Das vermisste Mädchen -
Prolog Die Eheleute Pratchet zogen mit ihrer kleinen Tochter Olivia und dem Sohn Jack nach Godric´s Hollow. Sie hofften hier eine neue und schöne Heimat gefunden zu haben, aber alles kam anders, als sie sich das vorgestellt hatten. Beim Umzug der Familie stand fast das ganze Dorf auf der Straße, um dem Treiben der Neuankömmlinge zuzuschauen. Man hatte sich schon viel von der Familie erzählt und die Dorfbewohner waren der neuen Familie im Dorf nicht besonders wohl gesonnen. Die Eltern und auch Jack waren ganz normale Zauberer, aber Olivia war, so erzählte man sich, ein Squib und Squibs waren in Godric´s Hollow alles andere als willkommen. Die Einzige, die die Meinung der Schaulustigen nicht teilte, war Ruby. Sie wohnte direkt neben den Pratchets und spielte oft und gerne mit Olivia. Leider waren die Dorfbewohner nicht besonders begeistert von dieser Fügung. Man mochte die Pratchets von Anfang an nicht und hatte vor, diese Leute so schnell wie möglich von hier zu vertreiben. Muggel und Squibs hatten hier schließlich nichts zu suchen. Die anderen Kinder im Dorf ließen sich von ihren Eltern beeinflussen und schnitten Olivia und schließlich auch Ruby. Sie wollten weder in der Schule, noch in der Freizeit etwas mit den zwei Mädchen zu tun haben. Ruby störte das wenig. Sie mochte Olivia und es war ihr gleich, was die anderen im Dorf über das Mädchen oder dessen Eltern sagten. Sie war gerne mit Olivia zusammen. Die beiden hatten sich sogar eine Geheimsprache ausgedacht und schrieben sich heimlich Briefe, die sie abends durch eine Eule in das Zimmer der anderen hineinbringen ließen. Die beiden waren gerade mal zehn Jahre alt und auch Ruby konnte noch nicht richtig zaubern. Nur ein paar kleine Zauber, aber den Schwebezauber beherrschte sie noch nicht richtig. Eines Tages wurde die Situation im Dorf ziemlich heikel. Alle älteren Kinder waren in den Ferien aus Hogwarts gekommen und nun gab es noch mehr, die Olivia und Ruby ärgerten und beschimpften. Rubys Eltern wuchs die Situation so über den Kopf, dass sie Ruby schließlich verbaten, sich weiterhin mit Olivia zu treffen. Somit trafen sich die beiden heimlich im nahe gelegenen Wald, lagen oft stundenlang auf dem Boden und beobachteten die Sterne am Himmel, während sie miteinander redeten oder einfach nur stumm nebeneinander lagen. Kurze Zeit später verschwand Ruby aus dem Dorf und keiner wusste, was genau vorgefallen war. Das zehnjährige Mädchen blieb verschwunden. Der Sternenhimmel funkelt 13 Jahre später saß Thomas White etwas nervös auf dem Sessel, den man ihm im Zaubereiministerium angeboten hatte. >Was mache ich hier eigentlich?<, fragte er sich in Gedanken, >ich wollte heute Morgen doch nach dem Joggen in aller Ruhe frühstücken.< Kopfschüttelnd beobachtete er die Zauberer um ihn herum. Er saß in der Abteilung für magische Strafverfolgung und wartete, dass sich ein Auror dazu hinabließ, mit ihm zu sprechen. Nach endlosen zehn Minuten kam endlich ein Mann auf ihn zu. „Guten Morgen, Mr White“, sagte der Mann, „ich bin Mr Potter, der Aurorenleiter.“ „Mr Potter, ja, ich weiß. Ich habe den Tagespropheten damals genau verfolgt. War ganz schön heftig, was Lord Voldemort so getrieben hat.“ „Das ist richtig.“ Harry Potter lächelte in sich hinein. Nach der Sache mit Voldemort war seine Berühmtheit etwas abgeschwächt und eigentlich war er froh darüber. „Was kann ich denn für Sie tun?