Platz 3 Caxirta, Ravenclaw -
Tagebuch der Pimpinella Pim Das Great Barrier Reef Reisetag 1 – Zum Riff Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wie kam ich auf die Idee auf waghalsige Muggelart dorthin zu reisen? Der Weg zum Flughafen war kein Problem, doch ab der dritten Sicherheitskontrolle, lagen meine Nerven blank. Ich reise zwar gerne, aber die ewig erscheinenden Menschenschlangen drückten meine Stimmung bereits. Doch wieder Erwarten konnte ich bald aufatmen. Den Gang zu meinem Gate durchquerte ich beinahe alleine und auch die Wartehalle war ungewohnt klein und vor allem leer. Diese Ruhephase nutzte ich, um mich bequem hinzusetzen und in meinem Reiseführer zu blättern. Die Bilder waren phantastisch – ich würde endlich, endlich das Great Barrier Reef nicht nur sehen, sondern erleben. Die Vorfreude stieg, nach einem kurzen Flug wäre ich am Ziel und könnte mich zu den Fischen ins Meer gesellen. Eine Flughafenangestellte forderte uns schließlich zum Einsteigen auf. Noch einmal wurden die Karten kontrolliert, dann landete ich in einem der großen Flughafenbusse. Doch es war nicht wie gewohnt – immer wieder blieb er stehen und rief nur wenige Passagiere auf. Anscheinend belieferte er alle Kurzstreckenflieger. Schließlich war ich nur noch mit sieben weiteren Personen an Bord und wir alle wurden – meinem Empfinden nach – am anderen Ende des Flughafens hinausgelassen. Als ich den Flieger sah blieb mir kurzzeitig das Herz stehen. Er war nicht nur sehr klein, sondern eine Propellermaschine. Ich kannte solche Konstruktionen von Bildern und wenn Muggel von einem derartigen Gebilde sprachen, seufzten sie meistens oder stöhnten gequält auf. Das konnte nichts Gutes bedeuten, wenn selbst sie Angst vor diesen Flugmaschinen hatten. Doch es gab kein zurück. Mit weichen Knien stieg ich bei der einzig offenstehenden Tür ein, schob mich durch den Flieger und quetschte mich in den knapp bemessenen Sitz. Den anderen war anscheinend auch nicht gut, der Mann neben mir war blass geworden und schaute sich immer wieder nervös um. Nach wenigen Minuten des Wartens stieg noch ein Mann vorne ein und knallte die Tür hinter sich zu. „Herzlich Willkommen an Bord, in Kürze starten wir unseren Flug nach Dunk Island. Ihr seid sowieso schon angeschnallt?“, sprach er und drehte sich halb zu uns um. Anstatt auszusetzen, begann mein Herz zu rasen. Das war der Pilot. Er würde ganz allein diese winzige Maschine zu der Insel befördern. Was hat mich nur dazu bewegt diesen Flug zu nehmen? Es wäre viel einfacher gegangen, zum Beispiel mit einem der Schiffe, die die Muggel anbieten. Oder mit einer Apparation. Aber nein, ich wollte ein Abenteuer und das bekam ich nun auch. Unwillkürlich umklammerte ich meinen Zauberstab, den ich in der Innentasche meiner Jacke versteckt hatte, als wir abhoben. So stellte ich mir immer den Ritt auf einem Hippogreif vor. Die ganze Reise über wackelte das Flugzeug und der Pilot beantwortete sporadisch Fragen meiner Mitreisenden. Nachdem er die Landung angekündigt hatte, verstummte er und ich wagte einen Blick aus dem Fenster. Ah, da war die Insel schon, wir flogen eine Kurve. Mein Gesicht wurde gegen das Glas gedrückt, überdeutlich spürte ich die Vibration und das Motorengeräusch war auch plötzlich lauter als gewohnt. Wir sackten schnell ab, schneller als ich dachte und vor allem war die Insel dort vorne und rund um