Licht an - Kellergang - Geschichte

[SIZE=20]Licht an - Kellergang[/SIZE]

[SIZE=12]Neiiin, dachte sie zähneknirschend. Warum immer ich? Warum musste ich immer in den Keller und die Getränke zum Abendessen holen? Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und öffnete die Kellertür. Das kleine Mädchen lauschte angestrengt in die Dunkelheit. Ihre Augen starrten wie hypnotisiert auf die Treppe, die in die Dunkelheit führte. Sie suchte nach dem Lichtschalter ... und drehte den schwarzen Knopf herum. Puh, zum Glück hatte der Vater die Glühbirne ausgetauscht. Schwaches Licht fiel auf die Treppe. Ganze vierzehn Stufen musste sie nach unten gehen. Sie zählte jede einzelne, jeden Tag, wenn sie sie langsam hinunterschritt und immer wieder innehielt und den Geräuschen lauschte. Vierzehn Stufen, um an dem direkt darauffolgenden dunklen Treppenabsatz vorbeizulaufen. Er war so dunkel, dort wo die Kartoffeln lagerten und dort wartete ER. Das Kartoffelmonster, eingehüllt in schmutzigen Säcken, ohne Gesicht, nur zwei funkelnde Augenschlitze, die sie böse anfunkelten, begleitet von Ketten, die hin und wieder rasselten und eine riesige Eisenfalle immer griffsbereit, weil er sie eines Tages erwischen wollte. Die ersten drei Stufen ließ sie hinter sich. Ganz still stand sie dort. War da nicht ein Geräusch gewesen? Laut pochte ihr Herz. Durch das kleine Kellerfenster fiel fahles Licht in den Raum und zauberte gespenstische Schatten an die Wand. Lauerte er etwa in der Ecke? Am liebsten würde sie umkehren. Einen Moment atmete sie tief ein und wagte sich zwei weitere Schritte vor. Ja - er schlich sich heran, um sie zu fangen, die Schatten an der Wand bewegten sich. Angst machte sich in ihr breit. Voller Sehnsucht schaute sie zur Kellertür zurück, die ihr eine gewisse Sicherheit bot. Sie hatte das Gefühl, dass sie, wenn sie jetzt versuchen würde, an die Tür zu gelangen, niemals dort ankommen würde. Alles schien unendlich weit weg zu sein ... Ihr ängstlicher Blick blieb gebannt an den Schatten hängen. Griff der Arm etwa nach ihr? Ganz langsam setzte sie dicht an die Wand gedrängt den nächsten Fuß zur nächsten Treppenstufe. Leise setzte sie ihren Weg fort. Die Hälfte hatte sie hinter sich gelassen. Nur noch sieben Stufen. Wieder atmete sie tief durch. Eine Spinne krabbelte an der Wand entlang und sie zog schnell ihre Hände zurück. Sicher hatte er das Vieh geschickt, weil er wusste, dass sie sich vor Spinnen ekelte. Das tat er immer. Er liebte es, sie das fürchten zu lehren. Nun konnte sie schon einen Blick in die dunkle Ecke werfen. Wartete er? Gleich zerspringt mein Herz. Bitte, bitte, flehte sie innerlich, bitte lass ihn nicht dort stehen. Vorsichtig schielte sie in die Dunkelheit. Blitzten dort nicht seine Augen auf? Oh nein, im Schattenlicht sah sie die Eisenfalle. Mit einem lauten Mutschrei stürzte sie die letzten Stufen herunter und lief zum Getränkeregal, riss schnell zwei Flaschen aus den Kästen. Sie warf nicht einen Blick nach hinten, nein sie wollte ihn nicht sehen. Nicht heute! Er sah so furchterregend aus ... Genau zwei Meter trennten sie von der Treppe, die nach oben führte. Sie kannte jeden Millimeter in dem engen Kellergang. Darum schloss sie die Augen und rannte um ihr Leben. Vorbei an der schwarzen Ecke, die erste Stufe erreichend. Binnen Sekunden erhaschte sie die rettende Kellertür und gab ihr einen Fußtritt, so dass sie mit einem lauten Knall ins Schloss flog. Aufatmend lehnte sie sich an die hölzerne Tür. Unten hörte sie die Ketten, die rasselten, sie hatte sie bei ihrer Flucht berührt. Leise hörte sie sein wütendes Knurren: „Morgen ist auch noch ein Tag!“[/SIZE]