“, fragte er und wechselte somit das Thema. „Ich habe diesen Brief hier in einer stillgelegten Eulerei gefunden“, erklärte Mr White, „er ist an Ruby Stone adressiert. Sie wissen sicher von dem Verschwinden des kleinen Mädchens vor über zehn Jahren?“ „Ich hatte beiläufig davon gehört. Das Mädchen ist verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht, richtig?“ „Ja, genau. Es ist in Godric´s Hollow passiert. Die Eltern wohnen immer noch dort.“ „Dann zeigen sie mir mal den Brief“, bat Harry und nahm den Brief an sich. Er öffnete den Umschlag und entnahm ihm ein kleines Blatt Pergament. Der Sternenhimmel funkelt stand in einer Kinderschrift dort geschrieben. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte sich Harry leise. „Das habe ich auch nicht verstanden, aber vielleicht finden Sie das Mädchen jetzt endlich.“ „Wir versuchen unser Bestes“, erklärte Harry und bat Mr White nun das Zaubereiministerium zu verlassen. Nachdem Mr White gegangen war, ging Harry gedankenverloren zu seinem Schreibtisch. „Alles in Ordnung, Harry?“, fragte Kingsley Shacklebolt über die Wände von Harrys Einzelbürozelle hinweg. „Ich weiß es nicht, Kingsley. Sagt dir der Name Ruby Stone etwas?“ „Oh ja, sie wohnte vor etlichen Jahren in Godric´s Hollow und verschwand schließlich spurlos. Keiner will etwas bemerkt oder gesehen haben. Was ist mit ihr?“ „Mr White hat diesen Brief in einer stillgelegten Eulerei in Godric´s Hollow gefunden. Er ist an Ruby adressiert, aber ein Absender ist nicht drauf. Und dann dieser komische Satz: Der Sternenhimmel funkelt. Was hat das zu bedeuten?“ „Keine Ahnung. Zeig mal her.“ Harry gab seinem kahlköpfigen Kollegen das Stück Pergament und dieser sah ihn sich genau an und drehte und wendete ihn, als wenn irgendwo noch ein Hinweis stehen könnte. „Ich glaube, wir sollten den Stones einmal einen Besuch abstatten. Vielleicht können sie uns den Satz auf dem Pergament erklären“, sagte Kingsley. „Ja, du hast recht. Dann lass uns mal hinüber fliegen oder sollen wir lieber apparieren?“ „Apparieren geht schneller“, lächelte Kingsley. Beide Zauberer zogen ihren Zauberumhang an, setzten ihren Hut auf und nahmen ihren Zauberstab in die Hand. Anschließend verschwanden sie fast gleichzeitig mit einem leisen Plop. Kurz darauf erschienen sie wieder vor dem Haus der Stones mit einem ebenso leisen Plop. Besuch bei Familie Stone Gemeinsam gingen Kingsley und Harry auf die Tür der Familie Stone zu. Harry klopfte an und sie warteten schweigend, dass ihnen die Tür geöffnet wurde. Kurz darauf wurde ihnen die Tür von einem älteren, etwas untersetzten Mann geöffnet. „Ja, bitte?“, fragte er erstaunt bei dem Anblick der zwei Auroren. „Guten Tag, Mr Stone“, begann Harry, „mein Name ist Potter und das ist mein Kollege Shacklebolt. Wir sind die Leiter der Aurorenzentrale und hätten ein paar Fragen an Sie. Dürfen wir eintreten?“ „Aber natürlich.“ Mr Stone öffnete die Tür noch ein Stückchen weiter, sodass Harry und Kingsley problemlos eintreten konnten. Nachdem er die Tür hinter den beiden wieder geschlossen hatte, führte er sie in den kleinen Salon, in dem Mrs Stone auf einem Sofa saß und irgendetwas strickte. „Emily, hier sind zwei Auroren, die ein paar Fragen an uns haben“, erklärte Mr Stone seiner Frau und bat die Auroren auf einem Sofa Platz zu nehmen, während er es sich auf einem Sessel gemütlich machte. Mrs Stone schaute erstaunt von ihrem Strickzeug auf und blickte die Auroren fragend an. „Haben Sie Neuigkeiten über den Verbleib unserer kleinen Tochter?