uns nur Wasser. Stürzten wir etwa gerade ab? Ich schloss meine Augen, griff wieder nach meinem Zauberstab und wirkte einen „Protego“. Erst als ich das Aufsetzen der Räder spürte, öffnete ich sie wieder, aber den schützenden Zauber erhielt ich aufrecht bis das unheimliche Flugzeug stand. „Das ging besser als sonst, die Winde hier sind manchmal ziemlich heimtückisch“, kommentierte der Pilot fröhlich und hieß uns herzlich Willkommen auf der Insel. Beim Aussteigen dankte ich ihm knapp, durfte meine Tasche selbst aus dem Rumpf der Maschine holen und folgte einem Trampelpfad vom Gelände des Flugplatzes. Dort wartete ein Minibus, der meine Mitreisenden und mich zu unserer Unterkunft fuhr. Es war ein wunderbar angelegtes Bungalow-Dorf. An der Rezeption ließ ich mir die wichtigsten Dinge im Schnelldurchgang erklären, dann verschwand ich glücklich in meine Behausung. Dort entspannte ich mich, richtete mich ein und las Prospekte durch, die ich von der örtlichen Zauberei-Gemeinschaft – direkt auf mein Bett – bekommen hatte. Danach war noch genug Zeit, um zum Strand zu gehen, die Sonne zu genießen und Muscheln zu finden. Zum Abschluss erfrischte ich mich im Meer, was meine Freude auf die kommenden Tage aufblühen ließ. Das riesige Buffet-Abendessen im Freien half dabei mit seiner exotischen Auswahl. Nach meinem ersten australischen Hummer und einem riesigen Obstbecher zog ich mich zurück. Reisetag 2 – Findet Nemo Nach einem reichlichen Frühstück – immerhin verlangten meine Pläne viel Energie von mir – packte ich meinen Rucksack und begab mich auf den Weg. Ich folgte einem der hier üblichen „Dschungelpfade“, um einen Zauberer zu treffen. Noch vor dem Schlafen gehen hatte ich ihn angerufen und um Hilfe bei meinen Erkundungstouren gebeten. Wie ich war er als Muggel gekleidet und erwartete mich bereits. Die Begrüßung fiel geradezu überschwänglich aus, die freundliche Art der Australier im Allgemeinen, die auch auf ihn zutraf, war einfach ansteckend. Sofort setzten wir unseren Weg fort und er begann zu reden: Über die Natur, den heutigen Plan und die Vorsichtsmaßnahmen. Immerhin durften die Muggel nicht merken, dass wir außerhalb ihres Tauchgebiets das Great Barrier Reef erkunden wollten. Sam, mein magischer Führer, brachte mich auf ein kleines Boot ohne Motor, Segel, Ruder oder sonstigem Antriebsmittel. Wozu auch, wer sich mit Magie auskennt, spart sich derartige Dinge und gelangt an Orte, von denen andere nur träumen. Unser Schiffchen war mit allerlei Zauber belegt und umgeben, damit die Muggel es nicht wahrnahmen und ich konnte mich entspannt an die Reling setzen. Lautlos glitten wir über die kleinen schimmernden Wellen, der Wind fuhr mir durchs Gesicht und ließ meine Haare wild umher wirbeln. Ja, so hatte ich mir das vorgestellt! Nur kurz verzog ich mich in die knapp bemessene Kabine – deren Holz übrigens wunderbar duftete – um mich umzuziehen. Außer dem Bikini nahm ich eine spezielle Tasche, die ich mir um die Hüfte schnallen konnte. Sam borgte sie mir, damit ich meinen Zauberstab auch Unterwasser sicher verstauen konnte. Damit bereits komplett ausgerüstet, trat ich zurück ins Freie und wartete auf das Zeichen meines Kapitäns, als er die Fahrt drosselte. Er deutete auf einen schmalen Streifen am Horizont und begann zu sprechen. „Du kannst hier rein, wie gesagt, die Sandbank dort hinten ist die Grenze für dich. Ansonsten – viel Spaß!