5. Kapitel - --
Schlaftrunken stieg Draco die letzte Treppe auf seinem Weg zum Frühstückszimmer – und damit auch zu dem hoffentlich möglichst schwarzen Kaffee - hinab. Warum war dieses Haus auch mit so vielen verwinkelten Gängen und unpraktisch platzierten Treppen ausgestattet worden? Sowohl sein jetziges Domizil, wie auch Malfoy Manor kamen, doch trotz ihrer Größe, ganz ausgezeichnet ohne aus. Er fuhr sich noch einmal durch das vom Schlaf zerzauste Haar, bevor er die schwere Eichentür vor ihm öffnete. Immerhin wollte er nicht derjenige sein, der der Vorstellung vom perfekten Auftreten eines Malfoys den endgültigen Todesstoß versetzte... Mit einem verhaltenen Gähnen ließ er sich zwischen Tracy und Blaise am Frühstückstisch nieder und angelte sich mit immer noch halb geschlossenen Augen den Kaffee. Zu seinem Leidwesen hielt dieser Zustand zeitweiligen Glücks allerdings nicht sonderlich lange an, da seine Freunde die Gesamtsituation scheinbar zu lustig fanden, als dass sie ihrer guten Kinderstube entsprechend nichts gesagt hätten. Schief grinsend hielt Blaise ihm den Brotkorb hin. „Wieder von den Toten erwacht? Und das schon so früh, es ist noch nicht einmal Mittag.“ Bevor Draco sich entscheiden konnte, ob er diesen Kommentar besser ignorieren, oder ihm etwas möglichst Verächtliches entgegnen sollte, schaltete sich auch noch Tracy ein. ...Und das alles schon so früh am morgen. Mit gerunzelter Stirn musterte sie sein verschlafenes Wesen von oben bis unten, bevor sie sich nunmehr ebenfalls breit grinsend an Blaise wandte. „Weißt du, da gibt es ein Muggel-Märchen, „Dornröschen“, das mir gerade so spontan eingefallen ist. Draco passt ganz gut auf die Prinzessin, ich meine er ist immerhin sogar blond.“ Blaise schaute sie, gegen sein sonstiges Desinteresse in Sachen Muggel, interessiert an. „Ach wirklich, worum genau geht es denn da?“ Bevor das Thema sich noch weiter entfalten und gewisse Gesprächsteilnehmer noch ernsthaft verletzt werden konnten, schaltete sich Daphne genervt ein. „Schluss jetzt ihr Beiden, ich denke, damit habt ihr Draco schon zur Genüge aufgezogen - und ich toleriere in diesem Haus keine Blondinen-Witze, ist das klar?“ Bei dem letzten Teil lächelte sie leicht und warf ihr blondes Haar zurück. „So ganz nebenbei, hat jemand Lust Karten zu spielen?“ Hatten sie, also wurden die Hauselfen angewiesen, den Tisch „in Merlins Namen schnell“ abzuräumen (Dracos Meinung nach war es zumindest um den Kaffe nicht schade. Blümchenkaffee. Urgh) und ein Kartenspiel hervorgeholt. Während Draco seine Karten begutachtete, konnte er allerdings nicht umhin, seine Gedanken zu einer ganz anderen Blondine wandern zu lassen. Er hatte herausgefunden, was sie hatte, was ihn allerdings auch nicht viel schlauer machte, da er, bei Merlin noch mal, keine Ahnung hatte, wie sich eine „neurotische Depression“ nun so genau äußerte. Wenn man den Umstand, dass Daphne verzweifelt genug gewesen war, ihre Schwester vor Publikum auszufragen, um wenigstens irgendein Ergebnis zu erzielen, berücksichtigte, konnte man allerdings davon ausgehen, dass es nichts allzu Gutes war. Draco schüttelte geistesabwesend den Kopf. Zumindest davon konnte er wohl ausgehen, auch ohne Fachliteratur zu Rate gezogen zu haben. Obwohl das wohl gar keine so schlechte Idee wäre. Er sollte sich wohl einmal schlau machen, wo sich so etwas finden ließe... „Eh...Draco?“ Der angesprochene schaute so plötzlich aus seinen Gedanken gerissen verwirrt auf und sah sich vier Personen gegenüber, die ihn über den Tisch hinweg anstarrten. Verwundert runzelte er die Stirn. „Ist etwas?“ Tracy schürzte die Lippen. „Nichts außer der Tatsache, dass du schon geschlagene fünf Minuten auf deine Karten starrst und nichts von dem mitbekommst, was um dich herum passiert.