3. Kapitel - --
Draco atmete noch einmal tief durch, bevor er statt nach links, zum Ausgang, nach rechts, in ein Nebengebäude, in Richtung „Psychologische Betreuung“ einbog. Warum genau tat er das hier noch einmal? Ach ja, genau, weil er aus irgendeinem, ihm nicht erschließbarem, Grund nicht anders konnte. Er musste einfach herausfinden, was hinter der ganzen Geschichte mit Astoria Greengrass steckte. Resigniert schüttelte er den Kopf, als er aus dem Flügel mit den Konferenzräumen hinaus in die psychisch orientierte Station des St. Mungo trat. Das, was ihm an der Sache so missfiel, war vielmehr die Tatsache, dass er sich gezwungen sah, im Namen der Aufklärung bezüglich Astoria, nach der Aufsichtsratssitzung des Hospitals, bis zur psychischen Abteilung durchzuschlagen, nur um zu hoffen, dort niemanden anzutreffen und so eine kleine Chance zu haben, einen Blick auf ihre Akte werfen zu können. Dabei hatte er ja eigentlich schon alleine nach der Aufsichtsratssitzung genug, an der er als großzügiger Sponsor immer mehr, oder was allerdings weitaus öfter vorkam, minder interessiert teilnahm. Dabei hatte er normalerweise schon nach der Aufsichtsratssitzung genug, an der er als Sponsor regelmäßig teilnehmen musste. Nun ja, so weit so gut. Immerhin war ihm bisher nur ein übermüdeter Assistenzheiler entgegengekommen, der so, wie er aussah, gerade auf der verzweifelten Suche nach Kaffee war. Würde er nicht gerade selbst in Selbstmitleid schwelgen, hätte er ihn fast bedauert. Normalerweise würde er just in diesem Moment nämlich mit einem guten Buch und eventuell einer Flasche Elfenwein in seinem Lieblingssessel direkt vor dem Kamin in der Bibliothek, zu Hause, in seinem Anwesen sitzen und es sich gut gehen lassen. - Aber nein, da musste ihm seine Sturheit ja wieder einmal einen Strich durch die Rechnung machen. Ruhig Blut, Draco, positive Gedanken! Nur noch zwei Mal abbiegen und er hätte sein Ziel, die Verwaltung der Kopfheiler, erreicht. - Und auch nur noch wenige Meter, die ihn von seinem Sessel trennten. Er beschleunigte seine Schritte und blieb kurz am Heilerzimmer stehen, um sicherzugehen, dass keiner unerwarteter Weise unterwegs war (War keiner, wenn man die Tatsache sah, dass es sich sämtliche sechs Heiler der Nachtschicht auf dem Boden bequem gemacht hatten, um Zaubererpoker zu spielen. Wofür wurden die eigentlich bezahlt? Er hätte ein ernsthaftes Wörtchen mit dem Stationsheiler gewechselt, hätte er in diesem Fall nicht erklären müssen, wie er zu dieser Einsicht gekommen war...) und sprintete an der angelehnten Tür vorbei, bis vor die – Merlin sei dank nicht abgeschlossene - Tür der Verwaltung. Fahrig strich Draco sich eine Strähne aus der Stirn – ein sicheres Zeichen dafür, dass er wirklich nervös war. Er war nur froh, dass diese Macke in seinem sonst relativ weitgehend perfektionierten Pokerface bisher noch niemanden aufgefallen war. Seufzend trat er in den mit Aktenschränken vollgestellten Raum. Schnell rein, Akte begutachten, schnell wieder raus, schien angesichts der bis zur Decke reichenden Schränke kein allzu muggelsicherer Plan mehr. Wie er befürchtete nicht zum letzten Mal an diesem Tag, fragte Draco sich, warum er sich das hier wirklich antat, als er sich an dem ersten Schrank mit der Beschriftung „G“ zuschaffen machte. *+* Eineinhalb Stunden und zahlreiche farbenfrohe Flüche gegen die Person, die die Akten „geordnet“ hatte und augenscheinlich nicht allzu viel von alphabetischer Ordnung innerhalb der einzelnen Buchstaben