4. Kapitel - --
Blaise hatte einmal wieder in sämtlichen Punkten Recht behalten, ein Umstand, den Draco ebenfalls, wie mittlerweile üblich, nur noch resigniert wahr nahm. Als er und Blaise, nachdem sie zusammen nach Herfordshire appariert waren und nunmehr in dem, in der Zwischenzeit von Mr. und Mrs. Greengrass für ein Wochenende in Griechenland anlässlich einer verspäteten Hochzeitstagsfeier verlassenen, Manor angekommen waren und von einem Hauselfen in den Salon gelotst worden waren, blickte ihnen nämlich die komplette, von Blaise genannte, Gästeliste entgegen. Tracy, Theodor und Daphne... Da fehlten nur noch Pansy, sowie Crabbe und Goyle und alle Slytherins ihres ehemaligen Jahrganges wären versammelt gewesen. Vor dem Teetisch, der anstelle der normalerweise dort drapierten Tafel, merkwürdig verloren in dem großen Raum wirkte, stand Daphne, bei ihrem Eintreten, lächelnd auf. „Ihr seid wieder einmal die Letzten. Da hat es wohl jemand nicht so mit der Pünktlichkeit, hm?“ Mit einem schiefen Grinsen winkte sie sie zu sich hinüber an den Tisch und setzte sich vorsichtig wieder hin, immer mit einem Auge auf ihre neue dunkelgrüne Robe - Noir de Nuit, neueste Kollektion, 175 Galeonen. Draco verzog unwillkürlich das Gesicht. Das kam davon, wenn seine Mutter ihn regelmäßig zwang, mit ihr einkaufen zu gehen. Manchmal hatte er wirklich den Eindruck, dass seine Mutter von Zeit zu Zeit nur zu gerne vergaß, dass sie einen Sohn und keine Tochter hatte... Jemand wedelte mit seiner Hand vor seinem Gesicht herum. „Erde an Draco, bist du noch da?“ fragte Tracy, bei der Draco sich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte, wie sie von ihrem Platz da hingekommen war, wo sie jetzt gerade stand. „Erde an...was?“ Er runzelte verwirrt die Stirn “Was soll das denn bitte heißen?“ „Das ist ein Muggel-Sprich...“ Resigniert schüttelte sie den Kopf. „Ach vergiss es.“ Mit einer einladenden Geste auf den freien Stuhl neben dem ihren, setzte sie sich wieder hin. „Ich denke jawohl nicht, dass du dir hier den ganzen Tag die Beine in den Bauch stehen willst. Kekse?“ Draco ließ sich neben der Schwarzhaarigen nieder und langte in die dargebotene Schüssel mit Schokoladenkeksen. „Und wie geht es dir so, Tracy?“ fragte er, während er gleich noch einen der erfahrungsgemäß gleichwohl leckeren, wie auch schnell vergriffenen Kekse nahm. „Ich habe gehört, dass es bei „Quidditch Today“ ganz gut für dich läuft? Dein eigener Bericht über die fabelhafte Freundin des noch viel fabelhafteren Jungen-der-einfach-nicht-sterben-wollte, heroischer Retter der gesamten magischen Welt.“ Tracy rollte schnaubend mit den stechend grünen Augen. „Ja, welche Ehre. So langsam geht es mit dieser Zeitschrift wirklich bergab. Außerdem arbeitet man sich kaputt.“ Seufzend strich sie sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht und schob sie wieder hinter das Klämmerchen, dem sie entkommen war. „Aber auch das wäre vermutlich auch noch irgendwie zu verkraften, würde es wenigstens vernünftig bezahlt werden.“ Auf ihrer anderen Seite schaute Theodor von dem Buch auf, das halbaufgeschlagen in dem Regal neben seinem Platz lag und dessen Klappentext er gerade studiert hatte. „Was würdest du von einer Stelle bei der Hexenwoche halten? Soweit ich gehört habe, haben die gerade eine ihrer Kolumnistinnen wegen dieser Quidditchwetten-Geschichte gefeuert - Obwohl die ja wirklich ziemlich dumm war, sich erwischen zu lassen. Die Leiterin der Personalabteilung ist meine Cousine, vielleicht kann ich ja einmal mit ihr reden.“ Sprachlos starrte Tracy ihn an, bevor sich ihre fassungslose Miene langsam zuerst immer weiter aufhellte und dann in ein Lächeln verwandelte. „Theo, du bist ein Genie!“ Blaise lachte neben Daphne auf der anderen Seite des Tisches angesichts solcher Glückseeligkeit kurz auf, bevor er sich an Theodor wandte. „Nachdem die Jungfrau in Nöten jetzt erst einmal gerettet ist,“ eine huldvolle Geste in Richtung Tracy, die mit nachdenklich gerunzelter Stirn scheinbar schon darüber nachdachte, wie man ihren Lebenslauf in einer Bewerbung möglichst positiv darstellen konnte „mir hat da eine Eule etwas von dir und Pansy gezwitschert...“ Theodor schaute ihn über den Rand seiner Lesebrille hinweg mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Und?“ Blaise schaute seinerseits grinsend zurück. „Was soll hier „und“ heißen? Wir wollen sämtliche kleine Details wissen!“ Draco verzog das Gesicht. „Nein, das wollen wir nicht.“ Definitiv nicht... Der dunkelhaarige schenkte ihm einen missbilligenden Blick. „Doch, das wollen wir sehr wohl.