“ Er drückte mir etwas klebriges Zeug in die Hand, einen weitaus größeren Teil der Masse stopfte er mir in ein Seitenfach neben meinem Zauberstab. Sein schelmisches Lächeln ließ mich keine Antwort finden, so dass ich bloß winkte, bevor ich das Dianthuskraut hinunterwürgte und ins kühle Nass sprang. Das Schauspiel vor meinen Augen war unglaublich: Überall strahlten mir die verschiedensten Farben entgegen, sowohl von den Korallen auch den Fischen, die sich dazwischen tummelten. Feuerrot leuchteten die Verästelungen der ersten großen Korallensiedlung vor mir, davor zischte ein Kupferstreifen-Pinzettfisch vorbei, ich hatte den Kleinen wohl erschreckt. Doch ich konnte ihm nicht sofort nachschwimmen, zu viel musste ich mir vorher ansehen. Alles um mich war voller Leben, kaum ein Stein war auszumachen bei der Unterwasserpflanzenpracht. Wenn ich nach oben sah schillerte alles durch das gebrochene Sonnenlicht, Seefedern wogten neben anderen weichen Korallen, die schrille Farbklekse setzten. Rund um mich war eine ähnliche Pracht, langsam erkannte ich Schwämme und – was für ein Wunder – nach und nach entdeckte ich die Seesterne, die sich an möglichen und auch unmöglichen Stellen festklammerten. Langsam begann ich richtig zu tauchen, mich immer näher zum Grund als zur Wasseroberfläche haltend, erkundete ich meine Umgebung. Die Korallenwand an meiner Seite verließ ich nicht, zu viele verborgene Schätze gab es noch zu entdecken. Da hinten war ein Schneckchen und dort drüben war eine Ansammlung von Muscheln, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Weiter rechts noch mehr Schalentiere, sogar eine echte Venusmuschel! Vorsichtig berührte ich mit meinen Fingerspitzen die Schale. Gemächlich ließ ich mich weitertreiben, um nun immer mehr bunte Fische zu sehen. Leider wusste ich von den meisten keinen Namen, doch ich prägte mir ihre Körperformen und Farbmuster so gut ein, wie es nur ging. Fantastisch war das auftauchen eines Feuerfisches, der nur einen halben Meter vor mir dahin schwamm. Ihn konnte ich nicht so leichtfertig anfassen, das wusste ich, doch trotzdem war ich dazu verleitet und meine Hand durchfuhr ein Zucken. Um der Versuchung zu widerstehen, griff ich in meine Tasche und führte etwas vom Dianthuskraut in meinen Mund. Sicher war sicher. Dann war das prächtige Tier deutlich weiter weg und ich setzte meinen Weg fort. Es zog mich hinaus, in den weitläufigeren Teil des Meeres. Hier waren die Korallen nicht mehr ganz so dicht beieinander. Dafür sah ich nun größere Fische, die teilweise in Schwärmen an mir vorbeizogen. Verspielt folgte ich ihnen und schwamm waghalsige Manöver, um eventuellen Räubern zu entgehen. Ich fühlte mich absolut frei und meine ursprüngliche Angst vor dem etwas dunklerem Wasser vor mir schwand. So tauchte ich immer wieder tiefer, um den Sand zwischen meine Finger hindurch gleiten zu lassen und immer wieder neue Muscheln zu entdecken. Manche Gehäuse waren bereits leer, von denen packte ich die schönsten in meine Tasche. Gerade überlegte ich wieder, ob das Fundstück die Mitnahme wert war, als ein merkwürdiger Schatten meinen Blick ablenkte. Er war noch weit weg, doch woher sollte ich wissen wie schnell er sich tatsächlich bewegen konnte? Mein Griff lockerte sich und ließ die Muschel zu Boden gleiten, während ich mich Abstieß und dem Neuankömmling entgegen schwamm. Der Umriss wurde deutlicher