Prolog - Prolog
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Eine Geschichte über zwei Menschen und einen Tanz.

[/SIZE]  Lily Evans seufzte und lehnte ihren glühenden Kopf gegen die kühle Fensterscheibe. Das schummrige Licht ihrer Schreibtischlampe tauchte ihr kleines Zimmer in ein geheimnisvolles Licht. Sie spähte aus dem Fenster und versuchte angestrengt etwas zu erkennen, doch die Dunkelheit verschluckte jeden Gegenstand, der sich weiter als eine Handbreit von ihrer Scheibe entfernt befand, wie ein gieriger Schwertfisch. Es war bereits nach Mitternacht, doch sie hatte nicht vor, sich schlafen zu legen, bevor sie ihre Berufsempfehlungen auch wirklich in der Hand hielt. Professor Dumbledore, der Schulleiter ihrer ‚Abnormalen-Schule’, wie ihre Schwester zu sagen pflegte, hatte letztes Jahr von diesen Papieren gesprochen und versichert, dass jeder Schüler bis zum 20. Juli eine Eule mit ihnen erhalten hätte. Lily würde in ein paar Wochen ihr letztes Schuljahr antreten, und obwohl sie nicht ehrgeiziger war als nötig, wollte sie sich rechtzeitig überlegen können, welche Fächer sie belegen würde. Immer noch verharrte sie, das Gesicht an das kühle Glas gedrückt und war gerade im Begriff einzudösen, als sich etwas nicht weit von ihr entfernt regte und zwei riesige Augen sie durch das Glas hinweg anstarrten. Lily schreckte hoch und stieß einen spitzen Schrei aus, woraufhin sie ein dumpfes Aufstöhnen aus dem benachbarten Zimmer vernehmen konnte. Verdammt. Ihr Vater, ein unbegabter Hobby-Handwerker, hatte vor einigen Jahren eine Trennwand zwischen ihrem und dem Zimmer ihrer Schwester gezogen, da er die ewigen Streitereien nicht mehr hatte ertragen können. Allerdings war die unprofessionell aufgeschichtete Mauer dünn wie Papier und Lily konnte jedes Geräusch aus dem Zimmer ihrer älteren Schwester klar und deutlich verstehen. Dies erwies sich zwar teilweise als interessant, andererseits aber auch als furchtbar störend. Lily öffnete das Fenster, um die immer noch wartende Eule hineinzulassen. Ein kühler Windstoß zerzauste ihre langen Haare und ließ sie frösteln. „Ich hab schon auf dich gewartet.“, flüsterte sie der ungewöhnlich großen Eule zu und begann den Brief von deren Bein zu lösen. Ihre schlanken Finger nestelten einige Zeit am fest zugezogenen Knoten herum. „Verdammt…“, zischte sie nach einigen Augenblicken, ließ von dem Band ab und wollte sich gerade auf die Suche nach ihrem Zauberstab begeben, als sie ein kurzes klick vernahm und die Eule ihr den Brief mit einem Stups ihres Schnabels zuschob. Lily entfaltete das vergilbte Pergament und begann zu lesen: Guten Abend holde Schönheit, so spät nach wach? Ich hatte nichts anderes erwartet. Ich habe mich ein wenig kundig gemacht und erfahren, dass du seit einigen Jahren eine Tanzschule besuchst. Ich tanze auch gern. Wer hätte das gedacht: endlich eine Gemeinsamkeit…? Wir könnten unser Kriegsbeil vielleicht begraben, um uns besser kennen zu lernen. Vielleicht würdest du mich übermorgen zu einem Tanzabend begleiten.. 20 Uhr? Kein Ausreden. Gruß, James Lily zerknüllte den Brief zwischen ihren Fingern und warf ihn beiseite. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet… James Eule, die immer noch auf ihrem Schreibtisch hockte, schaute sie verständnislos an, als wolle sie bemängeln, dass sie den späten Flug anscheinend umsonst angetreten war. Lily strich ihr über das weiße Gefieder. „Tut mir Leid.“, versuchte sie sich vor ihr zu rechtfertigen. „Aber ich habe das dumpfe Gefühl, dein Besitzer kann hartnäckiger sein als mein Schwesterherz…“ Das Tier schien fürs erste besänftigt und Lily verpasste ihm einen liebevollen Klaps. Dann ergriff sie den eben erhaltenen Brief und machte Anstalten, ihn zu zerreißen. Doch irgendetwas hielt sie zurück und sie verfrachtete ihn in eine ihrer Schubladen. Man weiß ja nie. Sie hatte lange keine Tanzfläche mehr betreten, wenn man bedachte, dass diese für sie jahrelang wie ein zweites Zuhause gewesen war. Allerdings war Potter nicht die Gesellschaft, die sie vorzog, wenn es darum ging alte Kenntnisse aufzufrischen. Und sie bezweifelte ernsthaft, dass dieser ungehobelte Frauenheld auch nur einen Tanzschritt wirklich beherrschte. Andererseits wurde ihr Benehmen langsam wirklich albern. Vielleicht sollte sie sich auf eine Versöhnung mit ihm einlassen. In gewisser Weise war es sogar schön, um eine Verabredung gebeten zu werden… doch sie hatte oft den Eindruck, dass ein Mädchen für James nicht mehr als eine Trophäe war. Aufgebracht schüttelte sie den Kopf. Es war viel zu spät um noch über solche Beziehungskisten nachzudenken. Lily knipste ihre Lampe aus, tastete sich durch das stockdunkle Zimmer und versuchte ungeschickt mit den Füßen unter die Bettdecke zu schlüpfen. „Verdammter Mist…“, murmelte sie