot wie die schönste Rose ...“ Sofort band sie sich Hanna um, hüpfte herum und sang: „Rot, so rot ist meine Schleife, keine ist so hübsch wie meine.“ Schließlich kam Karla mit einer blauen Schleife im Haar hinzu und trällerte: „Blau, blau, blau ist meine Schleife! Blau wie das Wasser. Blau wie der Himmel.“ Karla und Hanna tanzten noch herum, als Korinna meinte: „Ich bin zuletzt dran und ich bekomme die beste: die Regenbogen-Schleife. Sie hat alle Farben.“ Der Verkäufer gab ihr eine schimmernde Schleife und sagte feierlich: „Eine gute Wahl!“ Hanna wurde auf das bunte Band ihrer Schwester aufmerksam und zischte ihr zu: „Ich will die Regenbogen-Schleife!“ „Tja, Pech gehabt, Schwesterchen! Das ist meine“, antwortete Korinna. „Das ist gemein, ich habe sie nicht gesehen. Ich nehme die Regenbogen-Schleife“, heulte Hanna. Aber Korinna sagte entschieden: „Du kriegst sie nicht.“ Hanna fing an zu weinen, doch Frau Simsalabim schenkte ihrer jüngsten und ältesten Tochter nur einen bösen Blick und rief alle (auch Schleifen-Merlin) zum Essen. Alle tobten mit einem Jubelschrei in die Küche. Alle außer Hanna. Sie hörte auf zu weinen und sagte voller Wut: „Die sind alle gemein. Wenn ich die Regenbogen-Schleife zuerst gesehen hätte, hätte ich sie sofort genommen. Sie gehört mir. Ich werde sie bekommen!“ Trippel-trappel, trippel-trappel! Leise schlich Hanna ins Wohnzimmer. Dort lag die Regenbogen-Schleife neben dem Zauberstab ihrer Schwester. Hanna tauschte die beiden Schleifen aus. Mit der Regenbogen-Schleife in der Tasche ging sie in die Küche. Nach dem Essen bedankte sich Schleifen-Merlin und ging winkend zur Tür, draußen hopste er den Pfad entlang und sang wieder: „Wer will meine Schleifen kaufen? Rote, blaue, gelbe Schlaufen! Lila, rosa, grüne Schleifen! Kommt ihr Leute, nur nicht kneifen!“ Nach dem Essen entdeckte Korinna den Diebstahl: „Hanna, die gemeine Du-weißt-schon-wer-Anhängerin, hat meine Regenbogen-Schleife geklaut!“ „Sag’ nicht ‚gemeine Du-weißt-schon-wer-Anhängerin’ zu deiner Schwester!“, sagte die Mutter zu Korinna. Und zu Hanna: „Was hast du mit der Schleife deiner Schwester gemacht?“ Hanna verdrehte unschuldig die Augen und fragte: „Wer? Ich? Welche Schleife?“ „Gib Korinna sofort die Schleife zurück!“, sagte Frau Simsalabim erbost. Aber Hanna dachte nicht im Traum daran. „Also gut“, sagte Frau Simsalabim und schickte Hanna nach draußen, „wenn du nicht fair spielen kannst, musst du alleine spielen!“ „Mir doch egal!“, sagte Hanna schnippisch und stolzierte beleidigt hinaus. Hanna lief wütend über Wiesen, schon bald wusste sie gar nicht mehr, wo sie war. Doch das Schlimmste war, sie fühlte sich furchtbar einsam und die Schleife wurde immer schwerer in ihrer Tasche. Plötzlich erblickte sie jemanden, da saß jemand auf diesem Hang. Es war Schleifen-Merlin, Hanna setzte sich zu ihm und murmelte leise: „Ich hasse sie alle, alle miteinander: Papa, Karla, Kai, Klaus, Kurt und am allerallermeisten Korinna und Mama!“ Sie war sich sicher, dass Merlin es nicht hören würde. Dieser sagte: „Ich gebe dir alle meine magischen Schleifen, wenn du mir etwas dafür gibst!“ „Was denn?“, wollte Hanna wissbegierig wissen. Der Verkäufer antwortete: „Deine Familie! Du sagst ja, du magst sie sowieso nicht. Und ich hätte gerne eine Familie. Es wäre also ein guter Tausch, oder?“ Hannas Lippen begannen zu zittern. Eine dicke Träne rollte ihre Wange herunter und Hanna schniefte: „Aber ... aber, ich will nicht tauschen. Ich mag meine Familie viel lieber als alle Schleifen der Welt. Und ich will Korinna die Regenbogen-Schleife zurückgeben. Ich will nach Hause.“ Auf einmal stand Hanna auf und sagte: „Wir können doch beide zurückgehen. Komm mit, wir haben noch ein Zimmer frei!“ „Au ja, das wäre zu schön, um wahr zu sein. Das wäre richtig toll!“, sagte Schleifen-Merlin. Hanna wischte sich die Tränen ab. Dann gingen sie Hand in Hand zurück zu dem kleinen Häuschen und sangen auf dem Weg: „Regenbogen-Schleifen, lila, rosa und grün. So etwas Schönes hast du noch nie gesehen!“[/SIZE]