“, fragte sie sogleich. „Das wissen wir noch nicht“, erklärte Kingsley. „Wissen Sie, was der Satz >Der Sternenhimmel funkelt< zu bedeuten hat?“, fragte Harry. „Ja, so was in der Art habe ich schon mal gehört“, erklärte Mrs Stone, „hat nicht Olivia mal so etwas gegenüber unserer Tochter erwähnt, Joshua?“ „Ich kann mich nicht erinnern, Schatz.“ „Uns wurde heute ein Brief an ihre Tochter überreicht und auf diesem stand der Satz. Können Sie uns das erklären?“ „Was er bedeutet, weiß ich nicht“, erwiderte Mrs Stone, „Sie müssen wissen, dass Ruby und Olivia oft in einer komischen Geheimsprache miteinander sprachen, aber was die einzelnen Sätze bedeuteten, hat Ruby uns nie erklärt.“ „Wohnt Olivia noch im Ort, Mrs Stone?“ „Nein. Die ganze Familie Pratchet waren damals … na ja, sie waren Außenseiter in Godric´s Hollow. Keiner hier im Ort wollte etwas mit ihnen zu tun haben. Nur unserer kleinen Ruby war es egal, was die Leute sagten. Sie mochte Olivia und ihr war es gleich, dass sie nicht zaubern konnte.“ „Konnte die ganze Familie nicht zaubern?“, hakte Harry nach. „Doch, alle. Nur Olivia nicht. Sie war ein Squib und Squibs sind hier … nun ja …. sie sind hier einfach nicht willkommen.“ „War Olivia oder ihre Familie bei Ihnen auch nicht willkommen?“ „Na ja, … am Anfang schon. Sie war eine nette Familie, aber irgendwann wuchs uns die Situation über den Kopf. Olivia wurde hier in der Schule stark gehänselt und auch auf der Straße gab es ständig abfällige Bemerkungen. Irgendwann weitete sich das auch auf Ruby aus, aber sie war stark. Ihr war es egal, was die Leute über sie dachten oder redeten. Sie mochte Olivia und ich hatte immer das Gefühl, umso mehr Beschimpfungen und Drohungen fielen, desto enger wurde die Freundschaft der zwei Mädchen.“ „Was haben Sie gemacht, als Ihnen die Situation über den Kopf wuchs?“ „Wir haben Ruby den Umgang mit Olivia verboten.“ Mrs Stone liefen schon kleine Tränen über die Wangen und Harry tat die Frau Leid. Was musste sie alles durchmachen? „Wie hat Ruby darauf reagiert?“ „Zuerst war sie einfach nur wütend auf uns. Sie sagte, dass wir ihr nicht verbieten könnten, eine Freundin zu haben. Olivia wäre ihre beste Freundin und die würde sie nicht im Stich lassen.“ „Hat sie sich trotzdem weiter mit Olivia getroffen?“ „Ich glaube schon. Sie war oft weg und wollte uns nicht sagen, wo sie hinging.“ „Sie traf sich also heimlich mit Olivia.“ „Vermutlich.“ Mrs Stone konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und fing nun heftig an zu weinen und schniefte in ein Taschentuch, was sie sich aus ihrer Rockschürze genommen hatte. Das Strickzeug lag mittlerweile auf ihrem Schoß. „Wissen Sie, unsere Tochter war ein herzensguter Mensch und ihr tat Olivia einfach Leid, aber nach den vielen Drohbriefen hielten wir es nicht mehr aus. Wir waren immer beliebt gewesen, aber durch die Pratchets wurden wir schließlich auch zu Außenseitern.“ „Haben Sie die Drohbriefe noch?“ „Nein, mein Mann hat sie alle im Kamin verbrannt.“ „Was ist an dem Abend passiert, als Ruby verschwand?“ „Wir brachten sie um acht ins Bett und gleich darauf war alles vollkommen still in ihrem Zimmer. Wir dachten, sie schläft, aber am nächsten Morgen wurden wir eines Besseren belehrt.“ „Wie meinen Sie das?