hielt, hatte Draco endlich die Akte in seinen Händen. Er war so kurz vor der Lösung des Rätsels. Mit einem selbstzufriedenen Lächeln überflog er sie Patientenbeschreibung. Name:... Als ob das nicht schon klar gewesen wäre, nachdem man die Beschriftung der Mappe gesehen hatte. Alter: 17... Gut zu wissen, jetzt allerdings nicht weiter relevant. Wohnort:.... Kommt endlich zum Punkt! Diagnose:... Draco schnaubte angesichts des ihm vollkommen nichtssagenden, da in Latein verfassten, Krankheitsnamens. Das wäre ja auch einfach zu schön gewesen. Frustriert notierte er sich das lateinische Kürzel auf der Rückseite einer Rechnung und legte die Akte zurück. Das würde er bei Gelegenheit noch einmal nachschlagen, denn zumindest für den Moment wollte er nur noch nach Hause in sein schönes, warmes Bett. *+* „Draco!“ Etwas Unverständliches murmelnd zog dieser sich sein Kissen über das Gesicht. Wer immer das auch war, sollte gefälligst später, zu einer nicht so gottlos frühen Stunde wiederkommen. Er war einfach nur so müde... Der Besucher schien die Angelegenheit zu seinem Leidwesen etwas anders zu sehen, da er dem Krachen der Türen nach zu urteilen, die Zimmer den Flur entlang nach ihm durchsuchte. Nur noch fünf Minuten! Mehr wollte er doch gar nicht, nur noch fünf Minuten Ruhe... Seine Gebete schienen jedoch nicht erhört worden zu sein, da die Tür aufgeschlagen wurde und ein spöttisches Lachen aus der Richtung der Tür zu hören war. „Also wirklich Draco, nachdem wir sechs Jahre in dem selben Schlafsaal geschlafen haben, ist mir so langsam schon klar, dass du kein Morgenmensch bist, aber das da geht doch einwenig zu weit.“ Draco stöhnte auf, als sein angeblich bester Freund seine sadistische Ader noch ein wenig mehr auslebte und die Gardinen aufzog und drückte sein Kissen noch ein wenig fester auf sein Gesicht. „Blaise, was bei Merlin machst du hier – mach die verdammten Gardinen wieder zu! - und wie bist du überhaupt hier reingekommen - ich warne dich, mach sie wieder zu! - ?“ knurrte er unter seinem Kissen, an seinen Freund gewandt, hervor. Dieser stellte sich allerdings nur ungerührt an das Bett – so wie Draco ihn kannte mit seinem berühmten hämischen Grinsen -, bevor er sich dazu bringen konnte, den mittlerweile ziemlich angenervten Draco in den Grund seines Kommens einzuweihen. „Wer soll mich schon reingelassen haben? Deine Hauselfe natürlich“, antwortete er in einem Tonfall, den man wohl bei einem dreijährigen Kind für angemessen gehalten hätte. Draco verzog das Gesicht, als Blaise fortfuhr. Da hatte jemand ja richtig Spaß... „Also“, setzte er wieder an „wie sieht es mit deinem Plänen fürs Wochenende aus? Daphne hat mich zu sich eingeladen und vorgeschlagen, die Einladung auf dich auszuweiten, mein Gesellschaften hassender Freund. Tracy sollte auch da sein und Theo auch, sollte er nicht zu sehr mit anderen Sachen beschäftigt sein. Vielleicht würdest du dich ja sogar bereit erklären, Astoria bei ihrem Arithmantik-Kram zu helfen, du bist immerhin eine der wenigen Personen, die ich kenne, die diesen Kram ernsthaft verstanden haben.“ Draco spähte unter seinem Kissen hervor. Das war ja fast zu gut, um wahr zu sein. Apropos... „Daphne? Da spricht nicht eventuell die Person, die letztens etwa gleichzeitig mit ihr auf ‚mysteriöse Weise’ verschwunden war?“ Blaise lachte auf und klatschte in die Hände, woraufhin eine apathisch dreinschauende Hauselfe erschien. „Schuldig im Sinne der Anklage. Milly, ich denke dein Meister könnte jetzt einen Kaffee vertragen.“