Platz 4 der Variante 1: Eine extra-terrestrische Exkursion - Beitrag von Niniel aus Gryffindor, die dafür 500 Punkte bekommen hat.
Eine extra-terrestrische Exkursion Er sah nur noch das Blinken der Lämpchen vor sich, dann wurde es schwarz um ihn. Als er die Augen aufschlug, befand er sich in einem komplett weißen Raum. Er rieb sich der schmerzenden Kopf und versuchte seine Gedanken zu ordnen: Seit einigen Wochen war er als Austauschstudent in der renommierten Puzzle Lake University for Witches and Wizards kurz PLUWW eingeschrieben, im Fachbereich Astronomie. Heute - wenn er nur wüsste, ob es noch heute ist - hatten sie eine wichtige Exkursion nach Cape Canaveral, Flori-da unternommen, in das bedeutendste Raumfahrtzentrum der Muggel, das nur wenige Kilo-meter entfernt lag. Natürlich ist jeder fortgeschrittene Student der Astronomie auch ein ver-sierter Muggelkundler, da die Muggel sehr fortschrittliche Methoden kennen, das Weltall zu beobachten oder die dortigen Verhältnisse zu simulieren. Er hatte Muggelkunde im Neben-fach belegt - nein; er schüttelte den Kopf. Das gehört hier nicht her! Also, der Ausflug ins Raumfahrtzentrum, zum so genannten "Weltraumbahnhof" der NASA: Hier hatten sie die wichtigsten Trainingseinrichtungen und sogar die Kommandozentrale besichtigen dürfen. Freilich ist so etwas normalerweise nicht gestattet, aber etwas Magie reichte aus, um den Prä-sidenten der Vereinigten Staaten und alle Sicherheitsdienste davon zu überzeugen, in jedem Jahr einer Gruppe der PLUWW die umfassende Besichtigung zu gestatten und es sogar zu-zulassen, dass die gut ausgebildeten und durchtrainierten Magier sich einigen Tests unterzo-gen, die Muggelastronauten zu absolvieren haben, bevor sie ins All fliegen dürfen. Er selbst war gerade bei einem Test in der Zentrifuge, einem wahnsinnig schnellen Karussell, mit dem die Kräfte simuliert werden, die beim Start eines Space Shuttles auf den menschlichen Körper wirken. Wieder schüttelte er den Kopf; er war einfach nicht in der Lage, einen Gedanken klar zu Ende zu denken, stattdessen schweifte er in sein umfassendes theoretisches Wissen ab, als brauchte sein Kopf etwas sicheres, an dem er sich orientieren konnte, wenn er noch nicht einmal wusste, wo er sich befand. Trotz seines Brummschädels musste er grinsen: Das ist wieder mal typisch! Ständig versuchte er, aktuelle Situationen auf Bekanntes zurückzuführen, um sie umso sicherer bewerten und analysieren zu können. Prof. Vektor hatte schon in seiner Hogwartszeit immer gesagt, dass er es verstehe, die Prinzipien der Höheren Mathemagie auf den Alltag zu übertragen. Doch zurück zu seiner Lage: Das letzte, was er sicher wusste, war, dass er in die Zentrifuge gestiegen war und diese bis zur vorgegebenen Geschwindigkeit be-schleunigt hatte. Er hatte vor sich die blinkenden Kontrolllämpchen gesehen und dann war alles schwarz geworden und dann - Filmriss. So sehr er sich anstrengte, ihm fielen keine weiteren Details ein, aus denen er hätte schließen können, wo und in welcher Zeit er sich jetzt befand. Nachdem er sich eingehend mit Zeitumkehrern und der Einsteinschen Relativitäts-theorie beschäftigt hatte, zog er auch hinsichtlich der vierten Dimension keine voreiligen Schlüsse mehr. So konnte das nicht funktionieren, er brauchte einen anderen Ansatz... Vorsichtig öffnete er die Augen, die er reflexartig zugekniffen hatte, als er sich plötzlich in einer fremden Umge-bung wieder gefunden hatte. Er blinzelte in das gleißende Licht, das von den weißen Wänden reflektiert wurde. Nach und nach wurde er wieder Herr über seine übrigen Sinne: Er spürte, dass er auf einer kalten harten Oberfläche lag und nur noch Trainingshose und T-Shirt trug. Nur kurz fragte er sich, wo seine Schutzkleidung geblieben war. Doch dann entschied sein Gehirn, dass es jetzt wichtigere Fragen zu klären gab. Er meinte, ein feines kicherndes Ge-räusch zu hören, dessen Ursprung er aufgrund des hellen Lichtes nicht erfassen konnte. Etwas kitzelte in seiner Nase; als er dorthin griff, bemerkte er, dass ihm jemand einen Schlauch in sein linkes Nasenloch geschoben hatte. Sein Gehirn lief auf Hochtouren, als es all diese In-formationen verarbeitete: Er war so etwas wie ein Versuchskaninchen, er wurde genau unter-sucht! Das kichernde Geräusch wurde lauter; es musste hier irgendwelche Lebewesen geben. Sein Gehirn entschied, das einzig nahe