“ „Ich wollte Ruby am nächsten Morgen wecken. Es war schon spät und Ruby war eine Frühaufsteherin. Selbst in den Ferien stand sie früh auf und saß meistens schon am Frühstückstisch, wenn ich aufstand, aber an diesem Morgen nicht. Ich hatte mich gewundert und ging in Rubys Zimmer. Unter die Bettdecke hatte Ruby ein großes Kissen versteckt und das Fenster war angelehnt. Sie musste also in der Nacht aus dem Fenster geklettert sein. Ich bin hinausgelaufen und habe versucht zu rekonstruieren, wo Ruby hingegangen sein könnte. Ich klingelte auch bei den Pratchets, aber weder Olivia noch ihre Familie hatten Ruby gesehen.“ Mrs Stone schluchzte tief in ihr Taschentuch. „Es ist vielleicht besser, wenn Sie jetzt gehen, meine Herren“, erklärte Mr Stone, „ich begleite Sie zur Tür.“ Vor der Eingangstür angekommen sagte Mr Stone sehr unfreundlich: „Wissen Sie, was Sie da eben angerichtet haben? Meine Frau glaubt immer noch, dass Ruby lebt und eines Tages plötzlich wieder vor der Türe auftaucht. Sie ist tot. Lassen Sie uns also um Himmelswillen in Ruhe.“ Mit diesen Worten knallte Mr Stone die Türe hinter Harry und Kingsley zu. „Na nu“, meinte Kingsley nur, „manche Leute sind wirklich merkwürdig.“ „Allerdings“, erwiderte Harry, „wenn meine Tochter verschwunden wäre, würde ich alles dafür tun, herauszufinden, was passiert ist.“ „Ja, lass uns in die Aurorenzentrale zurückapparieren und dann laden wir mal Olivia Pratchet ins Zaubereiministerium ein. Vielleicht kann die uns etwas mehr erzählen, als damals.“ Der Squib-Rassist Am nächsten Tag kam Olivia Pratchet aus Aberdeen angereist und befand sich nun in einem Vernehmungsraum der Aurorenzentrale. Sie konnte sich nicht vorstellen, was man so dringend von ihr wissen wollte. Sie hatte nichts verbrochen und war sich auch sonst keiner Schuld bewusst. Nach einer Weile traten schließlich die beiden Leiter der Aurorenzentrale im Raum ein. „Guten Morgen, Miss Pratchet. Mein Name ist Harry Potter und das ist Kingsley Shacklebolt.“ „Guten Morgen“, erwiderte Olivia schüchtern. „Sind Sie gut hergekommen?“ „Ja, mein Bruder hat mich hergebracht. Mit der Bahn wäre es doch zu umständlich gewesen.“ „Sie erinnern sich sicher noch an Ruby Stone?“ fragte Harry unverblümt. „Ja“, antwortete Olivia nur knapp. „Wissen Sie, was damals vor etwa dreizehn Jahren passiert ist?“ „Nein. Ich wäre glücklich, wenn ich das wüsste.“ „Wann hatten Sie Ruby zum letzten Mal gesehen?“ „Am Tag vorher, vor ihrem Haus. Ruby hatte mir erklärt, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben möchte.“ „Das war sicher schwer für Sie. Wissen Sie auch, warum Ruby das wollte?“ „Nein, eigentlich nicht. Wir waren immer die besten Freunde. Ich mochte Ruby und es tat weh, als sie das sagte.“ „Was haben Sie dann gemacht?“ „Ich bin weinend nach Hause gelaufen und habe mich in meinem Zimmer verkrochen. Mein Bruder hatte mich hereinlaufen sehen und kam hinterher um mich zu trösten. Jack war gerade eine Woche aus Hogwarts zurück und ich war froh, dass ich jemanden zum Reden hatte. Jack hatte ja nicht gewusst, was in seiner Abwesenheit alles in Godric´s Hollow passiert war.“ „Was war denn passiert?“ „Eigentlich hatten wir von Anfang an Pech. Meine Eltern wollten so gerne in eine ländliche Gegend ziehen und entschieden sich für Godric´s Hollow. Ein Ort, an dem nur Zauberer und Hexen lebten. Dass ich nicht zaubern konnte, hatten meine Eltern erst kurz vorher enttäuscht festgestellt. Sie hatten wohl immer noch Hoffnung, dass sich daran etwas änderte, wenn wir an diesen Ort ziehen. Stattdessen ist uns unser Ruf voraus geeilt. Die Leute dort wussten, dass ich die einzige in der Familie war, die nicht zaubern konnte. Es war furchtbar dort. Ständig hänselte man mich, bewarf unseren Garten mit verfaultem Gemüse und auch meine Eltern erhielten Drohbriefe. Man verlangte von uns, dass wir dort wegziehen sollten. Ruby war die einzige, die nichts darauf gab, was andere Leute sagten und ich war ihr dankbar dafür. Sie war eine wahre Freundin und als sie selbst gehänselt wurde, war ihr das auch egal.