und damit mein Herzschlag so schnell, dass mir beinahe schwindelig wurde. Es war eine Schildkröte. Es war eine der riesigen Bewohner der Unterwasserwelt und für mich ein wahres Wunder. Langsam glitt sie näher, ließ sich von mir nicht beirren und nur wenige Zentimeter trennten uns, als sie an mir vorbei schwamm. Wachsam hatte sie mich angesehen, als ungefährlich eingestuft und mir somit diesen unglaublichen Moment geschenkt. Ich hatte von ihnen gehört, diesen Wasserschildkröten und bereits in Hogwarts spezielle Bücher über sie gelesen. Ich war nichts anderem, als einer unechten Karettschildkröte begegnet, dem war ich mir sicher. Ein Jauchzen entrann meiner Kehle und ließ viele kleine Luftblasen aufsteigen. Voller Aufregung schwamm ich weiter, in der Hoffnung noch eine derartige Begegnung erleben zu dürfen. Gerade als ich zu einem Bogen ansetzte, da das Wasser wieder seichter wurde, geschah es. Mir blieb die Luft weg. Ein Schwall von Wasser füllte meinen Mund. Schlagartig gehorchten mir meine Gliedmaßen nicht mehr. Ich zappelte und ruderte wie wild, eine Hand hatte den Weg zu meiner Kehle gefunden. Mit aller Macht konzentrierte ich mich darauf das Wasser in meinem Mund nicht zu schlucken, und vor allem diesen nicht mehr aufzumachen. Die Wirkung des Krauts war vorbei! Ich hatte vergessen es nachzunehmen! Ich kniff die Augen zusammen um mich zu besinnen, dann blickte ich nach oben. Da oben glitzerte es, die Oberfläche war sicher nicht weit. Ich sah hinab auf meine Beine, damit sie mir endlich wieder gehorchten und stieß mich so fest ich konnte vom Boden ab. Ich atmete durch die Nase aus und presste dabei langsam auch das Wasser aus meinem Mund. Als ich die Oberfläche durchbrach, musste ich sofort heftig nach Luft schnappen. Ich warf meine Haare nach hinten und blinzelte um mich herum, um tatsächlich eine der zahlreichen Sandbänke des Riffs in der Nähe zu entdecken. Mit weiten Armschlägen erreichte ich sie, um mich an Land zu legen und endgültig wieder zu Luft zu kommen. Die Sonne schien warm auf meine Haut und verbreitete ein wohliges Gefühl in mir. Bald fühlte ich mich wieder sicher und sah mich etwas um. Ich kletterte die kleine Erhebung hoch, ließ mich aber wieder hinab rutschen, als ich das Muggelschiff entdeckte. Dort drüben waren sie also und gleich daneben die Sandbank, vor der Sam mich gewarnt hatte. Da hatte ich doch noch einmal Glück gehabt. Ich kuschelte mich ein und genoss den Anblick des Great Barrier Reefs von hier aus, mit den Gedanken immer noch in der bunten Unterwasserwelt. Als ich mich erholt fühlte, kramte ich das Kraut hervor und nahm eine ordentliche Menge. Danach glitt ich sofort wieder hinab und schlug zielstrebig den Weg zurück zum Boot an. Doch ich ließ mich davon ablenken, als ich in der Ferne wieder unbekannte Schwimmobjekte mehr erahnte als sonst etwas. Meine Sichtung stellte sich als ein weiterer Glücksfall heraus, das erkannte ich bereits, als das Seegras zu meinen Füßen üppiger wuchs als zuvor. Eine kleine Herde Dugongs graste vor mir und ich wagte mich langsam näher. Da kein Jungtier dabei war, dessen versicherte ich mich mehrmals, kam ich näher und einige der verspielten Tiere, ließen sich auf eine wilde Tollerei ein. Ich fühlte mich bereits ihnen zugehörig, als sie sich zum Auftauchen oder weiteren Fressen wieder entfernten. Dabei erinnerten sie mich an die Einnahme meines