15. Kapitel - --
Draco nahm seinen Umhang von der Garderobe und verließ Heiler Gurreivens Praxis. Nachdem die letzte Sitzung schon weggefallen war, war auch diese eher dazu gedacht gewesen, den Heiler von seinem neuentwickelten Trauma zu befreien. Wie sich herausstellte, hatte es sich bei der letztens vorgeschobenen „familiären Angelegenheit“ um die Offenbarung seiner über alles geliebten – und einzigen - Tochter Tiffany gehandelt, dass sie ihre Freundin Susan heiraten würde – die natürlich ein ganz reizendes Mädchen war, wie er zwischen zwei Schlucken starkem Feuerwhisky betonte. Dabei trug der Mann sein Schicksal noch ganz gut. Hätte er seiner Mutter das Selbe erzählt, hätte sie sich vermutlich augenblicklich irgendwo herunter gestürzt – oder bei genauerem Bedenken wohl eher ihn mitsamt dem Grund, warum sie niemals Enkelkinder erwarten dürfte. Er lachte leise in sich hinein, bevor er zum Bahnhof Kings Cross apparierte. Sie würde wohl eher wenig erfreut sein, wenn er sie verpasste. *+* Der Bahnhof war - wie zu erwarten - überfüllt. Draco seufzte, bevor er sich mit ausgefahrenen Ellenbogen seinen Weg durch die Menge bahnte. Reichte es nicht schon, dass sich die komplette Zaubererschaft Großbritanniens jeden ersten September auf dem Bahnhof tummelte, musste der bessere Teil der Muggel Londons sich auch noch ein Beispiel an ihnen nehmen? Er schob sich zwischen einer, laut auf sehr umgangssprachlichem französisch tratschenden Reisegruppe hindurch und eilte durch die Absperrung zwischen den Bahngleisen neun und zehn. Geheimhaltungsabkommen hin oder her, wenigstens konnte er auf dem Bahnsteig 9 ¾ davon ausgehen, dass er nicht auch noch von irgendwelchen dahergelaufenen Reisegruppen über den Haufen gerannt wurde... Nachdem er dem ersten Zweitklässler, der gerade drauf und dran gewesen war ihn über den Haufen zu renne seinen Todesblick hatte angedeihen lassen, war er sich allerdings gar nicht mehr so sicher, ob er sich nicht lieber durch ein ganzes Kreuzfahrtschiff voller Touristen kämpfen wollte, anstatt noch einen weiteren Schritt durch dieses Chaos aus Koffern, verlorenen Haustieren und Zwergen zu machen. Die wurden aber auch jedes Jahr kleiner... Dabei sollte man eigentlich meinen, dass man zwischen diesen laufenden Metern und ihren einzeln nach regelmäßigen Briefen verlangenden Eltern ohne größere Probleme jemanden finden könnte... Draco drehte sich um, als ihm jemand auf die Schulter klopfte. „Und ich dachte schon ernsthaft du hättest dich auf dem Weg vom Bahnhof hierher verlaufen...“ Astoria lächelte leicht. „Gut für dich, das dem nicht so ist, bis Weihnachten hätte ich immerhin eine ganze Weile Zeit gehabt, um vor mich hin zu schmollen.“ Er zwinkerte ihr zu. „Keine Sorge, dazu hättest du gar keine Zeit gehabt. Das siebte Schuljahr ist natürlich nicht so schlimm, wie immer gesagt wird, wenn man einmal von dem unerträglichen Prüfungsstress, bergeweise Hausaufgaben und... Huh, vergiss, was ich eben gesagt habe.“ Sie verdrehte die Augen. „Jetzt bin ich aber beruhigt...“ Er lachte leise in sich hinein. „So etwas habe ich komischerweise schon vermutet.“ Mit einem schicksalsergebenen Seufzen warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Der Zug fährt gleich schon wieder... Hm, dann werde ich wohl so langsam, ich will ja nicht zu meinem letzten Schuljahr zu spät kommen.“ Sie kaute kurz nachdenklich auf ihrer Unterlippe, bevor sie sich leicht grinsend zu ihm beugte. „Das wollte ich schon immer einmal machen. Ursprünglich war das zwar für Pansy gedacht, aber seit sich das Problem durch Theodor gelöst hat, wird sie es wohl auch tun...“ Astoria zog ihn etwas zu sich hinunter und küsste ihn, bevor sie sich lächelnd von ihm löste und mit einem „Bis Weihnachten!“ zum Zug eilte. Allerdings nicht ohne einer ziemlich fassungslos neben einem Mädchen, das wohl ihre Schwester sein mochte, stehenden Idris ein herablassendes Lächeln zu schenken. ...Und er hatte sich zwischenzeitlich schon wirklich gefragt, warum sie in Slytheirn gelandet war. *+* Lucius Malfoy schaute von seinem Buch („Dunkle Flüche und ihre (nicht vorhandenen) Gegenflüche im Wandel der Zeiten“) auf, als seine Frau hektisch suchend in die Bibliothek trat und sich über das Regal mit den Fotoalben hermachte. „Cissa... was tust du da?“ Plötzliche Hektikattacken ihrerseits gingen für die Beteiligten normalerweise nicht sonderlich gut aus... Da blieb nur zu hoffen, dass es sich um Draco drehte... Sie steckte eine Strähne zurück, die sich im Eifer des Gefechts aus ihrem Knoten gelöst hatte und wandte sich zu ihm um, den Arm voller Fotoalben. „Ich suche. Du weißt nicht zufällig, wo das Album mit den Fotos des Sylvesterballs bei den Greengrasses letztes Jahr geblieben ist, Liebling?