“ „Wer hatte Sie denn gehänselt?“ „Eigentlich alle im Dorf. Am schlimmsten war Charlie Main. Er lauerte uns richtig auf, um uns zu beschimpfen oder mit faulen Eiern zu bewerfen. Es war furchtbar. „Wussten Sie, dass Rubys Eltern ihr den Umgang mit Ihnen verboten hatten?“ „Ja, sie erwähnte so etwas. Trotzdem haben wir uns weiter getroffen.“ „Was bedeutet >Der Sternenhimmel funkeltEin schreckliches Geheimnis Als Harry von Charlie hinausgeleitet worden war, nahm er sich vor, dass er nochmals mit Olivia reden müsste. Er musste hinter das Geheimnis mit den Briefen gelangen. Somit nahm er seinen Zauberstab in die Hand und apparierte nach Aberdeen, wo Olivia wohnte. Er stand vor einem Mehrfamilienhaus und klingelte bei Olivia Pratchet, die ihn sofort hinein ließ. Mit dem Aufzug fuhr er in die vierte Etage, in der Olivias Wohnung lag. Olivia begrüßte ihn freundlich an der Tür und ließ ihn hinein. „Ist Ihnen noch etwas eingefallen, Mr Potter?“ fragte sie, während sie ihn ins Wohnzimmer führte. „Ja, mir ist so, als wenn Sie mir etwas verschweigen, Miss Pratchet.“ Olivia war stutzig geworden, setzte sich und wies Harry an, es ihr gleich zu tun. „So?“ fragte sie erstaunt, „was soll ich Ihnen denn verschweigen?“ „Während meiner Verhöre erfuhr ich von insgesamt drei Briefen, Miss Pratchet“, begann er, „möchten Sie mir nichts davon erzählen?“ „Was denn für drei Briefe? Ich habe zu diesem Zeitpunkt doch nur einen geschrieben. Den, den Sie mir auch zeigten.“ „Sie sagten, dass Sie einen Brief Ruby gaben. Jack erzählte mir, dass sie Amanda beauftragt hatten einen Brief abends an Ruby zu bringen und den, den wir Ihnen zeigten, wurde in einer stillgelegten Eulerei in Godric´s Hollow gefunden. Möchten Sie mir das nicht erklären?“ Olivia sah zum Boden, als wenn ihr die Angelegenheit etwas unangenehm war. „Nun?“ setzte Harry erneut an und schalt sich im Stillen selbst aus, dass er kein Veritaserum eingesteckt hatte. „Ja, ich gab Ruby den Brief. Als sie mir die Freundschaft kündigte, schmiss sie mir den Brief entgegen und rief, dass sie keine Briefe mehr von mir haben möchte. Also beschloss ich ihr den Brief von Amanda geben zu lassen.“ „Und wie erklären Sie sich dann, dass der Brief in der Eulerei auftauchte?“ „Ich weiß es nicht. Ich hatte Jack abends gebeten, dass er Amanda den Brief wieder abnehmen sollte, bevor sie ihn zu Ruby bringt. Eigentlich sollte Amanda den Brief erst um acht wegbringen, aber scheinbar hatte sie ihn früher hingebracht. Jack konnte den Brief nämlich nicht mehr finden. Die stillgelegte Eulerei war ein Versteck von Ruby und mir. Wir hielten uns oft da auf, wenn es draußen regnete und der Wald ungeeignet war. Ich könnte mir nur vorstellen, dass Ruby mit dem Brief dorthin gegangen war und ihn dann dort liegen ließ.“ „Was machten Sie, als Sie wussten, dass Ruby den Brief doch erhalten hatte?“ „Ich dachte, dass sie vielleicht doch in den Wald gegangen sein könnte und bin ihr nach gelaufen.“ „Und dann?“ „Ruby saß schon dort auf der Lichtung und schaute in den Sternenhimmel. Wir saßen oft gemeinsam dort. Ich wollte in aller Ruhe nochmal mit ihr über die ganze Sache reden.“ „Was ist dann passiert?