7. Kapitel + Interlude - --
Interlude zu Kapitel 6: Überrascht löste sich Astoria von ihrem Buch, – ‚Blutmond’, kitschig, aber ab und zu brauchte man so etwas als Mädchen auch einfach - als sie hörte, wie sich die Tür öffnete. Obwohl sie das in Gedanken gleich wieder zurück nahm, als sie Draco Malfoy in ihr Zimmer treten sah. Jetzt war sie überrascht. Allerdings durchaus nicht negativ, wie sie nicht umhin kam zu bemerken, als sie ihn ein ganzes Stück zu enthusiastisch anlächelte. Mit einem innerlichen seufzen biss sie sich möglichst unauffällig auf die Unterlippe. Das war auch überhaupt nicht auffällig, schallt sie sich selbst. Ihm schien es mit der Situation allerdings auch nicht allzu gut zu gehen, als er in einer nicht sonderlich verborgenen, dafür allerdings umso Malfoy-untypischer Unsicherheit zum Reden ansetzte. „Huh... ich hatte gehört du bräuchtest Arithmantik-Nachhilfe?“ Astoria konnte nicht umhin die Enttäuschung zu bemerken, die diese Frage bei ihr auslöste und hätte sich dafür am liebsten geohrfeigt. Was sollte er hier denn sonst wollen? Diesen Ausspruch wiederholte sie auch weiterhin, wie ein Mantra, als er sich ihre Aufgaben ansah und sich schließlich, bis weitere Fragen auftraten, in ihren Sessel niederließ. Was die Sache mit den verdammten Arithmantikaufgaben nicht gerade einfacher machte. Wie sollte sie sich denn darauf konzentrieren, wenn sie das Gefühl nicht losließ, dass er sie direkt hinter ihrem Rücken anschaute? Genau, es geht nicht. Na ja, da konnte sie genau so gut ihre neu gewonnene Nachhilfe fragen, vor allem, wenn diese Schuld daran war, dass sie momentan noch weniger von Arithmantik verstand, als gewöhnlich. „Draco?“ fragte sie ihr Gegenüber, das, wie sie erkannte, nachdem sie sich auf ihrem Stuhl umgedreht hatte, gedankenverloren auf einem Pergament herumkritzelte und sich nebenbei ihre Regal besah. Ihre ausgesprochen unaufgeräumten und mit eindeutig kitschigen Büchern gefüllten Regale. Oh Merlin, womit hatte sie das verdient? „Hast du Probleme mit deinen Aufgaben?“ fragte Draco nun seinerseits, nachdem er seine Aufmerksamkeit – Merlin seis gedankt - von ihrer Inneneinrichtung nahm. Diese zeitweilige Freude hielt allerdings eindeutig zu kurz an. Genau genommen, bis sie feststellte, wie nahe er mittlerweile bei ihr stand - und bis ihr auffiel, dass ‚Blutmond’ unter den Notizen hervorschaute, die er gerade begutachtete. Sie nickte energisch und beugte sich über ihre Notizen, um das Buch möglichst unauffällig vom Tisch fallen zu lassen. Wie gut, dass sie so viele Probleme mit den Aufgaben hatte, dass sie dieses Schema nicht auffliegen lassen musste, da sie nach der Sucherei keine falsche Aufgabe präsentieren konnte. Kurzentschlossen zeigte sie auf eine Aufgabe, bei der besonders viele Lösungsansätze durchgestrichen waren und versuchte sich angestrengt zu erinnern, was sie hier nicht verstanden hatte. Oh nein, so ein verdammt dummer Fehler... „Ja, das hier ergibt keinen Sinn, wenn man hier,“ sie deutete auf den Anfang der Aufgabe „tatsächlich ‚Gwerenyns Gesetze’ anwendet geht es hier,“ sie deutete auf einen Zusatz am Ende der Gleichung „nicht mehr auf.“ Mit gerunzelter Stirn wandte sie sich zu ihm um und wurde sich bewusst, dass sich ihr Gesicht entschieden zu nahe bei seinem befand. Er schaute sie eine Sekunde lang genau an - und trat dann für ihren Geschmack ein ganzes Stück zu hastig zurück. Aber was hatte sie auch ernsthaft anderes erwartet? Sie atmete einmal kurz ein und hörte nur leise im Hintergrund, wie Draco seine Ausführungen abschloss. „Ehm... Da hast du am Anfang einen Fehler gemacht, es gibt da eine Eselsbrücke: „Nutze zuerst die zweite nie, denn es bricht dir das Knie...“ An ihr war nun einmal auch nicht groß etwas besonderes, in Zukunft sollte sie wohl besser auf dem Teppich bleiben... Kapitel 7 Draco blinzelte ungläubig. Sie würde doch nicht...? Vorsorglich zog er seinen Zauberstab hervor – nur für den Fall der Fälle – und machte betont langsam ein paar Schritte auf sie zu. Bei Merlin, er hätte ja nicht gedacht, dass es so schlimm war. Er räusperte sich. Irgendetwas müsste er ja tun können. „...Astoria?