“ Bevor Draco darauf noch etwas erwidern konnte, huschte eine hellhaarige Figur an ihm vorbei und fischte sich das Buch, welches Theodor gerade noch studiert hatte aus dem Regal und wollte schon auf dem Absatz umdrehen, als Daphne sie am Arm fasste. „Tori, warum setzt du dich nicht zu uns?“ fragte sie ihre Schwester in einem freundlichen, ganz und gar unbefangenen Ton, der einfach nicht zu ihrem besorgten Gesichtsausdruck passen wollte. Astoria schüttelte den Kopf. „Es sind deine Freunde. Ich gehe etwas lesen.“ Daphne musterte skeptisch das Buch, das ihre Schwester an sich gedrückt hielt. „ ‚Das große Schlaftränke-Almanach’?“ Astoria warf das lange blonde Haar zurück. „Ja, wieso nicht?“ fragte sie bissig und versuchte sich loszumachen, allerdings hatte Daphne augenscheinlich nicht vor, so leicht locker zu lassen. „Wann hast du eigentlich das letzte mal etwas gegessen, du wirst immer dünner...“ Mit einem Ruck zog Astoria ihren Arm zurück und funkelte ihre Schwester an. „Ich habe normal gegessen und du weiß auch ganz genau, warum ich... Heh, warum fragst du überhaupt noch?“ Daphne fuhr von ihrem Stuhl auf und schaute sie aus zusammengekniffenen dunkelblauen Augen an. „Weil ich mir Sorgen um dich mache, stell dir einmal vor!“ Ihr gegenüber stemmte die Arme in die Seiten. „Wie schön zu hören, Mutter!“ Mit verdächtig nass glitzernden Augen schaute Daphne sie an. „Wenn Mutter sich gekümmert hätte, wäre es ja vielleicht gar nicht dazu gekommen.“ Astoria funkelte sie noch einmal an, bevor sie sich einen Keks aus Dracos Privatvorrat nahm. „Du hast keine Ahnung. - Den Keks nehme ich allerdings trotzdem.“ Sie zog die Mundwinkel etwas hoch und musterte Draco. „Hallo.“ murmelte sie und drehte sich auf den Absätzen um und ließ den Raum totenstill zurück. Mit hängenden Schultern ließ sich Daphne wieder auf ihren Stuhl fallen. Besorgt musterte Blaise sie, bevor er sich an Theodor wandte. „Also wie war das jetzt mit Pansy?“ Daphne schaute ihn dankbar an, als das Gespräch wieder aufgenommen wurde. *+* Viele Stunden und ein angeregtes Gespräch, das sich möglichst wenig mit irgendetwas, das auch nur im entferntesten mit Astoria zu tun hatte und möglichst viel mit Pansy befasst hatte, später stieg Draco die, seinem Gefühl nach fünfte, Treppe auf dem Weg zu seinem Gästezimmer hoch. Nachdenklich zog er mit einem Finger im Gehen das Muster auf der Stuckleiste in der Mitte der Korridorwand nach, als er unerwartet mit jemandem zusammenstieß. „Was bei Merlin...?“ Er blinzelte kurz, als er das blonde Mädchen erkannte, das bei dem Zusammenstoß hingefallen war und streckte ihr eine Hand hin, um ihr aufzuhelfen. „Hey, Astoria.“ Zögernd ergriff sie seine Hand und ließ sich hochziehen. „Danke“ murmelte sie betreten, augenscheinlich sehr bemüht, nicht in seine Richtung zu schauen. Aber was wäre er auch für ein Malfoy gewesen, hätte er so schnell aufgegeben. „Ich habe gehört, dass du Nachhilfe in Arithmantik brauchst. Ich könnte dir bei Gelegenheit helfen.“ Sie schaute ihn ungläubig an. „Du...willst mir Nachhilfe geben?“ Draco runzelte die Stirn. „Ich war zwar nicht der Beste in unserem Jahrgang, aber so schlecht war ich auch nicht!“ Astoria hob abwährend die Hände. „So meinte ich das nicht, nur... Du hältst mich nach der Aktion eben nicht für vollkommen geistesgestört?“ Ihrem Blick nach zu schließen, war das für sie immer noch wirklich schwer zu glauben. Er schüttelte den Kopf. Nur für verzweifelt... „Nein, es hat sich so angehört, als hättest du deine Gründe.“ Er runzelte erneut die Stirn. „-Die du scheinbar allerdings nicht weiter erläutern willst.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, will ich nicht. Es wäre allerdings nett, wenn du mir helfen könntest.“ Sie lächelte ihn noch einmal leicht an und setzte ihren Weg, die ihm entgegengesetzte Richtung des Korridors hinunter, fort. *+* In seinem Zimmer angekommen, zündete Draco mit einem Schwung seines Zauberstabes die Kerzen an und nahm seinen Umhang aus dem Schrank, wo ihn die Hauselfen nach seinem Eintreffen drapiert hatten und zog einen zerknitterten Pergamentfetzen, auf dem in der einen Ecke noch ein Stück des golden schimmernden Logos des St. Mungo zu erkennen war, hervor. Langsam fuhr er den wackeligen Schriftzug nach, den er dort wenige Tage zuvor notiert hatte. Deprimere, neurotisch Wie er den Sinn des Wortes nicht schon früher, auch ohne Lateinkenntnisse, verstehen konnte, konnte er sich nur mit akutem Schlafmangel, zum Zeitpunkt der Entdeckung, erklären. Jetzt wusste er also schon, was sie hatte, der nächste Schritt war herauszufinden, wie es dazu gekommen war, dummerweise würde sich das wohl ein ganzes Stück schwieriger gestalten, als der letzte Schritt.