eigenen Krauts. Nun musste ich wirklich zurück, auch wenn mir die Trennung schwer fiel. Doch ich beherrschte mich, schwamm Richtung Boot – dessen konnte ich mir Dank eines kleinen Kompass-Zauber sicher sein – und versuchte alles, was mir auf dem Weg dorthin begegnete, in meine Erinnerungen aufzunehmen. Dazu gehörten auch zwei Clownfische und hakte gedanklich das Treffen mit Marlin und Nemo ab. Sam bot mir seinen Arm an, als ich auftauchte und ich nahm die Hilfe gerne an. Er hüllte mich in ein Handtuch und begann sofort die Rückfahrt. Er sprach kein Wort und auch ich schwieg. Ich war den ganzen Tag im Meer gewesen ohne es zu merken. Als wir anlegten, konnte ich den Sonnenuntergang bewundern und verabschiedete mich dabei wehmütig vom Unterwasserparadies. Erst bei unserem ursprünglichen Treffpunkt brach Sam das Schweigen, aber nur um Abschiedsworte zu finden. Allerdings sagte sein Blick mir alles, er wusste wie ich gerade fühlte und ließ mich meine frische Erinnerung in Ruhe durchleben. Ich dankte ihm knapp und ging nach Hause. Dort stürzte ich mich über das Buffet, den der Hunger überkam mich plötzlich als mir der Essensduft in die Nase stieg. Danach konnte ich mich nur noch ins Bett fallen lassen. Reisetag 3 – Hoch hinaus Nachdem ich den Vortag fast zur Gänze unter Wasser verbracht hatte, beschloss ich beim Aufstehen nun die Insel genauer zu erkunden. Ich nahm mir eine der genauen Karten von der Rezeption mit, rüstete mich mit Proviant aus und begann meine Wandertour. Es ging wieder über schmale Pfade durch den Wald, die teilweise kaum mehr zu sehen waren. Wenn allzu viele Lianen und Äste mir das Weiterkommen erschwerten, konnte ich mir mit einem Wink meines Zauberstabs helfen. Diesen nutzte ich auch bei der Überquerung einer langen und sehr instabil wirkenden Hängebrücke. Sie wurde in klassischer Muggelbauart gemacht, aus schmalen Holzbrettern und Seilen, die manchmal mehrfach verstärkt waren. Es war zwar bis zur Hälfte lustig auf der schwingenden, knarrenden Brücke zu gehen, doch der Blick in die Tiefe dämmte meine Abenteuerlust ein. Ich wollte nicht zu viel riskieren und versicherte mich mit einem einfachen Spruch. Der weitere Pfad führte mich an unglaublichen Baumriesen vorbei, unsichtbare Vögel zwitscherten in den Wipfeln und das Surren von Insekten schwoll immer wieder an und ab. Schließlich wurde der Weg breiter und ich erkannte eine weite Grasfläche vor mir, die umzäunt war. Ich war auf einer kleinen Farm gelandet. Dort stand eine Menschentraube vor einem niedrigen Haus. Kurzerhand gesellte ich mich zu ihnen, um zu erfahren, dass es hier Esel und kleine Pferde zu bewundern gab, auf denen die Muggelkinder sogar reiten durften. Ich fütterte eines der Tiere mit einem Apfel und sah einem 4-jährigen Buben zu, der vor Freude quietschend auf dem galoppierenden Pony seiner Mutter entgegen kam. Nach dieser Ablenkung ging ich zurück zum schmalen Waldpfad und folgte einem Trampelpfad. Dieser führte zu meinem eigentlichen Ziel – dem Gipfel des Mount Kataloo. Die Leistung war nicht allzu herausragend, denn der Berg hatte nur eine Höhe von 271 Metern. Dennoch machte mich der Ausblick sprachlos. Mir lag das Great Barrier Reef zu Füßen. Hinter dem grünen Regenwald wurde es strahlend blau und dann erkannte man schon vereinzelt die Korallenbänke. Sofort schossen mir die Erlebnisse des Vortags durch den Kopf. Bevor ich ging, musste