“ Die Angesprochene drehte sich auf ihrem Platz zu ihm um und bedachte ihn mit einem unbeschwerten Gesichtsausdruck, der zumindest seiner Meinung nach ganz und gar nicht angebracht war. „Hallo, Draco, was machst du denn so spät noch hier oben?“ Er bedachte sie mit einem ungläubigen Blick. Entweder verspürte sie das unerklärliche Verlangen, Smalltalk zu halten, bevor sie wohl nicht ganz so unabsichtlich von diesem Balkongeländer fiel, oder er hatte diese doch recht eindeutige Situation missverstanden. Er konnte nicht ganz sagen wieso, aber irgendwie würde er letzteres vorziehen. Angesichts der Situation schenkte er ihr nur ein recht gezwungenes Lächeln und ließ seinen Zauberstab in seine Umhangtasche fallen – sah nicht so aus, als würde man jede Sekunde anfangen, jeden in seiner näheren Umgebung zu verfluchen, war allerdings trotzdem griffbereit – und rang sich dazu durch, ihre Frage zu beantworten. „Ich habe gesehen, wie irgendjemand hier raufgegangen ist und wollte sehen, wer es war. Was genau tust du denn hier?“, fragte er und schaute sie mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an. Sie zuckte nur lächelnd mit den Schultern. „Ich gehe hier gerne hoch. Man kann die Sterne sehen.“ Nachdenklich runzelte sie die Stirn. „Solltest du dich damit nicht eigentlich auskennen? Ich meine, du bist doch sogar nach einem Sternbild benannt, oder?“ Ok, das hörte sich ja glücklicherweise nach Möglichkeit Nummer zwei an, noch einmal gut gegangen. Er trat an das Geländer, das, wie er dann doch ziemlich erleichtert feststellte, aus terrakottafarbenen Steinen und nicht aus Schmiedeeisen bestand, und stützte sich neben ihr mit den Händen ab. „Ein bisschen. Obwohl es relativ merkwürdig ist, dass bei meine Mutter, die ja eine Black war, die Tradition mit den Sternennamen übergangen und dafür bei mir weitergeführt wurde. Hatte, soweit ich das weiß, irgendetwas damit zu tun, dass ihre Mutter meinte, dass sie, wenn sie schon einmal blond ist und daher für eine Black einfach nur untypisch aussieht, auch einen anderen Namen haben kann – unsinnig, ich weiß.“ Sie schüttelte verhemmend den Kopf und Draco versuchte sein Bestes, nicht zu intensiv in ihre Richtung zu schauen, als ihre blonden Strähnen um den Kopf flogen. „Ich finde das überhaupt nicht unsinnig“, entgegnete sie „Ich denke, dass das eine sehr schöne Geschichte ist.“ Sie deutete auf den Platz neben ihr. „Setz dich doch.“ Er schaute sie kurz unentschlossen an, tat dann allerdings, wie ihm geheißen. Ob er nun bei dem Versuch umkam, möglichst nicht zu ihr herüber zu schauen, oder ob er sich den Tod holte, wenn er in die Tiefe stürzte, wo war da große der Unterschied? Seufzend ließ er sich neben ihr auf der Mauer nieder. Zumindest hatte er als Quidditchspieler keine Höhenangst... Astoria ihrerseits schien dieser, für die meisten Menschen doch recht beunruhigender, Umstand der Höhe allerdings auch vergleichsweise wenig auszumachen, zumindest deutete Draco so den Umstand, dass sie mit in die Tiefe baumelnden Beinen vollkommen unbesorgt gen Himmel schaute. „Wo genau liegt denn das Sternbild?“ Draco schaute sie, so plötzlich aus seinen Gedanken gerissen, verwirrt an. „Wie bitte?“ fragte er dann doch nach, wie vor aus dem Konzept gebracht. Sie zeigte gen Himmel. „Das, nach dem du benannt wurdest. Ich denke nicht, dass es bei den paar Sternzeichen dabei war, die wir in Astronomie hatten.“ Wortlos beugte er sich zu ihr, um ihre Perspektive besser nachvollziehen zu können und deutete mit ihrer von der seinen umschlossenen Hand auf eine Sternengruppe im nördlichen Sternenhimmel. „Die 16 Sterne dort“, erklärte er. „Es sieht ein bisschen so aus, wie ein schiefliegendes ‚N’ mit einer Schlaufe an seiner Spitze.