“ Er zog die Augenbrauen hoch. Es könnte durchaus sein, dass er doch noch Pech hatte und dieses mal anstelle von Draco dran wäre, wenn sie sich plötzlich so an der Familie seines – ganz nebenbei verhassten - Cousins erkundigte. Nachdenken: Wie konnte sie überhaupt darauf gekommen sein? Adelaide Parkinson hatte ihr eben eine Hauselfe mit einer Nachricht geschickt... „Weiter links, bei den Hochzeitsfotos deiner Großcousine, Schatz... Aber wie kommst du jetzt darauf, wenn man fragen darf...?“ Selbstzufrieden lächelnd nahm sie das gesuchte Album aus dem Regal und drehte sich zu ihm um. „Du darfst. Adelaide hatte mir etwas Interessantes zu erzählen, was unser Sohn scheinbar als nicht für wichtig genug erachtet hat, um es uns zu erzählen.“ Sie blätterte hektisch durch das Buch und hielt es ihm dann sichtlich zufrieden mit sich und der Welt hin. „Astoria Greengrass.“ Narzissa klopfte mit dem Zeigefinger auf das Foto eines blonden Mädchens. Ach so, da lief der Hippogreif also lang... „Und woher weiß Adelaide das?“ Er wollte seinem Sohn immerhin eine kleine Chance lassen, sich vor seiner, bei ihrem Lieblingsthema – dem Liebesleben ihres Sohnes - außen vor gelassenen Mutter zu rechtfertigen. Diese winkte allerdings ab. „Nun, ich habe es von Adelaide, die mir eine Hauselfe geschickt hat, die hat es wiederum von-“ „Also der ‚Hauselfennachrichtendienst’?“, unterbrach er die zweifellos lange Aufzählung von Mitkomplizen. Narzissa nickte. „Ja, es läuft schlussendlich auf Morgan Chambers zurück, die am Bahnsteig 9 ¾ dabei war.“ Lucius musterte seine Frau zweifelnd. „Der Hogwartsexpress ist vor fünf Minuten losgefahren...“ Narzissa lächelte nur. „Da hast du einen der Gründe, warum man manchmal besser Hauselfen, als Eulen oder das Flohnetzwerk benutzen kann. Huh, hast du das gehört? Ich denke dein undankbarer Sohn ist hier gerade aufgeschlagen.“ Narzissa schritt gemessen zur Tür der Bibliothek. „Draco, Schatz, ich denke wir müssen uns einmal dringend unterhalten.“ Als dieser ins Zimmer trat, sah er schon angemessen besorgt aus. Sollte er auch, das würde jetzt wahrscheinlich lustig werden... Narzissa lehnte sich gegen ein Bücherregal und verschränkte die Arme. „Also, mein Lieber, besteht ein konkreter Grund, warum halb London vor mir mitbekommt, dass weitere Bemühungen meinerseits, dich dazu zu verleiten, dir ein nettes Mädchen zu suchen, mittlerweile überflüssig sind?“ Während Draco langsam dämmerte, worauf seine Mutter hinauswollte, sah er zunehmend verwirrt aus. Lucius versuchte, mehr oder minder erfolgreich, sein Lachen mit einem Hüsteln zu tarnen. Wieso da wohl jemand nicht auf die Hauselfen-Variante kam? Hm, könnte das etwa etwas mit dem Umstand zu tun haben, dass der arme Junge erst mit sage und schreibe 15 Jahren von ...huh, er kam drauf - hm nein doch nicht. Na ja, egal... diesem Zabini-Jungen darauf aufmerksam gemacht werden musste, wie der bessere Teil der magischen Bevölkerung darauf achtete, dass ihre Kinder sich nicht mitten in der Nacht aus, bzw. ins Haus schlichen – nämlich mittels Hauselfen, die sowieso nichts besseres zu tun hatten, als bis mitten in der Nacht in der Eingangshalle auf der Lauer zu liegen? Huh, gut möglich... Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der vorliegenden Unterhaltung zu. Narzissa schaute ihren Sohn anklagend an – eine nette Abwechslung, wenn man sah, dass sie sonst nichts auf Draco kommen ließ. „Darf man denn wenigstens wissen, wie lange das schon geht? Meinst du denn etwa, ich würde nur versuchen dich zu verkuppeln, weil ich nichts Besseres mit meiner Zeit anzufangen weiß? Ich möchte doch auch nur, dass du glücklich bist...“ „Mutter...“ „Nein, ich bin noch nicht fertig mit dir, und- Lucius sag auch einmal etwas!“ Huh, das war wohl sein Signal zum Aufbruch... Lucius legte sein Buch zur Seite und stand auf. „Verzeih mir, Schatz, aber ich denke, ich sollte so langsam gehen.“ Er küsste sie auf die Wange und ergriff mit einem spöttischen Lächeln in Dracos Richtung die Flucht. Da würde wohl jemand ein ganzes Stück arbeit vor sich haben, bis er sich da rausgeredet hatte... Er wusste eben, warum er seine Cissa liebte... -und wann es besser war ganz schnell zu verschwinden. Nun, er sollte sich sowieso einmal wieder seinem Klavier widmen. Im Salon. Weit weg von der Bibliothek...