liegende zu tun, wenn man keine Ahnung hatte; laut fragte er: "Wo bin ich? Wann bin ich?" Seine Kehle war zwar trocken und die Stimme klang rau, aber immerhin funktionierte sie innerhalb normaler Parameter. Erneut schweiften seine Gedanken ab. Wo hatte er diesen Ausdruck eigentlich her? Ach ja, diese Muggelfernsehserie, die im Weltall spielte. Daran hatte ihn so vieles am heutigen Tag - halt, am Tag der Exkursi-on; er wusste ja immer noch nicht, wann er war - erinnert. Das kichernde Geräusch kam noch näher. Eigentlich war es gar kein Kichern, es hörte sich an, als wären es einzelne Worte, eine Sprache, die er nicht kannte, oder doch?! Auf eine sehr un-bestimmte Art kam ihm all dies sonderbar bekannt vor. Mühsam richtete er sich auf und fragte noch einmal: "Wo bin ich? Wann bin ich?" Das Licht blendete ihn nicht mehr so sehr und er sah schemenhaft Gestalten auf sich zukommen. Sie erinnerten ihn entfernt an Wichtel, schienen aber feingliedriger und größer - und bei Weitem zivilisierter zu sein als diese nerv-tötenden Tierwesen. Wieder musste er sich im Zaum halten, um nicht in einen Strudel von Erinnerungen an seine Schulzeit oder sein Studium gezogen zu werden. Was war nur mit ihm los? Sonst war es ihm nie schwer gefallen, sich auf etwas zu konzentrieren oder sich ganz auf eine Situation einzulassen. Anderenfalls hätte er wohl auch niemals die Chance bekommen, auf diesem fortgeschrittenen Niveau Astronomie zu studieren. Ob dieser komische Schlauch in seiner Nase etwas damit zu tun hatte? Vorsichtig tastete er danach in der Hoffnung, mehr herauszufinden, als ihm wieder einfiel, dass er noch immer keine Antwort auf seine Fragen bekommen hatte. Andererseits war es fraglich, ob diese Wesen ihn überhaupt verstanden, ihre irdischen Artgenossen waren der menschlichen Sprache ja nicht mächtig, obwohl sie humor-voller und gewitzter waren, als man ihnen auf den ersten Blick zutraute. Und humorvolle Le-bewesen, das war ihm in seinem Leben klar geworden, verfügten in der Regel über ein gewis-ses Maß an Intelligenz. Endlich standen die Weltraum-Wichtel - so hatte er sie im Stillen schon genannt - dicht vor ihm. Ohne dass sie auch nur einen Laut von sich gaben, wurde die leise Vermutung, dass er sich nicht mehr auf der Erde befand, zur Gewissheit. Daran war nicht ihr Aussehen schuld, nicht ihre Art sich zu bewegen, sie schauten ihn nur intensiv an und er wusste, ob seine bishe-rigen Annahmen korrekt oder falsch waren. "Telepathie!" schoss es ihm durch den Kopf. "Sie müssen über telepathische Fähigkeiten verfügen." Und sobald er diese Vermutung in seinem Geiste formuliert hatte, erkannte er, dass sie richtig war. Dann sollte es doch auch mit der Beantwortung der zweiten Frage funktionieren. Er konzentrierte sich voll auf die Frage: "Wann bin ich? In welcher Zeit?" Doch die Antwort blieb aus. Warum klappte es denn jetzt nicht? Ob sie ihn nicht verstanden? "Ich Dummkopf!" durchfuhr es ihn wie ein Blitz, was von den kichernden Gestalten vor ihm bestätigt wurde. "Ich muss in Aussagen denken, denn ich bekomme nur Wahrheitswerte als Antwort. Und Fragen können schließlich nicht wahr oder falsch sein." An diese Art der Kommunikation musste er sich gewöhnen, aber mit etwas Übung würde ihm das schon gelingen. Sonderbarerweise bekam er auch diese Vermutung bestätigt. "Könnt ihr etwa in die Zukunft sehen?" formte sich eine Frage in seinem Gehirn. Also dachte er: "Ihr könnt in die Zukunft sehen." Er war etwas verwirrt, als er erkannte, dass diese Aussage sowohl wahr als auch falsch war. Immerhin hatte er doch bei seinen mathema-gischen Studien gelernt, dass eine Aussage entweder war oder falsch ist - tertium non datur, eine dritte Möglichkeit gab es einfach nicht. Aber das war Mathemagie, ein konstruiertes lo-gisches Gebilde. Freilich konnte man die Welt damit gut beschreiben, aber sie sah teilweise richtige Aussagen nicht vor. "Ihr könnt unter bestimmten Voraussetzungen in die Zukunft sehen!" formulierte er. Nun war die Zustimmung widerspruchsfrei. "Puh", schnaufte er. "Das ist aber anstrengend!" Wenn man mit diesen Lebewesen kommunizierte, musste man alles selbst herausfinden, konnte sich niemals auf die Erfahrungen eines anderen verlassen. Und gleichzeitig konnten alle Anwesenden in einem lesen wie in einem offenen Buch. Aber war-um wusste er selbst nicht, was diese sonderbaren Wichtel-Wesen