ich ein paar Bilder dieser Aussicht festhalten. Danach wanderte ich lange Zeit durch den Wald und hatte Gelegenheit mein Kräuterkundewissen auf die Probe zu stellen. Schließlich gelang ich zum Coconut Beach, wo ich meine Sachen im Sand zurückließ, um ein erfrischendes Bad zu nehmen. Hier tummelten sich einige Menschen, trotzdem fühlte man sich nicht bedrängt und ich blieb im Wasser, bis ich fror. Nachdem Sonne und Wind mich ausreichend getrocknet hatten, konnte ich meinen Rückweg antreten. Es war noch früher Abend, als ich in das Bungalow-Dorf zurückkehrte, so dass ich vor dem Essen eine ausgiebige Dusche genießen konnte. Beim Abendessen hatte ich noch eine besonders schöne Begegnung: Ein großer Schmetterling, mit strahlend blauen Flügeln, deren Ränder tiefschwarz umrandet waren, flog quer über den freien Platz. Auf der anderen Seite traf er sich mit einem Artgenossen und tanzend entschwanden sie in die Lüfte. Somit hatte ich auch die Wahrzeichen der Insel gesehen. Da dies mein letztes Abendmahl hier war, schlug ich noch einmal richtig zu. Wie immer war es köstlich. Reisetag 4 – Schiff ahoi In der Früh checkte ich bereits aus dem Hotel aus. Ich marschierte nach einem ausgiebigen Frühstück direkt zur geheimen Anlegestelle von Sam. Nach der Begrüßung verstaute er meine Sachen sofort unter Deck, dann ging es los – er hatte viel vor mit mir! Wieder glitten wir lautlos über das Meer. Ich lehnte mich weit über die Reling, um zumindest ein wenig zu erkennen. Doch Sam hatte eine bessere Idee. Innerhalb eines Augenblicks ließ er den Boden seines Boots unsichtbar werden und mit einem speziellen, mir unbekannten, Zauber wurde darunter alles erhellt. Er meinte, dass das kein Wesen störe, da dieses Licht nur für uns wahrnehmbar war und es uns leichter machte, die Dinge da unten zu erkennen. Begeistert verbrachte ich die nächsten Stunden damit in die Tiefe zu starren, denn es dauerte lange, bis wir unser Ziel erreichten. Schließlich half selbst der Zauber nichts mehr, unter uns war alles dunkel und kaum ein Lebewesen zeigte sich. Ohne Kommentar beendete Sam das Schauspiel endgültig und ich begnügte mich damit, den Fahrtwind zu genießen. Damit mir nicht zu langweilig wurde, erzählte mir mein Kapitän Geschichten. Ein Mann namens James Cook habe nicht nur das Riff, sondern auch Dunk Island und manch eine andere Insel ursprünglich entdeckt. Natürlich war er kein Muggel gewesen, aber das konnte man ihnen nicht sagen. Für sie war er der berühmte Entdecker und Seefahrer aus England. Dafür lebte Edmund James Banfield – tatsächlich ein Muggel – auf Dunk Island und hat dort einen berühmten Roman verfasst. Ich kannte das Buch nicht und Sam empfahl es mir. Mitten im Gespräch verstummte er jedoch und hielt auch das Boot an. Verwirrt sah ich mich um, bis ich etwas vor uns im Wasser bemerkte. Es war unruhig. Plötzlich schoss ein Wasserstrahl in die Höhe, eine Erhebung tauchte aus dem Meer, um Sekunden darauf zu verschwinden. Sam grinste mich vielsagend an, als mir der Mund offen stehen blieb. Ein Wal, wir waren tatsächlich auf einen Wal gestoßen. Es bedurfte nicht vieler Worte oder Zeit, bis ich mich unter dem Meeresspiegel befand. Wir waren nicht nur auf einen Wal, sondern eine ganze Herde gestoßen und darunter fanden sich einige Jungtiere. Vorsichtig begann ich mich zu nähern, ließ mich viel treiben und beobachte die Reaktionen der