“ „Wir saßen dort und es war fast so, als wenn wir uns nie gestritten hätten. Wir redeten und lachten, so wie immer.“ „Und dann?“ „Plötzlich tauchte Charlie auf. Er war ein Nachbar von Ruby und hatte uns wohl in den Wald laufen sehen. Den Zauberstab hielt er in der Hand und schrie Ruby an, dass sie eine Blutverräterin sei und sich mit Squibs abgab. Er könne das nicht weiter zu lassen. Ruby und ich hatten furchtbare Angst in der Nacht.“ „Was passierte dann?“ „Ich lief los und hörte, dass auch Ruby hinter mir her rannte. Ich hatte eine furchtbare Angst, dass Charlie irgendetwas Schreckliches zaubern könnte. Charlie war bereits volljährig und nicht mehr in Hogwarts und ich wusste, dass es ihm erlaubt war zu zaubern, ohne dass irgendjemand darauf achten würde. Ruby fiel hinter mir hin. Das hörte ich, aber ich hatte so eine furchtbare Angst, dass ich einfach weiter lief. So schnell ich konnte lief ich nach Hause und hoffte, dass auch Ruby es bis nach Hause schaffen würde. Als Rubys Mutter am nächsten Morgen bei uns nachfragte, ob wir Ruby gesehen hätten, wusste ich, dass sie es nicht geschafft hatte. Ich machte mir furchtbare Vorwürfe. Hätte ich ihr diesen blöden Brief nicht geschrieben, dann wäre Ruby niemals in den Wald gekommen und würde dann vielleicht noch leben.“ Jetzt weinte Olivia und Harry erkannte den Schmerz, den Olivia ihr halbes Leben mit sich herumtragen musste. Er hatte das Gefühl, dass es nun Zeit wäre zu gehen und verabschiedete sich höflich von ihr. Das Briefgeheimnis war gelöst und jetzt musste er herausfinden, was Charlie damals mit Ruby angestellt haben könnte. Er erstattete Charlie somit einen zweiten Besuch und dieser war alles andere als begeistert, als er Harry erneut die Tür öffnete. Diesmal hatte Harry eine Flasche Veritaserum in seiner Tasche und war auch gewillt sie einzusetzen, sofern Charlie nicht kooperieren würde. Zudem hatte er dafür gesorgt, dass sich eine magische Strafverfolgungspatrouille in der Nähe versteckt hielt, um Charlie nach seinem Geständnis festzunehmen. „Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen“, sagte er und wollte Harry gerade die Tür vor der Nase zumachen, als dieser erwiderte: „Das sehe ich anders. Sie wissen, was damals mit Ruby passiert ist und Sie werden es mir nun erzählen.“ „Ich weiß überhaupt nichts“, sagte er unwirsch. „Sie wissen es genau.“ Schnell wie der Blitz öffnete Harry die Tür weiter und träufelte dem verdutzten Charlie einige Tropfen Veritaserum in den Mund. „Was soll das?“ „Sie werden mir nun genau erzählen, was damals passiert ist.“ Harry ging in das Haus hinein, schloss sie von innen und drehte sich erneut zu Charlie um. „Sie haben gesehen, wie die beiden Mädchen Ruby und Olivia in den Wald gelaufen sind?“ „Ja, ich hatte gerade einen Spaziergang gemacht, als ich sah, wie Olivia aus dem Haus lief und den Weg zum Wald einschlug. Ich lief ihr also nach und sah, wie die beiden es sich auf der Lichtung gemütlich machten. Versteckt hinter einem Baum habe ich sie eine Weile beobachtet. Sie lachten, als wenn sie keinerlei Probleme hätten. Es war grässlich. Nach einer Weile nahm ich meinen Zauberstab in die Hand und zeigte mich den Mädchen. Sie erschraken sichtlich bei meinem Anblick und ich genoss es. Dieser kleine dreckige Squib und die Blutverräterin... Sie sollten mich noch kennen lernen. Natürlich liefen die beiden vor lauter Angst aus dem Wald hinaus. Ich lief ihnen hinterher und Ruby fiel genau vor meine Füße. Ich hätte es