“ Sie lächelte kurz. „Ach übrigens, du bist dran, obwohl sich das wohl auch noch weitere fünf Minuten hinausschieben ließe, würde es dir genehmen, uns zu erzählen, was dich da gerade so beschäftigt hat?“ Draco genehme durchaus nicht und machte ihm gleichen Maße schnell, wie auch stumm seinen Zug. *+* Nachdem Daphne nunmehr das zehnte Spiel in Folge gewonnen hatte, weigerte sich schließlich auch Blaise eine weitere Runde zu spielen, des lieben Frieden Willens hin oder her. Draco lächelte, als er aufstand und einen Blick in Richtung des Pärchens warf, wo Daphne Blaise gerade verstimmt fragte, ob „die Liebe wohl doch nicht so weit gehe.“ Mit einem letzten amüsierten Blick auf die Beiden öffnete er die Tür. Zumindest war Blaise nicht dumm genug gewesen, sich wie Tracy und Theodor zu erkundigen, ob sie sich ganz sicher wäre, ob sie nicht etwa vielleicht doch gemogelt habe. Das hätte er bei näherer Betrachtung wohl doch nicht überlebt. Mit einem gemeinen, kleinen Grinsen in den Mundwinkeln nahm er die erste Treppe zu Astorias – zu allem Überfluss im zweitobersten Geschoss gelegenen - Zimmer in Angriff. Der Umstand, dass er nach dem Vorkommnis am Anfang des Spiels seine Aufmerksamkeit uneingeschränkt seinen Karten gewidmet hatte, hatte ihn allerdings daran gehindert über den Punkt nachzudenken, der ihn nach, wie vor am meisten beschäftigte: Warum interessierte es ihn überhaupt ?! Natürlich, sie war die Schwester einer seiner besten Freunde, aber in Anbetracht der ganzen Blutreinheits-Geschichte, an die sich vor dem Ende des zweiten Blutkrieges wirklich alle Reinblütigen penibel gehalten hatten, war wohl so ziemlich jeder um ein paar Ecken mit jedem verwandt. Seine Miene verdüsterte sich, als er am Ende der Treppe in einen kleinen Gang einbog und von dort aus eine weitere Treppe emporstieg, während ihm ein unwillkommener Gedanke kam. Das wäre allerdings auch zu absurd... Er kannte sie doch kaum... Eine leise und seiner Meinung nach vollkommen ungebetene Stimme in seinem Hinterkopf konnte es allerdings nicht lassen, ihn darauf hinzuweisen, dass das bisher noch niemanden davon abgehalten hatte, sich zu verlieben. Er schüttelte energisch den Kopf. Das konnte nicht sein, vor allem, wenn er daran dachte, was ihm das das letzte Mal gebracht hatte. - Oder besser nicht, sonst sähe er sich hinterher noch gezwungen, den ganzen langen Weg noch einmal zurückzustürmen und Theodor zu beschwören, die Sache mit Pansy möglichst schnell wieder sein zu lassen. Na ja, das wäre ihr gegenüber wohl nicht sonderlich fair, wenn man einmal sah, dass es auch ein bisschen seine eigenen Schuld gewesen war, aber zurück zum Thema: Er war definitiv nicht in Astoria Greengrass verliebt, wie faszinierend und – seinem Standpunkt nicht gerade dienlich - hübsch sie auch war. Mit dieser befriedigenden Überzeugung brachte er den restlichen Weg zu ihrem Zimmer hinter sich. Als er den langen Flur mit Türen zu beiden Seiten vor sich sah, war er nur froh, sich daran erinnern zu können, dass Daphne einmal erwähnt hatte, dass das Zimmer ihrer Schwester direkt neben ihrem eigenen lag. So der Sucherei verschont, schritt Draco den Korridor hinunter und öffnete eine Tür ganz am Ende. Astoria saß in ein Buch vertieft an ihrem Schreibtisch und schaute auf, als er das Zimmer betrat. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als sich ihre Miene augenblicklich aufhellte, als sie ihn entdeckte und ihm ein Lächeln schenkte, das ihre Augen Funken sprühen ließ. Unwillkürlich wanderten Dracos Gedanken zurück zu seiner vorherigen Feststellung. „Drachenmist.“ Murmelte er so leise, dass sie es nicht hören konnte.