riesigen Tiere. Die Buckelwale – sie waren Dank meiner vorbereitenden Lektüre einfach zu erkennen gewesen – akzeptierten schnell meine Anwesenheit und erkannten auch, dass ich absolut harmlos war. So konnte ich mich näher heranwagen und sogar einen der Meeresriesen berühren. Ein freudiger Schauer durchfuhr mich und erfüllte meinen ganzen Körper mit Wärme. Ich schwamm bis dicht unter die Oberfläche, wenn sie Luft holten und tauchte mit ihnen wieder in die Tiefe. Ich mischte mich zwischen sie, berührte sie flüchtig oder legte mich an ihre Seite, um mich mitreißen zu lassen. Einmal hielt ich mich sogar fest, als eines der Tiere übermütig aus dem Wasser sprang. Es war fantastisch! Nur ungern trennte ich mich von ihnen, als die Wirkung des Dianthuskrautes nachließ. Ich konnte es kaum glauben, als Sam mir sagte, dass ich mehrere Stunden im Meer verbracht hatte. Während ich mich trocknete, fuhr er langsam los. Ich blickte so lange in die Richtung der Wale, bis ich sie nicht mehr über dem Wasser auftauchen sehen konnte und auch keine Wasserfontäne ihre Position verriet. Sam gratulierte mir zu meinem perfekten Timing, so dass ich die Buckelwale überhaupt treffen konnte. Ihr Auftauchen war eine der Sensationen des Riffs und ich hatte sie beim ersten Versuch miterleben können. Kein Wunder, immerhin habe auch ich die gesamte Reise geplant. Wir waren knapp vor Whitsunday Island und legten dort an, um zu picknicken. In der Ferne sah ich die Segelschiffe herumkurven. Es war ein Paradies für alle Muggel, die gerne diesen Sport machen und dabei die Natur genießen wollen. Nach einem kurzen Spaziergang über den weißen Sandstrand, fuhren wir weiter. Wir passierten einige Inseln, manche von ihnen wurden weder von Muggel noch von Magiern betreten, um die Lebewesen dort in Ruhe zu lassen. So lauschte ich von der Ferne den Geräuschen. Die endgültige Rückfahrt war überaus rasant, so dass Sam eine schützende Kuppel über das Boot spannte. Obwohl wir eigentlich rasten wurde das Wasser kaum aufgewühlt und ich muss zugeben, ich bedrängte Sam so lange, bis er mir erklärte, wie er diesen Zauber wirkte. Er legte nicht wieder an der üblichen Stelle an, sondern fuhr einen mir unbekannten Weg. „So bist du schneller am Ziel“, erklärte er knapp. Von der Anlegestelle brachte er mich – es waren nur fünf Minuten Gehstrecke – zur Fähre. Dort fiel ich ihm beim Abschied um den Hals. Ich weiß gar nicht, was mich dazu getrieben hat. Wahrscheinlich übermannten mich die Gefühle und er hatte mir eindeutig das meiste vom Great Barrier Reef gezeigt und erzählt. Er strich mir über den Rücken und lud mich ein, dass ich nach meiner Weltreise ihm einen Besuch abstatten könnte. Ich nickte, die Gelegenheit würde sich schon irgendwann ergeben. Noch ein paar Abschiedsworte, dann wandte ich mich ab und ging an Bord. So würde ich auch noch einen anderen Teil des Riffs sehen können, bevor ich es zur Gänze verlassen musste. Außerdem hatte ich keine Lust auf einen weiteren Flug mit einer winzigen Propellermaschine. Ich schob mein Gepäck unter die breiten Sitzbänke und fixierte es mit ein wenig Hilfe eines Matrosen. Danach setzte ich mich ans Fenster und nahm die letzten Bilder dieser Reisestation in mich auf: Das Farbenspiel des Himmels bei Sonnenuntergang, die halb im Meer versunkene Sonne, die kleinen Wellen, die über das Wasser gleiten und unglaubliche Schätze verbergen.