nicht besser planen können. Somit packte ich Ruby und apparierte mit ihr nach Schottland. Dort machte ich mit meinen Eltern oft Urlaub. In dem fremden Land wollte ich Ruby ermorden und setzte zu dem Spruch an. Ruby fiel hinten über und war tot. Schnell apparierte ich nach Godric´s Hollow und half auch Rubys Eltern bei der Suche nach ihrer Tochter. Nur ich wusste, dass sie irgendwo in Schottland in einem Straßengraben lag. Olivia ist mit ihren Eltern kurz darauf weggezogen. Ich habe also zwei Probleme zur gleichen Zeit erledigt.“ Harry hatte genug gehört. Er gab der Strafverfolgungspatrouille ein Zeichen und diese stürmten sofort das Haus, um Charlie Main nach Askaban zu bringen. Noch mehr Überraschungen Harry ging unterdessen zurück ins Ministerium und berichtete Kingsley alles. „Schau doch mal im Computer nach, ob dort ein kleines Mädchen gefunden worden ist“, schlug er vor. Harry schaute direkt nach und entdeckte auch sofort den gewünschten Eintrag. Ein kleines Mädchen wurde damals verletzt und mit einer schweren Gehirnerschütterung in einem Straßengraben aufgefunden. Er schickte sofort eine Eil-Eule in das schottische Zaubereiministerium und erhielt einen Tag später bereits eine Antwort: „Sehr geehrter Mr Potter, vor dreizehn Jahren entdeckte ein Jogger das kleine Mädchen, das wegen ihrer starken Gehirnerschütterung nicht wusste, wer sie war oder woher sie kam. Wir haben sie Sophie Brown genannt und in eine Zaubererpflegefamilie untergebracht. Sie absolvierte damals ihre Schule in der schottischen Schule für Hexen und Zauberer und arbeitet inzwischen in einem Imbiss in Greenock, wo sie auch lebt. Wir hoffen Ihnen mit dieser Auskunft geholfen zu haben und verbleiben mit freundlichen Grüßen Crimsey, Auror“ „Na, wenn das mal keine Überraschung ist“, sagte Harry und reichte den Brief seinem Kollegen, der ebenfalls einen überraschten Seufzer tat, nach dem er zu Ende gelesen hatte. „Sie lebt? Ruby Stone lebt?“ „Ja, scheint so. Kommst du mit nach Greenock?“ „Das lass ich mir nicht entgehen“, erwiderte Kingsley und die beiden apparierten nach Greenock, wo Sophie, alias Ruby, gerade im Imbiss die Bestellungen entgegen nahm.“ „Sind Sie Sophie Brown?“ fragte Harry freundlich. „Ja, was kann ich für Sie tun?“ „Könnten wir das mit Ihnen alleine besprechen, Miss Brown?“ „Ja, gerne. Übernimmst du meine Tische mit, Ava?“ fragte Ruby, alias Sophie, ihre Kollegin. „Natürlich. Geh ruhig.“ Sie folgte den Herren nach draußen, wo man ihr die Neuigkeit sofort eröffnete. Ruby konnte es kaum glauben. So lange hatte sie auf eine Antwort gewartet. Sie befand sich damals in Lebensgefahr, aber das schottische Krankenhaus hat sie schnell geheilt. Das einzige, was blieb, war der Gedächtnisverlust. Der jetzt, wo sie die Wahrheit kannte, endlich teilweise zurückgekehrt war. Sie folgte den Auroren Potter und Shacklebolt nach Godric´s Hollow und erinnerte sich immer mehr an ihre Kindheit. Ihre Eltern waren überglücklich, dass sie ihre geliebte Tochter wieder in die Arme schließen konnten. Auch Olivia kam sie besuchen und sie wurden wieder Freundinnen, wie damals. Jetzt gab es auch keinen mehr, der Olivia oder Ruby verurteilte. Alle waren nur glücklich, dass Ruby heil und glücklich zurückgekehrt war. Auch Harry und Kingsley waren glücklich darüber diesen alten Fall gut gelöst zu haben. Charlie Main erhielt eine lebenslange Haftstrafe im Gefängnis von Askaban, auch wenn er noch heute der Meinung ist, das Richtige getan zu haben. ~ Ende ~