dachten? Natürlich! Okklu-mentik! Verschiedene Bewusstseins-Ebenen; je bewusster ein Gedanke war, desto schwieri-ger war es, ihn vor anderen zu verbergen! Die kichernde Bestätigung blieb auch hier nicht aus. Er fasste im Geiste seine Lage zusammen, um die Korrektheit seiner Hypothesen zu prüfen: "Euch ist es gelungen, mich aus dem NASA-Zentrum in euren Forschungsbereich zu transfe-rieren, der außerhalb der Erde liegt. Ich bin nicht der erste Mensch, den ihr entführt habt, um herauszufinden, wie das Leben auf unserem Planeten ist." Viele umständliche Gedankengänge später hatte er herausgefunden, dass diese Wesen zwar schon viele Menschen bei sich zu Gast gehabt hatten, nicht aber einen Magier, der mit Okklumentik und Legilimentik vertraut war. Sie selbst verfügten über außerordentliche Fähigkeiten in beiden Bereichen, so dass sie die genaue Kontrolle darüber hatten, was sie ihrem gegenüber preisgeben wollten und was nicht. Für sie gab es keine Sprachbarriere, weil Gedanken universell sind, so dass man sie nicht übersetzen muss. Das einzige, was sie nicht kannten, waren Fragen. Sie mussten Informatio-nen entweder aufschnappen oder alles selbst herausfinden, indem sie möglichst präzise An-nahmen machten. Durch den Schlauch in seiner Nase hatten sie ihm einen Trank verabreicht, der seine Konzentration herabgesetzt hatte, um auf diese Weise an möglichst viele neue In-formationen zu kommen. Normalerweise hätten sie ihn gar nicht zu Bewusstsein kommen lassen, doch sein Wissen, das dem ihren ähnlicher war als das aller anderen Menschen hatte sie neugierig gemacht. "Also würde man euch auf meinem Planeten als Zauberer bezeichnen," stellte er fest. Er blieb einige Zeit auf ihrem Planeten, der Lichtjahre von der Erde entfernt lag und sie tauschten Informationen aus. Er ließ sie von Magischen Tierwesen wissen, von der irdischen Kunst der Okklumentik, von den Errungenschaften der Magier und Muggel und erfuhr im Gegenzug vieles über ihre Lebensweise, die in vielen Punkten denen der Magier glich, oft-mals noch geheimnisvoller war, aber auch Züge hatte, die dem Leben der Muggel sehr ähn-lich war. Beispielsweise bewegten sie sich mittels elektrischer Geräte fort. Es wäre ihnen niemals möglich gewesen, ihn auf ihren Planeten zu bringen, wenn sie keinen Weg gefunden hätten, die Sonnenenergie zu speichern und in gebündelter Form für sich nutzbar zu machen. Sie waren ein Volk von Forschern, ihre Denkweise streng logisch, aber sehr humorvoll. Kurz und gut - er fühlte sich sehr wohl bei ihnen. Den Planeten und die Lebensumstände der Weltraum-Wichtel hier darzulegen, würde uns allzu weit führen. Doch er wusste, dass er eine wichtige Entdeckung gemacht hatte; es gab nicht nur Leben, es gab sogar extra-terrestrische Magie, die der uns bekannten stark ähnelt. Und er erfuhr eine Sache, die ihn unbeschreiblich glücklich machte: Entgegen ihrer bisheri-gen Gewohntheit, die Menschen mit einem Vergessenszauber zu belegen, bevor sie sie zur Erde zurücksandten, würde er die Erinnerung an diese Zeit behalten dürfen. "Ihr seid der Mei-nung, dass wir Magier auf der Erde euch ähnlich sind. Ihr wollt nicht unsere Methoden erfor-schen, ihr wollt mit uns eine Art Partnerschaft eingehen. Ich glaube auch, dass wir viel von-einander lernen können. Aber es wird eine Zeit brauchen, bis die gesamte terrestrische magi-sche Gemeinschaft dazu bereit ist, von eurer Existenz zu erfahren. Wir müssen es langsam angehen." Und tief in ihm hegten sich leise Zweifel, ob man ihm und seinen Berichten auf der Erde überhaupt Glauben schenken würde, obwohl Magier durchaus gelassener mit Unerwar-tetem oder so genannten Wundern umgingen als Muggel. Dennoch war er froh, mittlerweile so geübt in der Okklumentik zu sein, dass seine neuen Freunde diese Zweifel nicht wahrneh-men konnten. Er befürchtete, es könne sie kränken. Schließlich war der Moment gekommen, in dem er zurückkehren sollte. Sie führten ihn wie-der in den Raum, wo er auf ihrem Planeten angekommen war. Er legte sich wieder auf die Liege, nur den Schlauch in der Nase brauchte er nicht mehr, weil sie seine Hirnleistungen nicht beeinflussen mussten. Er sah nur noch die weiße Decke über sich, dann wurde es schwarz um ihn. Als er die Augen aufschlug, befand er sich in einer kleinen engen Kammer und sah auf das Blinken der Lämp-chen vor sich. "Wo bin ich? Wann bin ich?" schoss es ihm durch den Kopf.