schläfrig bevor sie die Augen schloss und in einen Traum verfiel, in welchem James Potter einen flotten Quickstepp mit Elvis tanzte. Grelle Sonnenstrahlen blendeten Lily, als sie am übernächsten Morgen die Augen aufschlug. Sie hatte am gestrigen Abend versäumt, die Jalousien zu schließen und nun durchflutete das Licht ihr Zimmer wie ein nicht zu bändigender Wasserstrom. Allerdings hatte dies sie nicht erwachen lassen. Aus der unteren Etage ertönte lautes Gelächter, das wohl selbst einen Toten erweckt hätte. Lily stöhnte und zog sich die Decke über den schmerzenden Kopf, doch die dröhnenden Stimmen drangen selbst durch das dicke Stück Stoff weiterhin an ihr Ohr. Anscheinend war ihre Familie nur zu Scherzen aufgelegt, wenn im oberen Stockwerk geschlafen wurde. „Na toll…“, grummelte Lily und setze sich langsam auf. Träge hievte sie die müden Beine über die Bettkante und schlüpfte in ihre Puschen „Na die können was erleben…“, meckerte sie ein weiteres Mal, als sie mit wehendem Morgenrock die Treppen hinuntereilte. Das fröhliche Stimmengewirr wurde lauter und sie konnte schon auf dem Absatz hören, dass sich das ganze Haus in der kleinen Küche versammelt hatte. Verwundert spähte Lily aus sicherer Entfernung in den Raum hinein. Es kam selten vor, dass sich die gesamte Familie Evans an einem Tisch befand, ohne zu streiten. Von gemeinsamen Scherzen ganz zu schweigen. Lilys Mutter, wie immer akkurat gekleidet, schenkte ihrem Mann gerade eine Tasse Tee ein, während sie immer wieder einen Blick in Richtung Kaminsims warf und dabei freundlich lächelte. Selbst Petunia, von welcher Lily nur einen Teil zu sehen bekam, schien sich über etwas köstlich zu amüsieren und zwinkerte ohne Umschweife in dieselbe Richtung wie ihre Mutter. „Was ist...?“, hinterfragte Lilly und trat neugierig über die Schwelle der Küchentür. Nun waren alle Blicke auf sie gerichtet. Ihre Mutter trat einen Schritt auf sie zu, lächelte freundlich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Schön, dass du auch endlich wach bist…“, begann sie, doch Lily unterbrach sie. „Kein Wunder, bei dem Lärm den ihr veranstaltet.“, beschwerte sie sich. „Ich hätte getrost noch ein paar Stunden schlafen können!“ Ihre Mutter schüttelte bloß den Kopf. „Ich denke nicht. Oder möchtest du deinen Gast so lange warten lassen?“, fragte sie und bevor Lily sich Gedanken über ihre Worte machen konnte, vernahm sie aus dem hinteren Ende des Zimmers eine raue, tiefe Stimme und wirbelte herum. „Guten Morgen, Miss Evans! Schickes Schuhwerk…“, grinste James Potters Kopf ihr aus den Flammen entgegen. Lily blickte an sich herunter und errötete leicht, bei dem Anblick ihrer grünlichen Pantoffeln. Was machte James Potter in ihrem Kamin? Und warum hatte ihr niemand Bescheid gesagt? Lily fand es nicht halb so amüsant wie ihre Schwester, welche sich gerade kichernd hinter einer Zeitung verbarg, dass sie hier halbnackt vor einem ihrer Klassenkameraden stand. „Als ich heute Morgen den Tee aufsetzte, begrüßte mich dieser junge Mann und fragte nach dir. Ich habe ihm gesagt, dass er am besten noch ein bisschen warten solle, um dich nicht auf dem falschen Fuß zu erwischen!“, lächelte ihre Mutter und zwickte Lily bei den letzten Worten kurz in die Seite. Dann machte sie sich wieder an der Teekanne zu schaffen. „Er hat uns wirklich nett unterhalten.“, grinste sie und James zwinkerte nur. „Sollen wir euch alleine lassen?“, meldete sich nun Lilys Vater zu Wort. Seine Stimme war ein wenig brummig. Er war kein Frühaufsteher und das morgendliche Treiben hatte anscheinend auch ihn unsanft aus den Federn geholt. Lily zuckte die Achseln, doch James nickte kurz und Familie Evans erhob sich ohne zu zögern und verschloss die Tür hinter sich. Lily war sich nicht sicher, was nun zu tun war. Verschlafen fuhr sie sich durch die langen Haare. „Was willst du denn?“, fragte sie schließlich, immer noch gereizt. „Ich wollte mit dir noch einmal über meine Einladung sprechen. Das Angebot steht…“, sagte er und legte sein kantiges Gesicht in Falten. „Potter, ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist. Wir beide zusammen in einem Raum, das würde sicher nicht lange gut gehen.“, gab sie zu bedenken und er grinste. Auch sie musste schmunzeln. „Nenn mich doch James.“, sagte er nur. Lily schüttelte den Kopf. „Ich nenn dich so lang Potter, wie ich das für richtig halte…“ James machte kurz ein merkwürdiges Gesicht, dann sagte er: „Ich würde gern mit den Achseln zucken. Leider scheint das hier nicht möglich zu sein.“ Und deutete mit dem Kopf auf die Stelle, an der seine Schultern hätten sitzen sollen. Nun musste auch Lily lachen. James bewegte sich nicht und nach einiger Zeit seufzte sie resignierend. „In Ordnung…“, lächelte sie und schüttelte tadelnd den Kopf. „Hol mich um acht Uhr ab.“