“ Sie schaute in die angegebene Richtung. „...Ja, ich glaube, ich sehe es.“ Langsam zog sie ihre Hand zurück und stützte sich damit auf der Balustrade ab. Draco entschied sich dazu, weiterhin nach oben zu schauen. Entweder war sie sich ihrer Wirkung unerklärlicherweise nicht bewusst, oder sie besaß eine ausgeprägt sadistische Ader. „Draco?“ „Hm-hm?“ Er blickte zur Seite, wo Astoria ihre Aufmerksamkeit mittlerweile wieder dem Nachthimmel gewidmet hatte. „Was ich dich schon länger fragen wollte... Warum warst du denn bei dem Kopfheiler? Ich meine, ich sehe dich nicht wirklich als jemanden, der sich sonderlich gerne helfen lässt...“ murmelte sie, wandte sich allerdings nicht vom Himmel ab. Er könnte sich natürlich geirrt haben, aber es sah für ihn fast so aus, als wäre sie leicht errötet. Draco schenkte ihr einen überraschten Blick. Also war er nicht der einzige gewesen, der sich so seine Gedanken gemacht hatte... „Nach dem Krieg war es... schwierig. Alles war zu der Zeit kompliziert. Wir waren nun einmal trotz allem immer noch die Bösen, obwohl sie uns nichts konnten, da wir ihnen im finalen Kampf geholfen hatten.“ Er zuckte mit den Achseln. „Es stand alles Kopf und da musste selbst ich zugeben, dass ich Hilfe brauche, um mein Leben wieder auf die Reihe zu bringen – und ich bin dabei geblieben, da es wider erwarten etwas gebracht hat.“ Betreten schaute sie zur Seite. „Ich hätte nicht fragen sollen.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, schon in Ordnung. Soweit ist ja alles wieder mehr oder weniger OK - und dass ich ein bisschen, sagen wir einmal exzentrisch bin, habe ich ja auch nie bestritten.“ Mit einem Stirnrunzeln fuhr er fort. „Obwohl mir das Gegenteil wohl auch niemand geglaubt hätte...“ Astoria lachte leise in sich hinein und lehnte sich abwesend an seine Schulter. „Bei mir war es ähnlich...“ murmelte sie. „Wahrscheinlich ziemlich verweichlicht, immerhin hatte ich im Gegensatz zu dir nicht einmal wirklich etwas mit der ganzen Sache zu tun. Zumindest nicht mehr, als alle Anderen.“ Sie hob abwährend eine Hand, als er wiedersprechen wollte. „Schon gut, ich mache mich nicht mehr nieder, als unbedingt nötig und du wiedersprichst nicht, OK?“ Ohne seine Antwort abzuwarten fuhr sie fort. „Es war einfach so... Wir hatten ja eigentlich nichts von der ganzen Sache mitbekommen. Natürlich hat man davon in der Zeitung gelesen, aber trotzdem... Dann ist plötzlich der Krieg erst richtig ausgebrochen und man war mittendrin. Und egal, was man versucht hat, es wurde nur immer schlimmer... Ich meine, es ist nicht richtig, dass Muggelstämmige, die ja auch eine andere Perspektive hätten, statt uns unsere Chancen nehmen, aber trotzdem. Damit hat es dann angefangen, die ganzen Leute und... es war, als wäre man in ein dunkles Loch gefallen... und es ist manchmal immer noch schwer, nicht wieder dort reinzufallen.“ Bei den letzten Worten wurde sie immer leiser, bevor sie ganz verstummte und etwas von ihm wegrückte. „Das hat sich jetzt ziemlich verweichlicht angehört, oder? Du hast zum Beispiel viel mehr durchgemacht und jammerst hier nicht rum...“ Mit düsterer Miene wollte sie sich gerade in Richtung Terrasse von ihrem Platz rutschen lassen, als Draco sie am Handgelenk festhielt. Ernst schüttelte er den Kopf. „Das ist überhaupt nicht verweichlicht, und dass solltest du dir auch nicht einreden.“ Sie lächelte, bevor sie sich losmachte und sich mit wehendem Nachthemd in Richtung Treppe machte. Vor der Tür drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Gute Nacht, Draco.“ Sie ging rein und er blieb zurück, die nächsten Stunden einfach nur dasitzend, Blick zu den Sternen und durchgehend damit beschäftigt, dass er, Malfoy-typischer Stursinn hin oder her, nach dem Gefühl gerade eben, als sie ihn angelächelt hatte, etwas mittlerweile ziemlich offensichtliches nicht mehr leugnen konnte: Er war in Astoria Greengrass verliebt. Das hatte ihm ja gerade noch gefehlt...